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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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"Und der Krieg ist es, der meine Freundin so
erschreckt! Was ist der Krieg anders, als ein Ge¬
witter, das die schwüle Luft reinigt."

"Mit Menschenblut! Und darunter die Besten.
Die Kugel wählt nicht die Schlechten."

"Wenn nun in der Natur ein solches ver¬
borgenes, furchtbares Gesetz bestünde, das Menschen¬
blut fordert!" fuhr die Fürstin fort, die sichtlich in
ein neues Gedankengewebe sich hinein spann oder
zu einem Phantasienflug erhob, der über die
Fassungskraft ihrer Gesellschafterin hinaus ging.
Sie wollte, obgleich die Wahrnehmung sie interessirte,
daß die Leidenschaft auch eine Eitelbach weit über
sich erhoben hatte, sich selbst in eine Sphäre erheben,
wo jene ihr nicht folgen konnte.

"Ja, es existirt dieses Gesetz! Und der Soldaten¬
stand ist der geehrteste, weil er auf diesem großen
Gesetz der geistigen Welt beruht. Warum heißt Gott
in der Bibel der Herr der Heerschaaren! Es ist das
nicht ohne tiefen Grund. Wie herrscht in dem weiten
Reiche der lebendigen Natur eine, wir können sagen,
gesetzliche Wuth aller Wesen gegen einander! Es
giebt keinen Moment in der Zeit, meine Freundin,
wo nicht ein lebendes Wesen von einem anderen
verzehrt wird. Der Mensch aber ist unter diesen
zahllosen Arten von Würgethieren die allerfurcht¬
barste. Er tödtet um zu essen, um sich zu kleiden,
sich zu schmücken, ja aus Vergnügen, er tödtet um
zu tödten. Der Mensch, dieser entsetzliche Herrscher

„Und der Krieg iſt es, der meine Freundin ſo
erſchreckt! Was iſt der Krieg anders, als ein Ge¬
witter, das die ſchwüle Luft reinigt.“

„Mit Menſchenblut! Und darunter die Beſten.
Die Kugel wählt nicht die Schlechten.“

„Wenn nun in der Natur ein ſolches ver¬
borgenes, furchtbares Geſetz beſtünde, das Menſchen¬
blut fordert!“ fuhr die Fürſtin fort, die ſichtlich in
ein neues Gedankengewebe ſich hinein ſpann oder
zu einem Phantaſienflug erhob, der über die
Faſſungskraft ihrer Geſellſchafterin hinaus ging.
Sie wollte, obgleich die Wahrnehmung ſie intereſſirte,
daß die Leidenſchaft auch eine Eitelbach weit über
ſich erhoben hatte, ſich ſelbſt in eine Sphäre erheben,
wo jene ihr nicht folgen konnte.

„Ja, es exiſtirt dieſes Geſetz! Und der Soldaten¬
ſtand iſt der geehrteſte, weil er auf dieſem großen
Geſetz der geiſtigen Welt beruht. Warum heißt Gott
in der Bibel der Herr der Heerſchaaren! Es iſt das
nicht ohne tiefen Grund. Wie herrſcht in dem weiten
Reiche der lebendigen Natur eine, wir können ſagen,
geſetzliche Wuth aller Weſen gegen einander! Es
giebt keinen Moment in der Zeit, meine Freundin,
wo nicht ein lebendes Weſen von einem anderen
verzehrt wird. Der Menſch aber iſt unter dieſen
zahlloſen Arten von Würgethieren die allerfurcht¬
barſte. Er tödtet um zu eſſen, um ſich zu kleiden,
ſich zu ſchmücken, ja aus Vergnügen, er tödtet um
zu tödten. Der Menſch, dieſer entſetzliche Herrſcher

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[172/0182] „Und der Krieg iſt es, der meine Freundin ſo erſchreckt! Was iſt der Krieg anders, als ein Ge¬ witter, das die ſchwüle Luft reinigt.“ „Mit Menſchenblut! Und darunter die Beſten. Die Kugel wählt nicht die Schlechten.“ „Wenn nun in der Natur ein ſolches ver¬ borgenes, furchtbares Geſetz beſtünde, das Menſchen¬ blut fordert!“ fuhr die Fürſtin fort, die ſichtlich in ein neues Gedankengewebe ſich hinein ſpann oder zu einem Phantaſienflug erhob, der über die Faſſungskraft ihrer Geſellſchafterin hinaus ging. Sie wollte, obgleich die Wahrnehmung ſie intereſſirte, daß die Leidenſchaft auch eine Eitelbach weit über ſich erhoben hatte, ſich ſelbſt in eine Sphäre erheben, wo jene ihr nicht folgen konnte. „Ja, es exiſtirt dieſes Geſetz! Und der Soldaten¬ ſtand iſt der geehrteſte, weil er auf dieſem großen Geſetz der geiſtigen Welt beruht. Warum heißt Gott in der Bibel der Herr der Heerſchaaren! Es iſt das nicht ohne tiefen Grund. Wie herrſcht in dem weiten Reiche der lebendigen Natur eine, wir können ſagen, geſetzliche Wuth aller Weſen gegen einander! Es giebt keinen Moment in der Zeit, meine Freundin, wo nicht ein lebendes Weſen von einem anderen verzehrt wird. Der Menſch aber iſt unter dieſen zahlloſen Arten von Würgethieren die allerfurcht¬ barſte. Er tödtet um zu eſſen, um ſich zu kleiden, ſich zu ſchmücken, ja aus Vergnügen, er tödtet um zu tödten. Der Menſch, dieſer entſetzliche Herrſcher

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/182>, abgerufen am 22.11.2024.