Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.der Ebenbürtigkeit Einer dem Andern ausstellen. Diese Die Geheimräthin seufzte: "Das ist eine Vor¬ "Und nun, frage ich, herrscht zwischen ihm und "Mein Kopf schwindelt." "Traf dies Loos nicht auch solche, die er wahr¬ "Ich verstehe sie nicht." "Jene graubärtigen Krieger, seine Veteranen, II. 16
der Ebenbürtigkeit Einer dem Andern ausſtellen. Dieſe Die Geheimräthin ſeufzte: „Das iſt eine Vor¬ „Und nun, frage ich, herrſcht zwiſchen ihm und „Mein Kopf ſchwindelt.“ „Traf dies Loos nicht auch ſolche, die er wahr¬ „Ich verſtehe ſie nicht.“ „Jene graubärtigen Krieger, ſeine Veteranen, II. 16
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0251" n="241"/> der Ebenbürtigkeit Einer dem Andern ausſtellen. Dieſe<lb/> Liebe bedarf keiner Beſiegelung durch Lieder, Be¬<lb/> theuerung und Schwüre. Sie iſt da von ſelbſt. Die<lb/> Geiſter wie die Blicke brauchen ſich nur zu finden,<lb/> und im Moment iſt der Bund geſchloſſen, ohne<lb/> Worte.“</p><lb/> <p>Die Geheimräthin ſeufzte: „Das iſt eine Vor¬<lb/> ſtellung, erhaben wie die Ewigkeit!“</p><lb/> <p>„Und nun, frage ich, herrſcht zwiſchen ihm und<lb/> ihr ein ſolcher Bund? Begreift ſie ihn nur? Freilich<lb/> möchte ſie ſich ſonnen in ſeinem Diademen-Glanze,<lb/> die immer liebenswürdige Kaiſerin und Franzöſin<lb/> ſein, entzückend in Toilettenkünſten, Intriguen, brilli¬<lb/> rend von Esprit in der Converſation, bezaubernd die<lb/> Herzen durch ihr weiches Herz, wenn er zuſchlagen<lb/> muß, ihm in den Arm fallend: Ach thu's doch lieber<lb/> nicht! Was iſt ſie ihm? — Eine Laſt, die er ab¬<lb/> ſtreifen muß. Er muß, ſage ich, wenn er vorwärts<lb/> will, und er kann es, es kommt nur darauf an, ob<lb/> er Muth hat es zu wollen.“</p><lb/> <p>„Mein Kopf ſchwindelt.“</p><lb/> <p>„Traf dies Loos nicht auch ſolche, die er wahr¬<lb/> haft liebte? Und er vernichtete ſie, <hi rendition="#g">weil</hi> er ſie liebte.“</p><lb/> <p>„Ich verſtehe ſie nicht.“</p><lb/> <p>„Jene graubärtigen Krieger, ſeine Veteranen,<lb/> die Säulen ſeines Ruhmes, die ihm nach Afrika<lb/> gefolgt. Im Sonnenbrande der ſyriſchen Wüſten<lb/> war ſeine Miſſion erfüllt, er huldigte nicht der Thor¬<lb/> heit, ein romantiſcher Alexander ſein zu wollen, er<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. 16<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [241/0251]
der Ebenbürtigkeit Einer dem Andern ausſtellen. Dieſe
Liebe bedarf keiner Beſiegelung durch Lieder, Be¬
theuerung und Schwüre. Sie iſt da von ſelbſt. Die
Geiſter wie die Blicke brauchen ſich nur zu finden,
und im Moment iſt der Bund geſchloſſen, ohne
Worte.“
Die Geheimräthin ſeufzte: „Das iſt eine Vor¬
ſtellung, erhaben wie die Ewigkeit!“
„Und nun, frage ich, herrſcht zwiſchen ihm und
ihr ein ſolcher Bund? Begreift ſie ihn nur? Freilich
möchte ſie ſich ſonnen in ſeinem Diademen-Glanze,
die immer liebenswürdige Kaiſerin und Franzöſin
ſein, entzückend in Toilettenkünſten, Intriguen, brilli¬
rend von Esprit in der Converſation, bezaubernd die
Herzen durch ihr weiches Herz, wenn er zuſchlagen
muß, ihm in den Arm fallend: Ach thu's doch lieber
nicht! Was iſt ſie ihm? — Eine Laſt, die er ab¬
ſtreifen muß. Er muß, ſage ich, wenn er vorwärts
will, und er kann es, es kommt nur darauf an, ob
er Muth hat es zu wollen.“
„Mein Kopf ſchwindelt.“
„Traf dies Loos nicht auch ſolche, die er wahr¬
haft liebte? Und er vernichtete ſie, weil er ſie liebte.“
„Ich verſtehe ſie nicht.“
„Jene graubärtigen Krieger, ſeine Veteranen,
die Säulen ſeines Ruhmes, die ihm nach Afrika
gefolgt. Im Sonnenbrande der ſyriſchen Wüſten
war ſeine Miſſion erfüllt, er huldigte nicht der Thor¬
heit, ein romantiſcher Alexander ſein zu wollen, er
II. 16
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