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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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würde niederdrückt. Unter Hand- und Spanndiensten
für den Edelmann, gemessenen und ungemessenen
Frohnen, ohne Selbstgefühl, Freiheitsgefühl, ohne
Eigenthum, ohne Liebe zur Scholle, an die er ge¬
fesselt, ohne Sicherheit für die Vortheile, welche sein
Fleiß erringt, wie soll da das heiligste Gefühl, die
aufopfernde Liebe fürs große Vaterland erstarken!""
-- Was hast Du denn mit den Gefühlen der Bauern
zu thun?"

"Unsre Gefühle werden darin dieselben sein!"

"Wir machten uns wenigstens beide über Iff¬
lands tugendhafte Bauern lustig."

"Ich rede von unserm realen Bauernstande."

"Wahrhaftig! rief Louis weiterblätternd. Willst
Du ein Thomas Münzer, oder ein Grache werden."

"Wir brauchen nicht so weit zurückzublättern.
Was gab Frankreich die Elasticität! Was schaffte ihm
gegen diese Masse Alliirter eine solche Allianz von
Jugendkraft, von Muth, Begeisterung, Material, als
die Freigebung aller Arbeitskräfte. Nur dadurch, daß
es alle Bann-Stapel-Zunftfesseln sprengte, daß es
dem Landmann den Boden zurückgab, den der Fleiß
seiner Arme durch Jahrhunderte erworben, daß es
ihm Rechte gab, wo er nur Pflichten gekannt, ward
ein solches kampffreudiges Heer aus der Erde gezau¬
bert, nur dadurch ward es möglich, daß das junge
Frankreich einer Welt von Feinden siegreich wider¬
stand. Und was hat uns in der Rheincampagne,
was Oestreich in so vielen Kriegen, was sie alle

würde niederdrückt. Unter Hand- und Spanndienſten
für den Edelmann, gemeſſenen und ungemeſſenen
Frohnen, ohne Selbſtgefühl, Freiheitsgefühl, ohne
Eigenthum, ohne Liebe zur Scholle, an die er ge¬
feſſelt, ohne Sicherheit für die Vortheile, welche ſein
Fleiß erringt, wie ſoll da das heiligſte Gefühl, die
aufopfernde Liebe fürs große Vaterland erſtarken!““
— Was haſt Du denn mit den Gefühlen der Bauern
zu thun?“

„Unſre Gefühle werden darin dieſelben ſein!“

„Wir machten uns wenigſtens beide über Iff¬
lands tugendhafte Bauern luſtig.“

„Ich rede von unſerm realen Bauernſtande.“

„Wahrhaftig! rief Louis weiterblätternd. Willſt
Du ein Thomas Münzer, oder ein Grache werden.“

„Wir brauchen nicht ſo weit zurückzublättern.
Was gab Frankreich die Elaſticität! Was ſchaffte ihm
gegen dieſe Maſſe Alliirter eine ſolche Allianz von
Jugendkraft, von Muth, Begeiſterung, Material, als
die Freigebung aller Arbeitskräfte. Nur dadurch, daß
es alle Bann-Stapel-Zunftfeſſeln ſprengte, daß es
dem Landmann den Boden zurückgab, den der Fleiß
ſeiner Arme durch Jahrhunderte erworben, daß es
ihm Rechte gab, wo er nur Pflichten gekannt, ward
ein ſolches kampffreudiges Heer aus der Erde gezau¬
bert, nur dadurch ward es möglich, daß das junge
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[175/0185] würde niederdrückt. Unter Hand- und Spanndienſten für den Edelmann, gemeſſenen und ungemeſſenen Frohnen, ohne Selbſtgefühl, Freiheitsgefühl, ohne Eigenthum, ohne Liebe zur Scholle, an die er ge¬ feſſelt, ohne Sicherheit für die Vortheile, welche ſein Fleiß erringt, wie ſoll da das heiligſte Gefühl, die aufopfernde Liebe fürs große Vaterland erſtarken!““ — Was haſt Du denn mit den Gefühlen der Bauern zu thun?“ „Unſre Gefühle werden darin dieſelben ſein!“ „Wir machten uns wenigſtens beide über Iff¬ lands tugendhafte Bauern luſtig.“ „Ich rede von unſerm realen Bauernſtande.“ „Wahrhaftig! rief Louis weiterblätternd. Willſt Du ein Thomas Münzer, oder ein Grache werden.“ „Wir brauchen nicht ſo weit zurückzublättern. Was gab Frankreich die Elaſticität! Was ſchaffte ihm gegen dieſe Maſſe Alliirter eine ſolche Allianz von Jugendkraft, von Muth, Begeiſterung, Material, als die Freigebung aller Arbeitskräfte. Nur dadurch, daß es alle Bann-Stapel-Zunftfeſſeln ſprengte, daß es dem Landmann den Boden zurückgab, den der Fleiß ſeiner Arme durch Jahrhunderte erworben, daß es ihm Rechte gab, wo er nur Pflichten gekannt, ward ein ſolches kampffreudiges Heer aus der Erde gezau¬ bert, nur dadurch ward es möglich, daß das junge Frankreich einer Welt von Feinden ſiegreich wider¬ ſtand. Und was hat uns in der Rheincampagne, was Oeſtreich in ſo vielen Kriegen, was ſie alle

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/185>, abgerufen am 26.11.2024.