Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

dafür. Er schickt den hin, der unter jeder Bedingung
nach dem Frieden greift."

"Warum nicht den, bemerkte Bovillard bescheiden,
der Napoleon persönlich angenehm ist. Zum Ver¬
mitteln schickt man doch nicht widerwärtige Geschöpfe."

"Um Vergebung, nahm der Major das Wort,
ich glaube vielmehr, daß das des Monarchen eigen¬
thümlicher Sinn war. Er wollte dem, welchen er
durch einen gefaßten Beschluß gekränkt, durch sein
Vertrauen es vergütigen. Uebrigens ich glaube jetzt
auch an Haugwitz. Er geht nicht gern, aber er geht.
Der Erzherzog, der Kaiser, von allen Seiten über¬
schüttet man ihn mit schmeichelhafter Aufmerksamkeit.
Auch contre-coeur ist er verstrickt."

"Meine Herren, erhob sich die Fürstin, die Per¬
sonen sind am Ende gleichgültig. Aber wo ist der
Wille? Was ist beschlossen? Wann reist Haugwitz?
Mit Courierpferden? Wohin? Welchen Termin soll
er dem Usurpator setzen? Wenn er nein sagt, wann
stoßen unsre Heere zusammen? Wo? Wo ist der Plan?
-- Wo der Traktat? Fehlt es in Potsdam an Pa¬
pier? Eine Feder kritzelt zu langsam. Mit Blitzen
müßte man schreiben. Denn der Attila reitet auf Blitzen."

Sie sah sich vergebens nach einem Aufblitzen in
den Mienen um. Die Herren zuckten die Achseln.
Man blickte ziemlich rathlos zum Fenster hinaus.
Auch dort waren nur fragende Gesichter.

"Köckeritz kommt aus dem Schlosse!"

"Rüchel packt ihn. Wie hastig sie sprechen!"

dafür. Er ſchickt den hin, der unter jeder Bedingung
nach dem Frieden greift.“

„Warum nicht den, bemerkte Bovillard beſcheiden,
der Napoleon perſönlich angenehm iſt. Zum Ver¬
mitteln ſchickt man doch nicht widerwärtige Geſchöpfe.“

„Um Vergebung, nahm der Major das Wort,
ich glaube vielmehr, daß das des Monarchen eigen¬
thümlicher Sinn war. Er wollte dem, welchen er
durch einen gefaßten Beſchluß gekränkt, durch ſein
Vertrauen es vergütigen. Uebrigens ich glaube jetzt
auch an Haugwitz. Er geht nicht gern, aber er geht.
Der Erzherzog, der Kaiſer, von allen Seiten über¬
ſchüttet man ihn mit ſchmeichelhafter Aufmerkſamkeit.
Auch contre-coeur iſt er verſtrickt.“

„Meine Herren, erhob ſich die Fürſtin, die Per¬
ſonen ſind am Ende gleichgültig. Aber wo iſt der
Wille? Was iſt beſchloſſen? Wann reiſt Haugwitz?
Mit Courierpferden? Wohin? Welchen Termin ſoll
er dem Uſurpator ſetzen? Wenn er nein ſagt, wann
ſtoßen unſre Heere zuſammen? Wo? Wo iſt der Plan?
— Wo der Traktat? Fehlt es in Potsdam an Pa¬
pier? Eine Feder kritzelt zu langſam. Mit Blitzen
müßte man ſchreiben. Denn der Attila reitet auf Blitzen.“

Sie ſah ſich vergebens nach einem Aufblitzen in
den Mienen um. Die Herren zuckten die Achſeln.
Man blickte ziemlich rathlos zum Fenſter hinaus.
Auch dort waren nur fragende Geſichter.

