dann schluchzend, ohnmächtig in unsre Arme sinkt, verspricht sie uns freilich, es soll das letzte Mal ge¬ wesen sein, aber -- vielleicht wird es ein Mal das letzte Mal sein. -- Bietet denn eines Mannes Brust eine so unerschöpfliche Höhle für das Rachegefühl, daß er nie vergeben kann, und einer Frau, einer schönen Frau? Sie hat Sie beleidigt, ja, das geben wir zu, aus Uebermuth gekränkt, aber das Herz des Weibes gehört den Impulsen. Was wären wir, wenn wir ihnen nicht mehr gehorchten! -- Damit Sie es denn wissen, ja dies Gefühl, Sie gekränkt zu haben, ist es, was an ihrem zarten Dasein nagt, diese Vor¬ würfe, die krampfhaft ihre Brust durchschütteln, die sie im Schlaf aufschreien lassen, die Wermuth in den Becher der Freude träufeln. Und das könnte ein Mann ruhig ansehn, und sich durch die Qualen, die er einer Frau bereitet, geschmeichelt fühlen! -- Nein, mein Herr, es kämpft noch immer mit mir der Gedanke, daß unter diesem brüsken, zur Schau getragenen Affront -- ein andres Gefühl sich nur gewaltsame Selbsttäuschung erheuchelt! -- Ich wiederhole meine Bitte, besinnen Sie sich, nehmen Sie Urlaub; ent¬ fernen Sie sich einige Zeit aus Berlin. Die Zeit heilt viele Wunden. Es ist alles vorbereitet; man wird Ihnen bereitwillig Urlaub ertheilen. Auch wenn Sie augenblicklich der Mittel entbehrten, soll dafür gesorgt werden. Es gilt ja das Glück einer der edelsten Seelen. -- Bleiben Sie aber doch dann, dann -- nein ich lasse es mir nicht abstreiten,
dann ſchluchzend, ohnmächtig in unſre Arme ſinkt, verſpricht ſie uns freilich, es ſoll das letzte Mal ge¬ weſen ſein, aber — vielleicht wird es ein Mal das letzte Mal ſein. — Bietet denn eines Mannes Bruſt eine ſo unerſchöpfliche Höhle für das Rachegefühl, daß er nie vergeben kann, und einer Frau, einer ſchönen Frau? Sie hat Sie beleidigt, ja, das geben wir zu, aus Uebermuth gekränkt, aber das Herz des Weibes gehört den Impulſen. Was wären wir, wenn wir ihnen nicht mehr gehorchten! — Damit Sie es denn wiſſen, ja dies Gefühl, Sie gekränkt zu haben, iſt es, was an ihrem zarten Daſein nagt, dieſe Vor¬ würfe, die krampfhaft ihre Bruſt durchſchütteln, die ſie im Schlaf aufſchreien laſſen, die Wermuth in den Becher der Freude träufeln. Und das könnte ein Mann ruhig anſehn, und ſich durch die Qualen, die er einer Frau bereitet, geſchmeichelt fühlen! — Nein, mein Herr, es kämpft noch immer mit mir der Gedanke, daß unter dieſem brüsken, zur Schau getragenen Affront — ein andres Gefühl ſich nur gewaltſame Selbſttäuſchung erheuchelt! — Ich wiederhole meine Bitte, beſinnen Sie ſich, nehmen Sie Urlaub; ent¬ fernen Sie ſich einige Zeit aus Berlin. Die Zeit heilt viele Wunden. Es iſt alles vorbereitet; man wird Ihnen bereitwillig Urlaub ertheilen. Auch wenn Sie augenblicklich der Mittel entbehrten, ſoll dafür geſorgt werden. Es gilt ja das Glück einer der edelſten Seelen. — Bleiben Sie aber doch dann, dann — nein ich laſſe es mir nicht abſtreiten,
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[200/0210]
dann ſchluchzend, ohnmächtig in unſre Arme ſinkt,
verſpricht ſie uns freilich, es ſoll das letzte Mal ge¬
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letzte Mal ſein. — Bietet denn eines Mannes Bruſt
eine ſo unerſchöpfliche Höhle für das Rachegefühl,
daß er nie vergeben kann, und einer Frau, einer
ſchönen Frau? Sie hat Sie beleidigt, ja, das geben
wir zu, aus Uebermuth gekränkt, aber das Herz des
Weibes gehört den Impulſen. Was wären wir, wenn
wir ihnen nicht mehr gehorchten! — Damit Sie es
denn wiſſen, ja dies Gefühl, Sie gekränkt zu haben,
iſt es, was an ihrem zarten Daſein nagt, dieſe Vor¬
würfe, die krampfhaft ihre Bruſt durchſchütteln, die
ſie im Schlaf aufſchreien laſſen, die Wermuth in den
Becher der Freude träufeln. Und das könnte ein
Mann ruhig anſehn, und ſich durch die Qualen, die
er einer Frau bereitet, geſchmeichelt fühlen! — Nein,
mein Herr, es kämpft noch immer mit mir der Gedanke,
daß unter dieſem brüsken, zur Schau getragenen
Affront — ein andres Gefühl ſich nur gewaltſame
Selbſttäuſchung erheuchelt! — Ich wiederhole meine
Bitte, beſinnen Sie ſich, nehmen Sie Urlaub; ent¬
fernen Sie ſich einige Zeit aus Berlin. Die Zeit
heilt viele Wunden. Es iſt alles vorbereitet; man
wird Ihnen bereitwillig Urlaub ertheilen. Auch wenn
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/210>, abgerufen am 05.12.2024.
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