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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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was mehr jetzt, als sie allein in der Mitte des Zim¬
mers stand, das Ohr etwas geneigt nach der Thür.
Sie horchte -- sollte er nicht wieder kehren? -- Nein --
keine Tritte mehr auf der Treppe, es hallte vom
Flur -- die schwere Hausthür öffnete sich. Ein Schlag
dann, der sie durchschüttelte. Aber sie blieb stehen,
die Finger etwas krampfhaft zusammen ziehend. --
Warum blieb sie stehen? -- Unter den halb nieder¬
geschlagenen Wimpern schielten ihre Augen umher.
Warum schlug sie die Augen nicht auf, die sonst so
durchdringend scharf in der Seele des Andern zu
lesen schienen? -- Fürchtete sie sich vor der Leere im
Zimmer? Es war noch heller Tag.

Es war etwas nicht, wie es sein sollte. Sie
hatte eine andre Sprache, andre Mittheilungen er¬
wartet. -- Glatt wie ein Aal! -- Aber vielleicht trug
sie selbst die Schuld! Was hatte sie sich ihrer Bitter¬
keit überlassen? Was interessirten ihn Adelheids Lie¬
besverhältnisse! -- Darum war er zerstreut, brach
plötzlich ab, in Sinnen versunken? -- Sie athmete
auf; ihre Wange röthete sich etwas. -- Aber -- es
war doch etwas nicht, wie es sein sollte. -- Warum
sprach der große, herrliche, seltene Mann nur in
Räthseln, warum auch gegen sie die Hieroglyphen¬
sprache? Hätte sie ihn falsch verstanden? Er, vor
dessen Augen die Hüllen der Menschen, der Dinge, in
Krystall sich verwandelten, und er schaute bis in die
Keime der Thaten und Gedanken, hatte er auch in
ihr Inneres einen Blick geworfen und --

was mehr jetzt, als ſie allein in der Mitte des Zim¬
mers ſtand, das Ohr etwas geneigt nach der Thür.
Sie horchte — ſollte er nicht wieder kehren? — Nein —
keine Tritte mehr auf der Treppe, es hallte vom
Flur — die ſchwere Hausthür öffnete ſich. Ein Schlag
dann, der ſie durchſchüttelte. Aber ſie blieb ſtehen,
die Finger etwas krampfhaft zuſammen ziehend. —
Warum blieb ſie ſtehen? — Unter den halb nieder¬
geſchlagenen Wimpern ſchielten ihre Augen umher.
Warum ſchlug ſie die Augen nicht auf, die ſonſt ſo
durchdringend ſcharf in der Seele des Andern zu
leſen ſchienen? — Fürchtete ſie ſich vor der Leere im
Zimmer? Es war noch heller Tag.

Es war etwas nicht, wie es ſein ſollte. Sie
hatte eine andre Sprache, andre Mittheilungen er¬
wartet. — Glatt wie ein Aal! — Aber vielleicht trug
ſie ſelbſt die Schuld! Was hatte ſie ſich ihrer Bitter¬
keit überlaſſen? Was intereſſirten ihn Adelheids Lie¬
besverhältniſſe! — Darum war er zerſtreut, brach
plötzlich ab, in Sinnen verſunken? — Sie athmete
auf; ihre Wange röthete ſich etwas. — Aber — es
war doch etwas nicht, wie es ſein ſollte. — Warum
ſprach der große, herrliche, ſeltene Mann nur in
Räthſeln, warum auch gegen ſie die Hieroglyphen¬
ſprache? Hätte ſie ihn falſch verſtanden? Er, vor
deſſen Augen die Hüllen der Menſchen, der Dinge, in
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[48/0058] was mehr jetzt, als ſie allein in der Mitte des Zim¬ mers ſtand, das Ohr etwas geneigt nach der Thür. Sie horchte — ſollte er nicht wieder kehren? — Nein — keine Tritte mehr auf der Treppe, es hallte vom Flur — die ſchwere Hausthür öffnete ſich. Ein Schlag dann, der ſie durchſchüttelte. Aber ſie blieb ſtehen, die Finger etwas krampfhaft zuſammen ziehend. — Warum blieb ſie ſtehen? — Unter den halb nieder¬ geſchlagenen Wimpern ſchielten ihre Augen umher. Warum ſchlug ſie die Augen nicht auf, die ſonſt ſo durchdringend ſcharf in der Seele des Andern zu leſen ſchienen? — Fürchtete ſie ſich vor der Leere im Zimmer? Es war noch heller Tag. Es war etwas nicht, wie es ſein ſollte. Sie hatte eine andre Sprache, andre Mittheilungen er¬ wartet. — Glatt wie ein Aal! — Aber vielleicht trug ſie ſelbſt die Schuld! Was hatte ſie ſich ihrer Bitter¬ keit überlaſſen? Was intereſſirten ihn Adelheids Lie¬ besverhältniſſe! — Darum war er zerſtreut, brach plötzlich ab, in Sinnen verſunken? — Sie athmete auf; ihre Wange röthete ſich etwas. — Aber — es war doch etwas nicht, wie es ſein ſollte. — Warum ſprach der große, herrliche, ſeltene Mann nur in Räthſeln, warum auch gegen ſie die Hieroglyphen¬ ſprache? Hätte ſie ihn falſch verſtanden? Er, vor deſſen Augen die Hüllen der Menſchen, der Dinge, in Kryſtall ſich verwandelten, und er ſchaute bis in die Keime der Thaten und Gedanken, hatte er auch in ihr Inneres einen Blick geworfen und —

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/58>, abgerufen am 24.11.2024.