Das Nationaltheater bot heut einen feierlichen Anblick. So gefüllt hatte man es seit lange nicht gesehen. Es war nicht Ifflands Kunst noch Flecks Genie, auch nicht die Anmuth der Unzelmann, der spätern Bethmann, oder die bezaubernde Stimme der Schick, was dieses Publikum angelockt. Es war kein glänzendes im gewöhnlichen Sinne, obwohl Gold und Silber von den Uniformen flimmerte, und aus den Gesichtern der Zuschauer ein eigenthümlicher Glanz strahlte, der der gespannten Erwartung, aber auch ein etwas, was die Mehrzahl voraus wußte. Daher die schlauen, lauschenden Blicke, ein vergnüg¬ tes Zublinzeln, ein Zuverstehengeben, daß man un¬ terrichtet sei.
Kein glänzendes Publikum, was man in Ber¬ lin so nannte, sagen wir; denn weder der Hof war zugegen, noch ein hoher Gast, dessen Anwesenheit immer die Neugier anzieht. Im Gegentheil fehl¬ ten gerade die ausgezeichnetsten Männer, die man
Dreizehntes Kapitel. Ein Präludium.
Das Nationaltheater bot heut einen feierlichen Anblick. So gefüllt hatte man es ſeit lange nicht geſehen. Es war nicht Ifflands Kunſt noch Flecks Genie, auch nicht die Anmuth der Unzelmann, der ſpätern Bethmann, oder die bezaubernde Stimme der Schick, was dieſes Publikum angelockt. Es war kein glänzendes im gewöhnlichen Sinne, obwohl Gold und Silber von den Uniformen flimmerte, und aus den Geſichtern der Zuſchauer ein eigenthümlicher Glanz ſtrahlte, der der geſpannten Erwartung, aber auch ein etwas, was die Mehrzahl voraus wußte. Daher die ſchlauen, lauſchenden Blicke, ein vergnüg¬ tes Zublinzeln, ein Zuverſtehengeben, daß man un¬ terrichtet ſei.
Kein glänzendes Publikum, was man in Ber¬ lin ſo nannte, ſagen wir; denn weder der Hof war zugegen, noch ein hoher Gaſt, deſſen Anweſenheit immer die Neugier anzieht. Im Gegentheil fehl¬ ten gerade die ausgezeichnetſten Männer, die man
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Dreizehntes Kapitel.
Ein Präludium.
Das Nationaltheater bot heut einen feierlichen
Anblick. So gefüllt hatte man es ſeit lange nicht
geſehen. Es war nicht Ifflands Kunſt noch Flecks
Genie, auch nicht die Anmuth der Unzelmann, der
ſpätern Bethmann, oder die bezaubernde Stimme der
Schick, was dieſes Publikum angelockt. Es war kein
glänzendes im gewöhnlichen Sinne, obwohl Gold
und Silber von den Uniformen flimmerte, und aus
den Geſichtern der Zuſchauer ein eigenthümlicher
Glanz ſtrahlte, der der geſpannten Erwartung, aber
auch ein etwas, was die Mehrzahl voraus wußte.
Daher die ſchlauen, lauſchenden Blicke, ein vergnüg¬
tes Zublinzeln, ein Zuverſtehengeben, daß man un¬
terrichtet ſei.
Kein glänzendes Publikum, was man in Ber¬
lin ſo nannte, ſagen wir; denn weder der Hof war
zugegen, noch ein hoher Gaſt, deſſen Anweſenheit
immer die Neugier anzieht. Im Gegentheil fehl¬
ten gerade die ausgezeichnetſten Männer, die man
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. [240]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/250>, abgerufen am 24.11.2024.
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