Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

mit der silbernen Dose, ein Präsent seines Ministers:
"Nun was das Verplempern anlangt, mein Herr van
Asten, so dünkt mich --"

"Mein Sohn hätte sich verplempert -- meinen
Sie vielleicht, fiel der Kaufmann ihm ins Wort.
Wenn auf meinem Kornboden zwei Säcke geplatzt
sind und der Roggen und Waizen liegen unterein¬
ander, da kümmerts mich wenig, welcher Sack zuerst
platzte, sondern wie ich die Körner auseinander bringe,
oder mitsammen verwerthe. Unsre Säcke sind Gott
sei Dank noch nicht geplatzt, da halte ich nun fürs
Beste, daß jeder seinen an sich nimmt und sich nicht
um den andern kümmert. Und wo das Facit stimmt
und die Probe aushält, muß man beileibe nicht jeden
Posten von Neuem nachrechnen. Ihnen ist mein Sohn
nicht vornehm genug, oder wie Sie das nennen wollen."

"Bitte recht sehr, Herr van Asten, das habe ich
nie gesagt."

"Aber gedacht. Schadet gar nichts, Herr Kriegs¬
rath. Habe ihn auch gar nicht erzeugt und erzogen,
daß er vornehm sein soll. Contrair, und mir ist
ganz lieb, daß er Ihnen nicht vornehm genug ist,
und vielleicht noch sonst was. Mir ist nun Ihre
Mamsell Tochter nicht reich genug, und vielleicht noch
sonst was. Sehn Sie, aufrichtige Leute kommen bald
zu Rande, und das, was sonst ist, soll uns nicht
kümmern, und wir bleiben gute Freunde. Darum
erlaube ich mir noch ein Mal an Ihr Glas anzustoßen."

Der Kriegsrath seufzte; der andere hätte es recht

mit der ſilbernen Doſe, ein Präſent ſeines Miniſters:
„Nun was das Verplempern anlangt, mein Herr van
Aſten, ſo dünkt mich —“

„Mein Sohn hätte ſich verplempert — meinen
Sie vielleicht, fiel der Kaufmann ihm ins Wort.
Wenn auf meinem Kornboden zwei Säcke geplatzt
ſind und der Roggen und Waizen liegen unterein¬
ander, da kümmerts mich wenig, welcher Sack zuerſt
platzte, ſondern wie ich die Körner auseinander bringe,
oder mitſammen verwerthe. Unſre Säcke ſind Gott
ſei Dank noch nicht geplatzt, da halte ich nun fürs
Beſte, daß jeder ſeinen an ſich nimmt und ſich nicht
um den andern kümmert. Und wo das Facit ſtimmt
und die Probe aushält, muß man beileibe nicht jeden
Poſten von Neuem nachrechnen. Ihnen iſt mein Sohn
nicht vornehm genug, oder wie Sie das nennen wollen.“

„Bitte recht ſehr, Herr van Aſten, das habe ich
nie geſagt.“

„Aber gedacht. Schadet gar nichts, Herr Kriegs¬
rath. Habe ihn auch gar nicht erzeugt und erzogen,
daß er vornehm ſein ſoll. Contrair, und mir iſt
ganz lieb, daß er Ihnen nicht vornehm genug iſt,
und vielleicht noch ſonſt was. Mir iſt nun Ihre
Mamſell Tochter nicht reich genug, und vielleicht noch
ſonſt was. Sehn Sie, aufrichtige Leute kommen bald
zu Rande, und das, was ſonſt iſt, ſoll uns nicht
kümmern, und wir bleiben gute Freunde. Darum
erlaube ich mir noch ein Mal an Ihr Glas anzuſtoßen.“

