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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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"Sein Ziel!" -- die Geheimräthin sah ihn groß
an, aber sie verstummte vor seinem abmessenden
Blicke. Mit einem Seufzer sagte sie: "War es denn
ein Verbrechen, in ihm einen Beglücker der Mensch¬
heit zu erblicken!"

"Ein Verbrechen ist Unsinn, und der Wahn,
daß Einer für Alle etwas schaffen könne, eine Thor¬
heit. Jeder schafft für sich. Ich weiß nicht, ob der
junge Bonaparte in seiner Jugend wirklich diesem
Wahne nachhing, der Kaiser der Franzosen wird ihn
belächeln. Man muß die Menschen kennen gelernt haben,
wie wir, gnädige Frau, um zum Resultat gekommen
zu sein, daß, was man so die Menschheit nennt,
nicht werth ist, sein Bestes für sie zu opfern."

"Aber mein Gott für wen soll man sich denn
opfern!"

Der Gast schien es überhört zu haben, oder
seine Gedanken hatten unwillkürlich einen andern
Gang genommen: "Es ist zu bedauern, daß die
Kaiserin ihm keine Hoffnung auf Nachkommen ge¬
währt. Eine wahre Zierde ihres Geschlechts!"

"Sie kennen die Kaiserin Josephine!"

"Ihre Majestät, Königin Louise, ist gewiß die
personificirte Huld und Schönheit, aber diese Creolin
in der sichtlich noch das tropische Blut pulst, hat
etwas Bestechendes, Fortreißendes. Man muß sie
gesehen haben -- ach schon als Josephine Beauhar¬
nais!" --

"Sie kannten sie damals schon?"

„Sein Ziel!“ — die Geheimräthin ſah ihn groß
an, aber ſie verſtummte vor ſeinem abmeſſenden
Blicke. Mit einem Seufzer ſagte ſie: „War es denn
ein Verbrechen, in ihm einen Beglücker der Menſch¬
heit zu erblicken!“

„Ein Verbrechen iſt Unſinn, und der Wahn,
daß Einer für Alle etwas ſchaffen könne, eine Thor¬
heit. Jeder ſchafft für ſich. Ich weiß nicht, ob der
junge Bonaparte in ſeiner Jugend wirklich dieſem
Wahne nachhing, der Kaiſer der Franzoſen wird ihn
belächeln. Man muß die Menſchen kennen gelernt haben,
wie wir, gnädige Frau, um zum Reſultat gekommen
zu ſein, daß, was man ſo die Menſchheit nennt,
nicht werth iſt, ſein Beſtes für ſie zu opfern.“

„Aber mein Gott für wen ſoll man ſich denn
opfern!“

Der Gaſt ſchien es überhört zu haben, oder
ſeine Gedanken hatten unwillkürlich einen andern
Gang genommen: „Es iſt zu bedauern, daß die
Kaiſerin ihm keine Hoffnung auf Nachkommen ge¬
währt. Eine wahre Zierde ihres Geſchlechts!“

„Sie kennen die Kaiſerin Joſephine!“

„Ihre Majeſtät, Königin Louiſe, iſt gewiß die
perſonificirte Huld und Schönheit, aber dieſe Creolin
in der ſichtlich noch das tropiſche Blut pulſt, hat
etwas Beſtechendes, Fortreißendes. Man muß ſie
geſehen haben — ach ſchon als Joſephine Beauhar¬
nais!“ —

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[66/0076] „Sein Ziel!“ — die Geheimräthin ſah ihn groß an, aber ſie verſtummte vor ſeinem abmeſſenden Blicke. Mit einem Seufzer ſagte ſie: „War es denn ein Verbrechen, in ihm einen Beglücker der Menſch¬ heit zu erblicken!“ „Ein Verbrechen iſt Unſinn, und der Wahn, daß Einer für Alle etwas ſchaffen könne, eine Thor¬ heit. Jeder ſchafft für ſich. Ich weiß nicht, ob der junge Bonaparte in ſeiner Jugend wirklich dieſem Wahne nachhing, der Kaiſer der Franzoſen wird ihn belächeln. Man muß die Menſchen kennen gelernt haben, wie wir, gnädige Frau, um zum Reſultat gekommen zu ſein, daß, was man ſo die Menſchheit nennt, nicht werth iſt, ſein Beſtes für ſie zu opfern.“ „Aber mein Gott für wen ſoll man ſich denn opfern!“ Der Gaſt ſchien es überhört zu haben, oder ſeine Gedanken hatten unwillkürlich einen andern Gang genommen: „Es iſt zu bedauern, daß die Kaiſerin ihm keine Hoffnung auf Nachkommen ge¬ währt. Eine wahre Zierde ihres Geſchlechts!“ „Sie kennen die Kaiſerin Joſephine!“ „Ihre Majeſtät, Königin Louiſe, iſt gewiß die perſonificirte Huld und Schönheit, aber dieſe Creolin in der ſichtlich noch das tropiſche Blut pulſt, hat etwas Beſtechendes, Fortreißendes. Man muß ſie geſehen haben — ach ſchon als Joſephine Beauhar¬ nais!“ — „Sie kannten ſie damals ſchon?“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/76>, abgerufen am 25.11.2024.