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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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an seinem Humor, und darum lief er fort, eh wir an¬
fingen."

Der Legationsrath sagte: "Ich glaube eher, daß
ich die unschuldige Ursach bin. Als er mich sah, sah
ich an seinem Gesicht, daß er nicht bleiben würde.
Warum mußten die Herren mich in ihr Vertrauen
ziehen?"

"Haben Sie wirklich einen Basiliskenblick?
sagte der Geheimrath. Theuerster Freund, warum
sind Sie, wie Sie sind? Die Uneigennützigkeit selbst,
um Freunden einen Dienst zu leisten und wo Sie
für sich etwas wollen sollten, karg wie ein Harpagon."

"Was soll ich denn für mich wollen?"

"Scherz bei Seite, im Monde leben Sie so
wenig als wir. Was Reelles sollen Sie wollen.
Sie haben Klaproth bezaubert, Hermbstädt schwört
auf Sie, von den Frauen rede ich gar nicht, warum
verschmähen Sie es absolut, unsre Excellenz in Ihren
Bann zu ziehen? -- Die Gelegenheit liegt auf dem
Präsentirbrett. Sie sind jetzt sein Vertrauter in
diesem Divertissement kann er Jemand fallen lassen,
den er nicht plaudern lassen darf? Auf Ehre, Sie
brauchen nur zu wollen, und Sie sind ein gemachter
Mann."

Wandel schwieg eine Weile, die Augen in dem
unbeweglichen Gesichte fern auf einen Punkt in der
Diele geheftet. Dann brach es mehr heraus, als
daß er es sprach: "Aber wie lange wird er selbst
es sein!"

an ſeinem Humor, und darum lief er fort, eh wir an¬
fingen.“

Der Legationsrath ſagte: „Ich glaube eher, daß
ich die unſchuldige Urſach bin. Als er mich ſah, ſah
ich an ſeinem Geſicht, daß er nicht bleiben würde.
Warum mußten die Herren mich in ihr Vertrauen
ziehen?“

„Haben Sie wirklich einen Baſiliskenblick?
ſagte der Geheimrath. Theuerſter Freund, warum
ſind Sie, wie Sie ſind? Die Uneigennützigkeit ſelbſt,
um Freunden einen Dienſt zu leiſten und wo Sie
für ſich etwas wollen ſollten, karg wie ein Harpagon.“

„Was ſoll ich denn für mich wollen?“

„Scherz bei Seite, im Monde leben Sie ſo
wenig als wir. Was Reelles ſollen Sie wollen.
Sie haben Klaproth bezaubert, Hermbſtädt ſchwört
auf Sie, von den Frauen rede ich gar nicht, warum
verſchmähen Sie es abſolut, unſre Excellenz in Ihren
Bann zu ziehen? — Die Gelegenheit liegt auf dem
Präſentirbrett. Sie ſind jetzt ſein Vertrauter in
dieſem Divertiſſement kann er Jemand fallen laſſen,
den er nicht plaudern laſſen darf? Auf Ehre, Sie
brauchen nur zu wollen, und Sie ſind ein gemachter
Mann.“

Wandel ſchwieg eine Weile, die Augen in dem
unbeweglichen Geſichte fern auf einen Punkt in der
Diele geheftet. Dann brach es mehr heraus, als
daß er es ſprach: „Aber wie lange wird er ſelbſt
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[292/0302] an ſeinem Humor, und darum lief er fort, eh wir an¬ fingen.“ Der Legationsrath ſagte: „Ich glaube eher, daß ich die unſchuldige Urſach bin. Als er mich ſah, ſah ich an ſeinem Geſicht, daß er nicht bleiben würde. Warum mußten die Herren mich in ihr Vertrauen ziehen?“ „Haben Sie wirklich einen Baſiliskenblick? ſagte der Geheimrath. Theuerſter Freund, warum ſind Sie, wie Sie ſind? Die Uneigennützigkeit ſelbſt, um Freunden einen Dienſt zu leiſten und wo Sie für ſich etwas wollen ſollten, karg wie ein Harpagon.“ „Was ſoll ich denn für mich wollen?“ „Scherz bei Seite, im Monde leben Sie ſo wenig als wir. Was Reelles ſollen Sie wollen. Sie haben Klaproth bezaubert, Hermbſtädt ſchwört auf Sie, von den Frauen rede ich gar nicht, warum verſchmähen Sie es abſolut, unſre Excellenz in Ihren Bann zu ziehen? — Die Gelegenheit liegt auf dem Präſentirbrett. Sie ſind jetzt ſein Vertrauter in dieſem Divertiſſement kann er Jemand fallen laſſen, den er nicht plaudern laſſen darf? Auf Ehre, Sie brauchen nur zu wollen, und Sie ſind ein gemachter Mann.“ Wandel ſchwieg eine Weile, die Augen in dem unbeweglichen Geſichte fern auf einen Punkt in der Diele geheftet. Dann brach es mehr heraus, als daß er es ſprach: „Aber wie lange wird er ſelbſt es ſein!“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/302>, abgerufen am 27.11.2024.