Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

nachdem sie dieselben in Papier gewickelt, in den
Pompadour der Geheimräthin gleiten lassen.

"Wollen Sie mich bestechen?"

"Ich könnte Sie doch nur belohnen wollen, daß
Sie meinen Abend durch Ihre Heiterkeit geschmückt."

"Ich bin schon belohnt durch den Genuß, den
mir Ihre Picturen gewähren. Von wem ist dieser
verlorne Sohn?"

"Von einem Spanier. Ein Ribera, sagt man;

Einige wollen gar von Murillo. Betrachten Sie
diese Schwielenhaut, diese Kruste von Schmutz, man
sieht ordentlich die verschiedenen Lager, auf denen er
sich gewälzt." --

"Ich bewundere nur das Gesicht. Aufgedunsen
wie von der schlechten Nahrung, aber wie glüht das
Auge!"

"Einige finden Aehnlichkeit mit Prinz Louis
Ferdinand."

"Wie blaß, bemerken Sie, Erlaucht, bei dieser
Beleuchtung. Ich möchte eher an den jungen Bo¬
villard erinnert werden."

"In der That. Die schwarzen Brauen, auch im
Kinn. -- Warum ist diese herrliche Parabel nicht
weiter geführt! Wir sehen nur die Vaterfreude.
Wenn auch die Geliebte seiner Jugend die Arme
dem Verlornen entgegen breitete, wie viel rührender
wäre die Geschichte."

"Sie könnte auch aus Verzweiflung verloren,
vielleicht die Magdalene selbst geworden sein."

nachdem ſie dieſelben in Papier gewickelt, in den
Pompadour der Geheimräthin gleiten laſſen.

„Wollen Sie mich beſtechen?“

„Ich könnte Sie doch nur belohnen wollen, daß
Sie meinen Abend durch Ihre Heiterkeit geſchmückt.“

„Ich bin ſchon belohnt durch den Genuß, den
mir Ihre Picturen gewähren. Von wem iſt dieſer
verlorne Sohn?“

„Von einem Spanier. Ein Ribera, ſagt man;

Einige wollen gar von Murillo. Betrachten Sie
dieſe Schwielenhaut, dieſe Kruſte von Schmutz, man
ſieht ordentlich die verſchiedenen Lager, auf denen er
ſich gewälzt.“ —

„Ich bewundere nur das Geſicht. Aufgedunſen
wie von der ſchlechten Nahrung, aber wie glüht das
Auge!“

„Einige finden Aehnlichkeit mit Prinz Louis
Ferdinand.“

„Wie blaß, bemerken Sie, Erlaucht, bei dieſer
Beleuchtung. Ich möchte eher an den jungen Bo¬
villard erinnert werden.“

„In der That. Die ſchwarzen Brauen, auch im
Kinn. — Warum iſt dieſe herrliche Parabel nicht
weiter geführt! Wir ſehen nur die Vaterfreude.
Wenn auch die Geliebte ſeiner Jugend die Arme
dem Verlornen entgegen breitete, wie viel rührender
wäre die Geſchichte.“

„Sie könnte auch aus Verzweiflung verloren,
vielleicht die Magdalene ſelbſt geworden ſein.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0166" n="156"/>
nachdem &#x017F;ie die&#x017F;elben in Papier gewickelt, in den<lb/>
Pompadour der Geheimräthin gleiten la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wollen Sie mich be&#x017F;techen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich könnte Sie doch nur belohnen wollen, daß<lb/>
Sie meinen Abend durch Ihre Heiterkeit ge&#x017F;chmückt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bin &#x017F;chon belohnt durch den Genuß, den<lb/>
mir Ihre Picturen gewähren. Von wem i&#x017F;t die&#x017F;er<lb/>
verlorne Sohn?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Von einem Spanier. Ein Ribera, &#x017F;agt man;</p><lb/>
        <p>Einige wollen gar von Murillo. Betrachten Sie<lb/>
die&#x017F;e Schwielenhaut, die&#x017F;e Kru&#x017F;te von Schmutz, man<lb/>
&#x017F;ieht ordentlich die ver&#x017F;chiedenen Lager, auf denen er<lb/>
&#x017F;ich gewälzt.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bewundere nur das Ge&#x017F;icht. Aufgedun&#x017F;en<lb/>
wie von der &#x017F;chlechten Nahrung, aber wie glüht das<lb/>
Auge!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Einige finden Aehnlichkeit mit Prinz Louis<lb/>
Ferdinand.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie blaß, bemerken Sie, Erlaucht, bei die&#x017F;er<lb/>
Beleuchtung. Ich möchte eher an den jungen Bo¬<lb/>
villard erinnert werden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;In der That. Die &#x017F;chwarzen Brauen, auch im<lb/>
Kinn. &#x2014; Warum i&#x017F;t die&#x017F;e herrliche Parabel nicht<lb/>
weiter geführt! Wir &#x017F;ehen nur die Vaterfreude.<lb/>
Wenn auch die Geliebte &#x017F;einer Jugend die Arme<lb/>
dem Verlornen entgegen breitete, wie viel rührender<lb/>
wäre die Ge&#x017F;chichte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie könnte auch aus Verzweiflung verloren,<lb/>
vielleicht die Magdalene &#x017F;elb&#x017F;t geworden &#x017F;ein.&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0166] nachdem ſie dieſelben in Papier gewickelt, in den Pompadour der Geheimräthin gleiten laſſen. „Wollen Sie mich beſtechen?“ „Ich könnte Sie doch nur belohnen wollen, daß Sie meinen Abend durch Ihre Heiterkeit geſchmückt.“ „Ich bin ſchon belohnt durch den Genuß, den mir Ihre Picturen gewähren. Von wem iſt dieſer verlorne Sohn?“ „Von einem Spanier. Ein Ribera, ſagt man; Einige wollen gar von Murillo. Betrachten Sie dieſe Schwielenhaut, dieſe Kruſte von Schmutz, man ſieht ordentlich die verſchiedenen Lager, auf denen er ſich gewälzt.“ — „Ich bewundere nur das Geſicht. Aufgedunſen wie von der ſchlechten Nahrung, aber wie glüht das Auge!“ „Einige finden Aehnlichkeit mit Prinz Louis Ferdinand.“ „Wie blaß, bemerken Sie, Erlaucht, bei dieſer Beleuchtung. Ich möchte eher an den jungen Bo¬ villard erinnert werden.“ „In der That. Die ſchwarzen Brauen, auch im Kinn. — Warum iſt dieſe herrliche Parabel nicht weiter geführt! Wir ſehen nur die Vaterfreude. Wenn auch die Geliebte ſeiner Jugend die Arme dem Verlornen entgegen breitete, wie viel rührender wäre die Geſchichte.“ „Sie könnte auch aus Verzweiflung verloren, vielleicht die Magdalene ſelbſt geworden ſein.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/166
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/166>, abgerufen am 05.05.2024.