Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

trefflich sei er noch nie gebacken. Das benutzte Ihre
Majestät, und der König lächelte ihr auch mit der
liebenswürdigsten Laune zu, aber eben so liebens¬
würdig schüttelten Sie den Kopf und sagten: Herr
Jean Paul mag ein sehr guter Romanschreiber sein,
aber darum ist er noch kein guter Domherr."

"Hat Ihre Majestät nicht Lafontaines Beispiel
eingewandt? Der hat doch auf ihre Vorstellung die
Präbende erhalten."

"Ihre Majestät sind zu klug, um nach solcher
Erklärung noch ein Mal anzufangen. Und es giebt
wichtigeres zu bitten."

"Der arme Jean Paul also gänzlich aufge¬
geben?"

"Für Berlin verloren. Ich wollte Sie nur aver¬
tiren. Noch weiß Niemand hier davon. Sie thun
also gut, liebe Frau, die Sache auch zu ignoriren.
Die Verehrung für den Dichter hängt mit der Auf¬
merksamkeit zusammen, die ihm der Hof erzeigt. Er¬
fahren Sie, daß der ihn aufgiebt, ist der Lustre fort."

"Nein, es gilt nichts mehr," sagte die Geheim¬
räthin bitter.

"Es thut mir nur um Sie leid, aufrichtig, meine
liebe Geheimräthin. So viel Embarras! Sie würden
die Gesellschaft auch nicht gegeben haben, wenn Sie
das voraus gewußt. Adieu et au revoir!"

"Jean Paul kommt!" ging ein Gemurmel durch
die Zimmer.

Die Geheimräthin meinte, der Legationsrath

trefflich ſei er noch nie gebacken. Das benutzte Ihre
Majeſtät, und der König lächelte ihr auch mit der
liebenswürdigſten Laune zu, aber eben ſo liebens¬
würdig ſchüttelten Sie den Kopf und ſagten: Herr
Jean Paul mag ein ſehr guter Romanſchreiber ſein,
aber darum iſt er noch kein guter Domherr.“

„Hat Ihre Majeſtät nicht Lafontaines Beiſpiel
eingewandt? Der hat doch auf ihre Vorſtellung die
Präbende erhalten.“

„Ihre Majeſtät ſind zu klug, um nach ſolcher
Erklärung noch ein Mal anzufangen. Und es giebt
wichtigeres zu bitten.“

„Der arme Jean Paul alſo gänzlich aufge¬
geben?“

„Für Berlin verloren. Ich wollte Sie nur aver¬
tiren. Noch weiß Niemand hier davon. Sie thun
alſo gut, liebe Frau, die Sache auch zu ignoriren.
Die Verehrung für den Dichter hängt mit der Auf¬
merkſamkeit zuſammen, die ihm der Hof erzeigt. Er¬
fahren Sie, daß der ihn aufgiebt, iſt der Luſtre fort.“

„Nein, es gilt nichts mehr,“ ſagte die Geheim¬
räthin bitter.

„Es thut mir nur um Sie leid, aufrichtig, meine
liebe Geheimräthin. So viel Embarras! Sie würden
die Geſellſchaft auch nicht gegeben haben, wenn Sie
das voraus gewußt. Adieu et au revoir!“

„Jean Paul kommt!“ ging ein Gemurmel durch
die Zimmer.

Die Geheimräthin meinte, der Legationsrath

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="138"/>
trefflich &#x017F;ei er noch nie gebacken. Das benutzte Ihre<lb/>
Maje&#x017F;tät, und der König lächelte ihr auch mit der<lb/>
liebenswürdig&#x017F;ten Laune zu, aber eben &#x017F;o liebens¬<lb/>
würdig &#x017F;chüttelten Sie den Kopf und &#x017F;agten: Herr<lb/>
Jean Paul mag ein &#x017F;ehr guter Roman&#x017F;chreiber &#x017F;ein,<lb/>
aber darum i&#x017F;t er noch kein guter Domherr.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hat Ihre Maje&#x017F;tät nicht Lafontaines Bei&#x017F;piel<lb/>
eingewandt? Der hat doch auf ihre Vor&#x017F;tellung die<lb/>
Präbende erhalten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ihre Maje&#x017F;tät &#x017F;ind zu klug, um nach &#x017F;olcher<lb/>
Erklärung noch ein Mal anzufangen. Und es giebt<lb/>
wichtigeres zu bitten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der arme Jean Paul al&#x017F;o gänzlich aufge¬<lb/>
geben?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Für Berlin verloren. Ich wollte Sie nur aver¬<lb/>
tiren. Noch weiß Niemand hier davon. Sie thun<lb/>
al&#x017F;o gut, liebe Frau, die Sache auch zu ignoriren.<lb/>
Die Verehrung für den Dichter hängt mit der Auf¬<lb/>
merk&#x017F;amkeit zu&#x017F;ammen, die ihm der Hof erzeigt. Er¬<lb/>
fahren Sie, daß der ihn aufgiebt, i&#x017F;t der Lu&#x017F;tre fort.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, es gilt nichts mehr,&#x201C; &#x017F;agte die Geheim¬<lb/>
räthin bitter.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es thut mir nur um Sie leid, aufrichtig, meine<lb/>
liebe Geheimräthin. So viel Embarras! Sie würden<lb/>
die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft auch nicht gegeben haben, wenn Sie<lb/>
das voraus gewußt. <hi rendition="#aq">Adieu et au revoir</hi>!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jean Paul kommt!&#x201C; ging ein Gemurmel durch<lb/>
die Zimmer.</p><lb/>
        <p>Die Geheimräthin meinte, der Legationsrath<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0148] trefflich ſei er noch nie gebacken. Das benutzte Ihre Majeſtät, und der König lächelte ihr auch mit der liebenswürdigſten Laune zu, aber eben ſo liebens¬ würdig ſchüttelten Sie den Kopf und ſagten: Herr Jean Paul mag ein ſehr guter Romanſchreiber ſein, aber darum iſt er noch kein guter Domherr.“ „Hat Ihre Majeſtät nicht Lafontaines Beiſpiel eingewandt? Der hat doch auf ihre Vorſtellung die Präbende erhalten.“ „Ihre Majeſtät ſind zu klug, um nach ſolcher Erklärung noch ein Mal anzufangen. Und es giebt wichtigeres zu bitten.“ „Der arme Jean Paul alſo gänzlich aufge¬ geben?“ „Für Berlin verloren. Ich wollte Sie nur aver¬ tiren. Noch weiß Niemand hier davon. Sie thun alſo gut, liebe Frau, die Sache auch zu ignoriren. Die Verehrung für den Dichter hängt mit der Auf¬ merkſamkeit zuſammen, die ihm der Hof erzeigt. Er¬ fahren Sie, daß der ihn aufgiebt, iſt der Luſtre fort.“ „Nein, es gilt nichts mehr,“ ſagte die Geheim¬ räthin bitter. „Es thut mir nur um Sie leid, aufrichtig, meine liebe Geheimräthin. So viel Embarras! Sie würden die Geſellſchaft auch nicht gegeben haben, wenn Sie das voraus gewußt. Adieu et au revoir!“ „Jean Paul kommt!“ ging ein Gemurmel durch die Zimmer. Die Geheimräthin meinte, der Legationsrath

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/148
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/148>, abgerufen am 23.11.2024.