Tippelchen auf dem i. -- Na, Herr Rittmeister, wel¬ chen Wein lieben Sie am meisten? Werden mir doch die Ehre erweisen und Bescheid thun auf ein Gläschen?"
Ein Tokaierfläschchen stand auf dem Tisch und färbte schon mit dunkelm Gold zwei Gläser, als Dohleneck noch immer nicht wußte, wie er dazu kam.
"Nu stoßen Sie an," sagte der Kaufmann.
"Worauf?"
"Auf einen alten Esel! -- Ja, sehn Sie mich nur recht an, und dann dreist los!"
Die Gläser klangen, der Rittmeister zauderte aber doch fast erschrocken, ehe er den Feuersaft an die Lippen brachte.
"Aber Herr van Asten, wie komm ich dazu?"
"Daß ich Ihnen solche Confessions mache? Das will ich Ihnen sagen. Weil ich Ihnen gut bin. Nicht als Kaufmann, als Mensch. Nein, eigentlich bin ich Ihnen doch gut grad als solider Kaufmann. Denn wovon leben die? Von den soliden Leuten doch nicht? Da müßten sie verhungern. Die jungen Thunichts¬ gute, die auf Credit einschenken lassen, das Ihre durchbringen, und noch ein bischen mehr, das sind ihre besten Kunden. Geht auch mal Einer durch, thut nichts, darauf ist die Kreiderechnung schon zu¬ geschnitten. Ein solider Kaufmann, sag ich Ihnen, muß eigentlich die Unsoliden leben lassen! Darum, noch mal angestoßen!"
Der Rittmeister stieß etwas brummend an.
"Weiß Gott, mein lieber Herr von Dohleneck,
Tippelchen auf dem i. — Na, Herr Rittmeiſter, wel¬ chen Wein lieben Sie am meiſten? Werden mir doch die Ehre erweiſen und Beſcheid thun auf ein Gläschen?“
Ein Tokaierfläſchchen ſtand auf dem Tiſch und färbte ſchon mit dunkelm Gold zwei Gläſer, als Dohleneck noch immer nicht wußte, wie er dazu kam.
„Nu ſtoßen Sie an,“ ſagte der Kaufmann.
„Worauf?“
„Auf einen alten Eſel! — Ja, ſehn Sie mich nur recht an, und dann dreiſt los!“
Die Gläſer klangen, der Rittmeiſter zauderte aber doch faſt erſchrocken, ehe er den Feuerſaft an die Lippen brachte.
„Aber Herr van Aſten, wie komm ich dazu?“
„Daß ich Ihnen ſolche Confeſſions mache? Das will ich Ihnen ſagen. Weil ich Ihnen gut bin. Nicht als Kaufmann, als Menſch. Nein, eigentlich bin ich Ihnen doch gut grad als ſolider Kaufmann. Denn wovon leben die? Von den ſoliden Leuten doch nicht? Da müßten ſie verhungern. Die jungen Thunichts¬ gute, die auf Credit einſchenken laſſen, das Ihre durchbringen, und noch ein bischen mehr, das ſind ihre beſten Kunden. Geht auch mal Einer durch, thut nichts, darauf iſt die Kreiderechnung ſchon zu¬ geſchnitten. Ein ſolider Kaufmann, ſag ich Ihnen, muß eigentlich die Unſoliden leben laſſen! Darum, noch mal angeſtoßen!“
Der Rittmeiſter ſtieß etwas brummend an.
„Weiß Gott, mein lieber Herr von Dohleneck,
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Tippelchen auf dem i. — Na, Herr Rittmeiſter, wel¬
chen Wein lieben Sie am meiſten? Werden mir doch die
Ehre erweiſen und Beſcheid thun auf ein Gläschen?“
Ein Tokaierfläſchchen ſtand auf dem Tiſch und
färbte ſchon mit dunkelm Gold zwei Gläſer, als
Dohleneck noch immer nicht wußte, wie er dazu kam.
„Nu ſtoßen Sie an,“ ſagte der Kaufmann.
„Worauf?“
„Auf einen alten Eſel! — Ja, ſehn Sie mich
nur recht an, und dann dreiſt los!“
Die Gläſer klangen, der Rittmeiſter zauderte
aber doch faſt erſchrocken, ehe er den Feuerſaft an die
Lippen brachte.
„Aber Herr van Aſten, wie komm ich dazu?“
„Daß ich Ihnen ſolche Confeſſions mache? Das
will ich Ihnen ſagen. Weil ich Ihnen gut bin. Nicht
als Kaufmann, als Menſch. Nein, eigentlich bin ich
Ihnen doch gut grad als ſolider Kaufmann. Denn
wovon leben die? Von den ſoliden Leuten doch nicht?
Da müßten ſie verhungern. Die jungen Thunichts¬
gute, die auf Credit einſchenken laſſen, das Ihre
durchbringen, und noch ein bischen mehr, das ſind
ihre beſten Kunden. Geht auch mal Einer durch,
thut nichts, darauf iſt die Kreiderechnung ſchon zu¬
geſchnitten. Ein ſolider Kaufmann, ſag ich Ihnen,
muß eigentlich die Unſoliden leben laſſen! Darum,
noch mal angeſtoßen!“
Der Rittmeiſter ſtieß etwas brummend an.
„Weiß Gott, mein lieber Herr von Dohleneck,
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/95>, abgerufen am 08.07.2024.
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