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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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sie schlug, ohne zu zaudern ein, und beide mußten
vergessen haben, daß sie eingeschlagen hatten, denn
als er in seiner Rede fortfuhr, blieben die Hände
noch immer auf dem Tisch.

"Das Schrecklichste hat sich nun erfüllt, das
Schicksal der Atriden liegt wie ein wüster Traum im
Hintergrunde. Ein sonst edler Jüngling, der den
letzten Blutschlag gethan, Orestes ist der Träger des
Fluches. Er wird von den züngelnden Furien ge¬
peitscht, die nur in der Nähe des Heiligthums, wo
der reine Gedanke, der Geist des Gottes herrscht,
vor dem Zerrissenen weichen. Er ist geflohen von
der Blutstätte, von den heimathlichen Gestaden, wo
jeder Stein an die Geschichte seiner Ahnen mahnt,
über Meere und Berge. Aber wie der Psalmist sagt,
und nähme er Flügel der Morgenröthe und flöge
an's äußerste Meer, die Erinnyen folgen ihm. Da
tritt Iphigenia auf, die, zum Opfer bestimmt, die
Göttin schon früh mit gnädiger Hand aus dem
Gräuelhause forttrug und zur Priesterin sich weihte.
Sie ist das außerordentliche Weib, das den Fluch
ihrer Geburt überwunden hat. Selbst längst entsühnt,
ist sie bestimmt als versöhnende Priesterin zu walten.
Schon hat die Macht der reinen, edlen Weiblichkeit
sogar die Sitte der Barbaren gemildert und Thoas
muß von ihr sagen:

-- es fehlt, seitdem du bei uns wohnst,
Und eines frommen Gastes Recht genießest,
An Segen nicht, der uns von oben kommt.

ſie ſchlug, ohne zu zaudern ein, und beide mußten
vergeſſen haben, daß ſie eingeſchlagen hatten, denn
als er in ſeiner Rede fortfuhr, blieben die Hände
noch immer auf dem Tiſch.

„Das Schrecklichſte hat ſich nun erfüllt, das
Schickſal der Atriden liegt wie ein wüſter Traum im
Hintergrunde. Ein ſonſt edler Jüngling, der den
letzten Blutſchlag gethan, Oreſtes iſt der Träger des
Fluches. Er wird von den züngelnden Furien ge¬
peitſcht, die nur in der Nähe des Heiligthums, wo
der reine Gedanke, der Geiſt des Gottes herrſcht,
vor dem Zerriſſenen weichen. Er iſt geflohen von
der Blutſtätte, von den heimathlichen Geſtaden, wo
jeder Stein an die Geſchichte ſeiner Ahnen mahnt,
über Meere und Berge. Aber wie der Pſalmiſt ſagt,
und nähme er Flügel der Morgenröthe und flöge
an's äußerſte Meer, die Erinnyen folgen ihm. Da
tritt Iphigenia auf, die, zum Opfer beſtimmt, die
Göttin ſchon früh mit gnädiger Hand aus dem
Gräuelhauſe forttrug und zur Prieſterin ſich weihte.
Sie iſt das außerordentliche Weib, das den Fluch
ihrer Geburt überwunden hat. Selbſt längſt entſühnt,
iſt ſie beſtimmt als verſöhnende Prieſterin zu walten.
Schon hat die Macht der reinen, edlen Weiblichkeit
ſogar die Sitte der Barbaren gemildert und Thoas
muß von ihr ſagen:

— es fehlt, ſeitdem du bei uns wohnſt,
Und eines frommen Gaſtes Recht genießeſt,
An Segen nicht, der uns von oben kommt.
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[221/0231] ſie ſchlug, ohne zu zaudern ein, und beide mußten vergeſſen haben, daß ſie eingeſchlagen hatten, denn als er in ſeiner Rede fortfuhr, blieben die Hände noch immer auf dem Tiſch. „Das Schrecklichſte hat ſich nun erfüllt, das Schickſal der Atriden liegt wie ein wüſter Traum im Hintergrunde. Ein ſonſt edler Jüngling, der den letzten Blutſchlag gethan, Oreſtes iſt der Träger des Fluches. Er wird von den züngelnden Furien ge¬ peitſcht, die nur in der Nähe des Heiligthums, wo der reine Gedanke, der Geiſt des Gottes herrſcht, vor dem Zerriſſenen weichen. Er iſt geflohen von der Blutſtätte, von den heimathlichen Geſtaden, wo jeder Stein an die Geſchichte ſeiner Ahnen mahnt, über Meere und Berge. Aber wie der Pſalmiſt ſagt, und nähme er Flügel der Morgenröthe und flöge an's äußerſte Meer, die Erinnyen folgen ihm. Da tritt Iphigenia auf, die, zum Opfer beſtimmt, die Göttin ſchon früh mit gnädiger Hand aus dem Gräuelhauſe forttrug und zur Prieſterin ſich weihte. Sie iſt das außerordentliche Weib, das den Fluch ihrer Geburt überwunden hat. Selbſt längſt entſühnt, iſt ſie beſtimmt als verſöhnende Prieſterin zu walten. Schon hat die Macht der reinen, edlen Weiblichkeit ſogar die Sitte der Barbaren gemildert und Thoas muß von ihr ſagen: — es fehlt, ſeitdem du bei uns wohnſt, Und eines frommen Gaſtes Recht genießeſt, An Segen nicht, der uns von oben kommt.

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/231>, abgerufen am 29.11.2024.