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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852.

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"Wer spricht von Jean Paul! Er reitet nicht und
macht nicht Fensterparade."

Die Baronin öffnete ihren schönen Mund, was
ein Zeichen des Erstaunens war, dem die Worte
fehlten, weil eigentlich der Gedanke fehlte. Er drückte
ihre Finger an seine Lippen, und indem er sich mit
ihr erhob, sagte er leise:

"Wenn dies Herz am Altar der Grausamkeit
geopfert hat, so sein Sie wenigstens menschlich grau¬
sam, zeigen sich nicht immer Mittags am Fenster, ihr
Köpfchen zwischen den Balsaminentöpfen. Das nährt
die Hoffnung, die Sie nicht erfüllen können."

"Das thue ich ja immer."

"Und weil er das weiß, reitet er immer vor¬
über."

"Wer? -- Sie meinen doch nicht die Dragoner
und die Gensd'armen, die marschiren immer nach
der Parade durch unsre Straße. Ihre Musik ist gar
zu schön und die Uniformen --"

"Der Dragoner -- und auch der Gensd'armen,"
setzte der Legationsrath mit Betonung hinzu.

"Herr Gott, Sie ängstigen mich, Legationsrath,
wer sieht denn nach mir rauf?"

"Machen Sie eine Badereise. Vielleicht vergißt
er Sie."

"Wer? Wer? Sie Quälgeist!"

Der Legationsrath hielt die schöne Hand noch
immer in seiner, und blickte so sinnig fragend zu ihr
herab: "Sollte das Verstellung sein? Nein, dies

„Wer ſpricht von Jean Paul! Er reitet nicht und
macht nicht Fenſterparade.“

Die Baronin öffnete ihren ſchönen Mund, was
ein Zeichen des Erſtaunens war, dem die Worte
fehlten, weil eigentlich der Gedanke fehlte. Er drückte
ihre Finger an ſeine Lippen, und indem er ſich mit
ihr erhob, ſagte er leiſe:

„Wenn dies Herz am Altar der Grauſamkeit
geopfert hat, ſo ſein Sie wenigſtens menſchlich grau¬
ſam, zeigen ſich nicht immer Mittags am Fenſter, ihr
Köpfchen zwiſchen den Balſaminentöpfen. Das nährt
die Hoffnung, die Sie nicht erfüllen können.“

„Das thue ich ja immer.“

„Und weil er das weiß, reitet er immer vor¬
über.“

„Wer? — Sie meinen doch nicht die Dragoner
und die Gensd'armen, die marſchiren immer nach
der Parade durch unſre Straße. Ihre Muſik iſt gar
zu ſchön und die Uniformen —“

„Der Dragoner — und auch der Gensd'armen,“
ſetzte der Legationsrath mit Betonung hinzu.

„Herr Gott, Sie ängſtigen mich, Legationsrath,
wer ſieht denn nach mir rauf?“

„Machen Sie eine Badereiſe. Vielleicht vergißt
er Sie.“

„Wer? Wer? Sie Quälgeiſt!“

Der Legationsrath hielt die ſchöne Hand noch
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herab: „Sollte das Verſtellung ſein? Nein, dies

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[118/0128] „Wer ſpricht von Jean Paul! Er reitet nicht und macht nicht Fenſterparade.“ Die Baronin öffnete ihren ſchönen Mund, was ein Zeichen des Erſtaunens war, dem die Worte fehlten, weil eigentlich der Gedanke fehlte. Er drückte ihre Finger an ſeine Lippen, und indem er ſich mit ihr erhob, ſagte er leiſe: „Wenn dies Herz am Altar der Grauſamkeit geopfert hat, ſo ſein Sie wenigſtens menſchlich grau¬ ſam, zeigen ſich nicht immer Mittags am Fenſter, ihr Köpfchen zwiſchen den Balſaminentöpfen. Das nährt die Hoffnung, die Sie nicht erfüllen können.“ „Das thue ich ja immer.“ „Und weil er das weiß, reitet er immer vor¬ über.“ „Wer? — Sie meinen doch nicht die Dragoner und die Gensd'armen, die marſchiren immer nach der Parade durch unſre Straße. Ihre Muſik iſt gar zu ſchön und die Uniformen —“ „Der Dragoner — und auch der Gensd'armen,“ ſetzte der Legationsrath mit Betonung hinzu. „Herr Gott, Sie ängſtigen mich, Legationsrath, wer ſieht denn nach mir rauf?“ „Machen Sie eine Badereiſe. Vielleicht vergißt er Sie.“ „Wer? Wer? Sie Quälgeiſt!“ Der Legationsrath hielt die ſchöne Hand noch immer in ſeiner, und blickte ſo ſinnig fragend zu ihr herab: „Sollte das Verſtellung ſein? Nein, dies

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin, 1852, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe02_1852/128>, abgerufen am 23.11.2024.