Der Kriegsrath ſeufzte; der andere hätte es recht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0071" n="61"/>
mit der &#x017F;ilbernen Do&#x017F;e, ein Prä&#x017F;ent &#x017F;eines Mini&#x017F;ters:<lb/>
&#x201E;Nun was das Verplempern anlangt, mein Herr van<lb/>
A&#x017F;ten, &#x017F;o dünkt mich &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mein Sohn hätte &#x017F;ich verplempert &#x2014; meinen<lb/>
Sie vielleicht, fiel der Kaufmann ihm ins Wort.<lb/>
Wenn auf meinem Kornboden zwei Säcke geplatzt<lb/>
&#x017F;ind und der Roggen und Waizen liegen unterein¬<lb/>
ander, da kümmerts mich wenig, welcher Sack zuer&#x017F;t<lb/>
platzte, &#x017F;ondern wie ich die Körner auseinander bringe,<lb/>
oder mit&#x017F;ammen verwerthe. Un&#x017F;re Säcke &#x017F;ind Gott<lb/>
&#x017F;ei Dank noch nicht geplatzt, da halte ich nun fürs<lb/>
Be&#x017F;te, daß jeder &#x017F;einen an &#x017F;ich nimmt und &#x017F;ich nicht<lb/>
um den andern kümmert. Und wo das Facit &#x017F;timmt<lb/>
und die Probe aushält, muß man beileibe nicht jeden<lb/>
Po&#x017F;ten von Neuem nachrechnen. Ihnen i&#x017F;t mein Sohn<lb/>
nicht vornehm genug, oder wie Sie das nennen wollen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bitte recht &#x017F;ehr, Herr van A&#x017F;ten, das habe ich<lb/>
nie ge&#x017F;agt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber gedacht. Schadet gar nichts, Herr Kriegs¬<lb/>
rath. Habe ihn auch gar nicht erzeugt und erzogen,<lb/>
daß er vornehm &#x017F;ein &#x017F;oll. Contrair, und mir i&#x017F;t<lb/>
ganz lieb, daß er Ihnen nicht vornehm genug i&#x017F;t,<lb/>
und vielleicht noch &#x017F;on&#x017F;t was. Mir i&#x017F;t nun Ihre<lb/>
Mam&#x017F;ell Tochter nicht reich genug, und vielleicht noch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t was. Sehn Sie, aufrichtige Leute kommen bald<lb/>
zu Rande, und das, was &#x017F;on&#x017F;t i&#x017F;t, &#x017F;oll uns nicht<lb/>
kümmern, und wir bleiben gute Freunde. Darum<lb/>
erlaube ich mir noch ein Mal an Ihr Glas anzu&#x017F;toßen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Kriegsrath &#x017F;eufzte; der andere hätte es recht<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0071] mit der ſilbernen Doſe, ein Präſent ſeines Miniſters: „Nun was das Verplempern anlangt, mein Herr van Aſten, ſo dünkt mich —“ „Mein Sohn hätte ſich verplempert — meinen Sie vielleicht, fiel der Kaufmann ihm ins Wort. Wenn auf meinem Kornboden zwei Säcke geplatzt ſind und der Roggen und Waizen liegen unterein¬ ander, da kümmerts mich wenig, welcher Sack zuerſt platzte, ſondern wie ich die Körner auseinander bringe, oder mitſammen verwerthe. Unſre Säcke ſind Gott ſei Dank noch nicht geplatzt, da halte ich nun fürs Beſte, daß jeder ſeinen an ſich nimmt und ſich nicht um den andern kümmert. Und wo das Facit ſtimmt und die Probe aushält, muß man beileibe nicht jeden Poſten von Neuem nachrechnen. Ihnen iſt mein Sohn nicht vornehm genug, oder wie Sie das nennen wollen.“ „Bitte recht ſehr, Herr van Aſten, das habe ich nie geſagt.“ „Aber gedacht. Schadet gar nichts, Herr Kriegs¬ rath. Habe ihn auch gar nicht erzeugt und erzogen, daß er vornehm ſein ſoll. Contrair, und mir iſt ganz lieb, daß er Ihnen nicht vornehm genug iſt, und vielleicht noch ſonſt was. Mir iſt nun Ihre Mamſell Tochter nicht reich genug, und vielleicht noch ſonſt was. Sehn Sie, aufrichtige Leute kommen bald zu Rande, und das, was ſonſt iſt, ſoll uns nicht kümmern, und wir bleiben gute Freunde. Darum erlaube ich mir noch ein Mal an Ihr Glas anzuſtoßen.“ Der Kriegsrath ſeufzte; der andere hätte es recht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/71
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/71>, abgerufen am 28.11.2024.