neigend, ich habe nun das Meine gethan. Die nächste Action muß vom Rittmeister ausgehen."
Man ließ die Gläser auf den Strategen und seine Agentinnen klingen. St. Real's Bericht war kürzer:
"Sie glauben nicht, wie schwer es uns ward, den Stier auf die Spur zu bringen. Als es indeß so weit war, ging es auch wie ein Brummtriesel, der nicht mehr zu sich kommt. Oder es überschauerte ihn wie ein Donnerwetter mit Platzregen. Der Mann ist vollkommen ausgetauscht, weich sage ich Ihnen, wie Wachs. Sein Gewissen gerührt; er delirirt, ver¬ wünscht zuweilen seinen Knebelbart, ja es giebt Augenblicke, wo er ihn abschneiden möchte. Nach dem letzten Billet wollte er wirklich Urlaub nehmen. Wir hatten Mühe, ihm begreiflich zu machen, daß das jetzt als Feigheit ausgelegt werden könnte. Mit einem Wort, er ist zu allem bereit, was das ver¬ ehrte Collegium über ihn beschließt. Nur muß man ihm zu Hülfe kommen. Er ward ordentlich jung¬ fräulich schüchtern aus Gewissensbissen, daß er eine schöne Dame, die ihn liebt, so lange und grausam beleidigt hat."
Man schmunzelte stillen Beifall. Die moquante Miene des Geheimraths sprach von einem aufsteigen¬ den Wetterleuchten: "Ein superber Mensch! Läßt sich stellen und schicken, wo man will, alles aus Pflicht¬ gefühl. Statt solche Talente nun zu nutzen, läßt sie der Staat in Wachtstuben verkommen!" Doppelte
neigend, ich habe nun das Meine gethan. Die nächſte Action muß vom Rittmeiſter ausgehen.“
Man ließ die Gläſer auf den Strategen und ſeine Agentinnen klingen. St. Real's Bericht war kürzer:
„Sie glauben nicht, wie ſchwer es uns ward, den Stier auf die Spur zu bringen. Als es indeß ſo weit war, ging es auch wie ein Brummtrieſel, der nicht mehr zu ſich kommt. Oder es überſchauerte ihn wie ein Donnerwetter mit Platzregen. Der Mann iſt vollkommen ausgetauſcht, weich ſage ich Ihnen, wie Wachs. Sein Gewiſſen gerührt; er delirirt, ver¬ wünſcht zuweilen ſeinen Knebelbart, ja es giebt Augenblicke, wo er ihn abſchneiden möchte. Nach dem letzten Billet wollte er wirklich Urlaub nehmen. Wir hatten Mühe, ihm begreiflich zu machen, daß das jetzt als Feigheit ausgelegt werden könnte. Mit einem Wort, er iſt zu allem bereit, was das ver¬ ehrte Collegium über ihn beſchließt. Nur muß man ihm zu Hülfe kommen. Er ward ordentlich jung¬ fräulich ſchüchtern aus Gewiſſensbiſſen, daß er eine ſchöne Dame, die ihn liebt, ſo lange und grauſam beleidigt hat.“
Man ſchmunzelte ſtillen Beifall. Die moquante Miene des Geheimraths ſprach von einem aufſteigen¬ den Wetterleuchten: „Ein ſuperber Menſch! Läßt ſich ſtellen und ſchicken, wo man will, alles aus Pflicht¬ gefühl. Statt ſolche Talente nun zu nutzen, läßt ſie der Staat in Wachtſtuben verkommen!“ Doppelte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0313"n="303"/>
neigend, ich habe nun das Meine gethan. Die nächſte<lb/>
Action muß vom Rittmeiſter ausgehen.“</p><lb/><p>Man ließ die Gläſer auf den Strategen und<lb/>ſeine Agentinnen klingen. St. Real's Bericht war<lb/>
kürzer:</p><lb/><p>„Sie glauben nicht, wie ſchwer es uns ward, den<lb/>
Stier auf die Spur zu bringen. Als es indeß ſo<lb/>
weit war, ging es auch wie ein Brummtrieſel, der<lb/>
nicht mehr zu ſich kommt. Oder es überſchauerte ihn<lb/>
wie ein Donnerwetter mit Platzregen. Der Mann<lb/>
iſt vollkommen ausgetauſcht, weich ſage ich Ihnen,<lb/>
wie Wachs. Sein Gewiſſen gerührt; er delirirt, ver¬<lb/>
wünſcht zuweilen ſeinen Knebelbart, ja es giebt<lb/>
Augenblicke, wo er ihn abſchneiden möchte. Nach<lb/>
dem letzten Billet wollte er wirklich Urlaub nehmen.<lb/>
Wir hatten Mühe, ihm begreiflich zu machen, daß<lb/>
das jetzt als Feigheit ausgelegt werden könnte. Mit<lb/>
einem Wort, er iſt zu allem bereit, was das ver¬<lb/>
ehrte Collegium über ihn beſchließt. Nur muß man<lb/>
ihm zu Hülfe kommen. Er ward ordentlich jung¬<lb/>
fräulich ſchüchtern aus Gewiſſensbiſſen, daß er eine<lb/>ſchöne Dame, die ihn liebt, ſo lange und grauſam<lb/>
beleidigt hat.“</p><lb/><p>Man ſchmunzelte ſtillen Beifall. Die moquante<lb/>
Miene des Geheimraths ſprach von einem aufſteigen¬<lb/>
den Wetterleuchten: „Ein ſuperber Menſch! Läßt ſich<lb/>ſtellen und ſchicken, wo man will, alles aus Pflicht¬<lb/>
gefühl. Statt ſolche Talente nun zu nutzen, läßt ſie<lb/>
der Staat in Wachtſtuben verkommen!“ Doppelte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[303/0313]
neigend, ich habe nun das Meine gethan. Die nächſte
Action muß vom Rittmeiſter ausgehen.“
Man ließ die Gläſer auf den Strategen und
ſeine Agentinnen klingen. St. Real's Bericht war
kürzer:
„Sie glauben nicht, wie ſchwer es uns ward, den
Stier auf die Spur zu bringen. Als es indeß ſo
weit war, ging es auch wie ein Brummtrieſel, der
nicht mehr zu ſich kommt. Oder es überſchauerte ihn
wie ein Donnerwetter mit Platzregen. Der Mann
iſt vollkommen ausgetauſcht, weich ſage ich Ihnen,
wie Wachs. Sein Gewiſſen gerührt; er delirirt, ver¬
wünſcht zuweilen ſeinen Knebelbart, ja es giebt
Augenblicke, wo er ihn abſchneiden möchte. Nach
dem letzten Billet wollte er wirklich Urlaub nehmen.
Wir hatten Mühe, ihm begreiflich zu machen, daß
das jetzt als Feigheit ausgelegt werden könnte. Mit
einem Wort, er iſt zu allem bereit, was das ver¬
ehrte Collegium über ihn beſchließt. Nur muß man
ihm zu Hülfe kommen. Er ward ordentlich jung¬
fräulich ſchüchtern aus Gewiſſensbiſſen, daß er eine
ſchöne Dame, die ihn liebt, ſo lange und grauſam
beleidigt hat.“
Man ſchmunzelte ſtillen Beifall. Die moquante
Miene des Geheimraths ſprach von einem aufſteigen¬
den Wetterleuchten: „Ein ſuperber Menſch! Läßt ſich
ſtellen und ſchicken, wo man will, alles aus Pflicht¬
gefühl. Statt ſolche Talente nun zu nutzen, läßt ſie
der Staat in Wachtſtuben verkommen!“ Doppelte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/313>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.