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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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das Mädchen auf andre Art wieder los werden?
Es fügt sich so manches. -- Ich lache ordentlich, daß
ich Ihnen darüber Instruktionen geben will. Lassen
Sie sie freudvoll und leidvoll, unter Hangen und
Bangen, ihrem Schicksal entgegenhüpfen. Wir ha¬
ben doch wahrhaftig für anderes als dafür zu
sorgen."

"Der abscheuliche junge Mensch will mir nicht
aus dem Sinn," sagte die Geheimräthin.

"Er wird Sie bald nicht mehr beunruhigen,"
entgegnete der Legationsrath, indem er ein versiegeltes
Päckchen in den Schrank gelegt, den Schlüssel ab¬
gezogen, und ihn in die Hand der Geheimräthin
gedrückt hatte: "Bewahren Sie ihn wohl."

"Was haben Sie hinein gethan?"

"Etwas, was Sie nur eröffnen dürfen nach
meinem Tode."

Sie starrte ihn an. Er drückte ihre Finger an
die Lippen: "Auch davon still, still! Es ist nur mein
Testament."

Sie preßte krampfhaft ihre Hand auf seinen Arm:

"Was haben Sie mir gesagt?"

"Daß ich einen festen Arm habe, einen sichern
Blick, daß meine Kugel nie geirrt; daß -- das wilde
Blut des Leidenschaftlichen nicht zielen kann, und --
so gewiß Sie vor mir stehen, ich werde nicht
fallen
. Ich habe Ihnen noch mehr gesagt, mit
kaltem ruhigen Blute werde ich ihn zu Boden stürzen
sehen. Das Bewußtsein, die Gesellschaft von einem

das Mädchen auf andre Art wieder los werden?
Es fügt ſich ſo manches. — Ich lache ordentlich, daß
ich Ihnen darüber Inſtruktionen geben will. Laſſen
Sie ſie freudvoll und leidvoll, unter Hangen und
Bangen, ihrem Schickſal entgegenhüpfen. Wir ha¬
ben doch wahrhaftig für anderes als dafür zu
ſorgen.“

„Der abſcheuliche junge Menſch will mir nicht
aus dem Sinn,“ ſagte die Geheimräthin.

„Er wird Sie bald nicht mehr beunruhigen,“
entgegnete der Legationsrath, indem er ein verſiegeltes
Päckchen in den Schrank gelegt, den Schlüſſel ab¬
gezogen, und ihn in die Hand der Geheimräthin
gedrückt hatte: „Bewahren Sie ihn wohl.“

„Was haben Sie hinein gethan?“

„Etwas, was Sie nur eröffnen dürfen nach
meinem Tode.“

Sie ſtarrte ihn an. Er drückte ihre Finger an
die Lippen: „Auch davon ſtill, ſtill! Es iſt nur mein
Teſtament.“

Sie preßte krampfhaft ihre Hand auf ſeinen Arm:

„Was haben Sie mir geſagt?“

„Daß ich einen feſten Arm habe, einen ſichern
Blick, daß meine Kugel nie geirrt; daß — das wilde
Blut des Leidenſchaftlichen nicht zielen kann, und —
ſo gewiß Sie vor mir ſtehen, ich werde nicht
fallen
. Ich habe Ihnen noch mehr geſagt, mit
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[248/0258] das Mädchen auf andre Art wieder los werden? Es fügt ſich ſo manches. — Ich lache ordentlich, daß ich Ihnen darüber Inſtruktionen geben will. Laſſen Sie ſie freudvoll und leidvoll, unter Hangen und Bangen, ihrem Schickſal entgegenhüpfen. Wir ha¬ ben doch wahrhaftig für anderes als dafür zu ſorgen.“ „Der abſcheuliche junge Menſch will mir nicht aus dem Sinn,“ ſagte die Geheimräthin. „Er wird Sie bald nicht mehr beunruhigen,“ entgegnete der Legationsrath, indem er ein verſiegeltes Päckchen in den Schrank gelegt, den Schlüſſel ab¬ gezogen, und ihn in die Hand der Geheimräthin gedrückt hatte: „Bewahren Sie ihn wohl.“ „Was haben Sie hinein gethan?“ „Etwas, was Sie nur eröffnen dürfen nach meinem Tode.“ Sie ſtarrte ihn an. Er drückte ihre Finger an die Lippen: „Auch davon ſtill, ſtill! Es iſt nur mein Teſtament.“ Sie preßte krampfhaft ihre Hand auf ſeinen Arm: „Was haben Sie mir geſagt?“ „Daß ich einen feſten Arm habe, einen ſichern Blick, daß meine Kugel nie geirrt; daß — das wilde Blut des Leidenſchaftlichen nicht zielen kann, und — ſo gewiß Sie vor mir ſtehen, ich werde nicht fallen. Ich habe Ihnen noch mehr geſagt, mit kaltem ruhigen Blute werde ich ihn zu Boden ſtürzen ſehen. Das Bewußtſein, die Geſellſchaft von einem

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/258>, abgerufen am 27.11.2024.