"Ich glaubte, es wäre ein Holzklotz. Excüs!" sagte der Cornet und hoffte auf einen beistimmenden Lach-Chor. Aber die Einen griffen nach dem Zeitungs¬ blatt, die Andern machte eine ernste Miene: "Cornet, keinen Spaß mit dem Mann! Der reiche van Asten aus der Spandauerstraße, der mit dem Minister unter einer Decke steckt!"
Die Ernennung stand nicht im Blatt, dafür ein Paar Dutzend andere, wie jede Zeitungsnummer sie in diesen Tagen brachte. Auch fingen unter den Annoncen schon die Abschiedsworte an, welche Offi¬ ciere, Wundärzte und Beamte an ihre Freunde oder Bekannte in den eben verlassenen Garnisonen richteten; auch Nachrufe und Danksagungen ganzer Städte an die abziehenden Garnisonen und deren Officiere. "Wenn das kein Beweis ist, daß wir wirklich in den Krieg ziehn!" -- "Ehe nicht die Kugeln durch meinen Mantel pfeifen, glaub ich nicht daran." -- "Ich glaubs auch dann noch nicht" ein dritter, als ein vierter durch die Glasthür, die er klirrend aufgerissen, eintrat: "Nu glaub ichs Cameraden. Aufs Pferd! aufs Pferd!" -- "Du sprangst eben runter!"
"Direct von Steglitz in Carriere! Habt Ihr nichts gehört? Vier und zwanzig Kanonen don¬ nerten aus dem hohen Busch als die Equipagen durchs Dorf schwenkten. Der dicke Stallmeister fiel beinahe von seinem Schimmel. Die Königin sah erschrocken zum Kutschenschlage raus."
"Possen!"
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„Ich glaubte, es wäre ein Holzklotz. Excüs!“ ſagte der Cornet und hoffte auf einen beiſtimmenden Lach-Chor. Aber die Einen griffen nach dem Zeitungs¬ blatt, die Andern machte eine ernſte Miene: „Cornet, keinen Spaß mit dem Mann! Der reiche van Aſten aus der Spandauerſtraße, der mit dem Miniſter unter einer Decke ſteckt!“
Die Ernennung ſtand nicht im Blatt, dafür ein Paar Dutzend andere, wie jede Zeitungsnummer ſie in dieſen Tagen brachte. Auch fingen unter den Annoncen ſchon die Abſchiedsworte an, welche Offi¬ ciere, Wundärzte und Beamte an ihre Freunde oder Bekannte in den eben verlaſſenen Garniſonen richteten; auch Nachrufe und Dankſagungen ganzer Städte an die abziehenden Garniſonen und deren Officiere. „Wenn das kein Beweis iſt, daß wir wirklich in den Krieg ziehn!“ — „Ehe nicht die Kugeln durch meinen Mantel pfeifen, glaub ich nicht daran.“ — „Ich glaubs auch dann noch nicht“ ein dritter, als ein vierter durch die Glasthür, die er klirrend aufgeriſſen, eintrat: „Nu glaub ichs Cameraden. Aufs Pferd! aufs Pferd!“ — „Du ſprangſt eben runter!“
„Direct von Steglitz in Carriere! Habt Ihr nichts gehört? Vier und zwanzig Kanonen don¬ nerten aus dem hohen Buſch als die Equipagen durchs Dorf ſchwenkten. Der dicke Stallmeiſter fiel beinahe von ſeinem Schimmel. Die Königin ſah erſchrocken zum Kutſchenſchlage raus.“
„Poſſen!“
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„Ich glaubte, es wäre ein Holzklotz. Excüs!“
ſagte der Cornet und hoffte auf einen beiſtimmenden
Lach-Chor. Aber die Einen griffen nach dem Zeitungs¬
blatt, die Andern machte eine ernſte Miene: „Cornet,
keinen Spaß mit dem Mann! Der reiche van Aſten
aus der Spandauerſtraße, der mit dem Miniſter
unter einer Decke ſteckt!“
Die Ernennung ſtand nicht im Blatt, dafür ein
Paar Dutzend andere, wie jede Zeitungsnummer ſie
in dieſen Tagen brachte. Auch fingen unter den
Annoncen ſchon die Abſchiedsworte an, welche Offi¬
ciere, Wundärzte und Beamte an ihre Freunde oder
Bekannte in den eben verlaſſenen Garniſonen richteten;
auch Nachrufe und Dankſagungen ganzer Städte an
die abziehenden Garniſonen und deren Officiere. „Wenn
das kein Beweis iſt, daß wir wirklich in den Krieg
ziehn!“ — „Ehe nicht die Kugeln durch meinen
Mantel pfeifen, glaub ich nicht daran.“ — „Ich
glaubs auch dann noch nicht“ ein dritter, als ein
vierter durch die Glasthür, die er klirrend aufgeriſſen,
eintrat: „Nu glaub ichs Cameraden. Aufs Pferd!
aufs Pferd!“ — „Du ſprangſt eben runter!“
„Direct von Steglitz in Carriere! Habt Ihr
nichts gehört? Vier und zwanzig Kanonen don¬
nerten aus dem hohen Buſch als die Equipagen durchs
Dorf ſchwenkten. Der dicke Stallmeiſter fiel beinahe
von ſeinem Schimmel. Die Königin ſah erſchrocken
zum Kutſchenſchlage raus.“
„Poſſen!“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/77>, abgerufen am 24.11.2024.
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