„Köckeritz kommt aus dem Schloſſe!“

„Rüchel packt ihn. Wie haſtig ſie ſprechen!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0111" n="101"/>
dafür. Er &#x017F;chickt den hin, der unter jeder Bedingung<lb/>
nach dem Frieden greift.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Warum nicht den, bemerkte Bovillard be&#x017F;cheiden,<lb/>
der Napoleon per&#x017F;önlich angenehm i&#x017F;t. Zum Ver¬<lb/>
mitteln &#x017F;chickt man doch nicht widerwärtige Ge&#x017F;chöpfe.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Um Vergebung, nahm der Major das Wort,<lb/>
ich glaube vielmehr, daß das des Monarchen eigen¬<lb/>
thümlicher Sinn war. Er wollte dem, welchen er<lb/>
durch einen gefaßten Be&#x017F;chluß gekränkt, durch &#x017F;ein<lb/>
Vertrauen es vergütigen. Uebrigens ich glaube jetzt<lb/>
auch an Haugwitz. Er geht nicht gern, aber er geht.<lb/>
Der Erzherzog, der Kai&#x017F;er, von allen Seiten über¬<lb/>
&#x017F;chüttet man ihn mit &#x017F;chmeichelhafter Aufmerk&#x017F;amkeit.<lb/>
Auch <hi rendition="#aq">contre-coeur</hi> i&#x017F;t er ver&#x017F;trickt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Meine Herren, erhob &#x017F;ich die Für&#x017F;tin, die Per¬<lb/>
&#x017F;onen &#x017F;ind am Ende gleichgültig. Aber wo i&#x017F;t der<lb/>
Wille? Was i&#x017F;t be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en? Wann rei&#x017F;t Haugwitz?<lb/>
Mit Courierpferden? Wohin? Welchen Termin &#x017F;oll<lb/>
er dem U&#x017F;urpator &#x017F;etzen? Wenn er nein &#x017F;agt, wann<lb/>
&#x017F;toßen un&#x017F;re Heere zu&#x017F;ammen? Wo? Wo i&#x017F;t der Plan?<lb/>
&#x2014; Wo der Traktat? Fehlt es in Potsdam an Pa¬<lb/>
pier? Eine Feder kritzelt zu lang&#x017F;am. Mit Blitzen<lb/>
müßte man &#x017F;chreiben. Denn der Attila reitet auf Blitzen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Sie &#x017F;ah &#x017F;ich vergebens nach einem Aufblitzen in<lb/>
den Mienen um. Die Herren zuckten die Ach&#x017F;eln.<lb/>
Man blickte ziemlich rathlos zum Fen&#x017F;ter hinaus.<lb/>
Auch dort waren nur fragende Ge&#x017F;ichter.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Köckeritz kommt aus dem Schlo&#x017F;&#x017F;e!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Rüchel packt ihn. Wie ha&#x017F;tig &#x017F;ie &#x017F;prechen!&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0111] dafür. Er ſchickt den hin, der unter jeder Bedingung nach dem Frieden greift.“ „Warum nicht den, bemerkte Bovillard beſcheiden, der Napoleon perſönlich angenehm iſt. Zum Ver¬ mitteln ſchickt man doch nicht widerwärtige Geſchöpfe.“ „Um Vergebung, nahm der Major das Wort, ich glaube vielmehr, daß das des Monarchen eigen¬ thümlicher Sinn war. Er wollte dem, welchen er durch einen gefaßten Beſchluß gekränkt, durch ſein Vertrauen es vergütigen. Uebrigens ich glaube jetzt auch an Haugwitz. Er geht nicht gern, aber er geht. Der Erzherzog, der Kaiſer, von allen Seiten über¬ ſchüttet man ihn mit ſchmeichelhafter Aufmerkſamkeit. Auch contre-coeur iſt er verſtrickt.“ „Meine Herren, erhob ſich die Fürſtin, die Per¬ ſonen ſind am Ende gleichgültig. Aber wo iſt der Wille? Was iſt beſchloſſen? Wann reiſt Haugwitz? Mit Courierpferden? Wohin? Welchen Termin ſoll er dem Uſurpator ſetzen? Wenn er nein ſagt, wann ſtoßen unſre Heere zuſammen? Wo? Wo iſt der Plan? — Wo der Traktat? Fehlt es in Potsdam an Pa¬ pier? Eine Feder kritzelt zu langſam. Mit Blitzen müßte man ſchreiben. Denn der Attila reitet auf Blitzen.“ Sie ſah ſich vergebens nach einem Aufblitzen in den Mienen um. Die Herren zuckten die Achſeln. Man blickte ziemlich rathlos zum Fenſter hinaus. Auch dort waren nur fragende Geſichter. „Köckeritz kommt aus dem Schloſſe!“ „Rüchel packt ihn. Wie haſtig ſie ſprechen!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/111
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/111>, abgerufen am 22.11.2024.