Eine Thür ging auf, und ein junger Mann trat ein. Sein wild schönes Auge, trüb und wüst, wie eines Trunkenen, der eben aus dem Schlaf er¬ wacht, die Haare verstört. Die Halsbinde hing un¬ geknotet über die Weste, den Rock hatte er nicht nöthig gefunden, anzuziehen. Er blieb auf der Schwelle stehen, und reckte die Arme, um den Schlaf zu ver¬ treiben.
Dies Bild sah Adelheid im Spiegel. Sie blieb athemlos stehen.
Jetzt sah er sie; nur ihre Gestalt in der Wirk¬ lichkeit, ihr Gesicht im Glase. Sein Auge belebte sich, es schoß auch im Spiegel einen Blitz, vor dem sie erschrack.
"Was habt Ihr denn da für eine neue Tugend!"
Rasch mit drei festen Schritten war er vor¬ getreten, und ehe Adelheid ausweichen konnte, hatte er sie umfaßt und wollte sie zu sich umdrehen: "Tu¬ gend, ich will Dir in's Gesicht sehen!"
Achtzehntes Kapitel. Der Sturm bricht los.
Eine Thür ging auf, und ein junger Mann trat ein. Sein wild ſchönes Auge, trüb und wüſt, wie eines Trunkenen, der eben aus dem Schlaf er¬ wacht, die Haare verſtört. Die Halsbinde hing un¬ geknotet über die Weſte, den Rock hatte er nicht nöthig gefunden, anzuziehen. Er blieb auf der Schwelle ſtehen, und reckte die Arme, um den Schlaf zu ver¬ treiben.
Dies Bild ſah Adelheid im Spiegel. Sie blieb athemlos ſtehen.
Jetzt ſah er ſie; nur ihre Geſtalt in der Wirk¬ lichkeit, ihr Geſicht im Glaſe. Sein Auge belebte ſich, es ſchoß auch im Spiegel einen Blitz, vor dem ſie erſchrack.
„Was habt Ihr denn da für eine neue Tugend!“
Raſch mit drei feſten Schritten war er vor¬ getreten, und ehe Adelheid ausweichen konnte, hatte er ſie umfaßt und wollte ſie zu ſich umdrehen: „Tu¬ gend, ich will Dir in's Geſicht ſehen!“
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Achtzehntes Kapitel.
Der Sturm bricht los.
Eine Thür ging auf, und ein junger Mann
trat ein. Sein wild ſchönes Auge, trüb und wüſt,
wie eines Trunkenen, der eben aus dem Schlaf er¬
wacht, die Haare verſtört. Die Halsbinde hing un¬
geknotet über die Weſte, den Rock hatte er nicht nöthig
gefunden, anzuziehen. Er blieb auf der Schwelle
ſtehen, und reckte die Arme, um den Schlaf zu ver¬
treiben.
Dies Bild ſah Adelheid im Spiegel. Sie blieb
athemlos ſtehen.
Jetzt ſah er ſie; nur ihre Geſtalt in der Wirk¬
lichkeit, ihr Geſicht im Glaſe. Sein Auge belebte
ſich, es ſchoß auch im Spiegel einen Blitz, vor dem
ſie erſchrack.
„Was habt Ihr denn da für eine neue Tugend!“
Raſch mit drei feſten Schritten war er vor¬
getreten, und ehe Adelheid ausweichen konnte, hatte
er ſie umfaßt und wollte ſie zu ſich umdrehen: „Tu¬
gend, ich will Dir in's Geſicht ſehen!“
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. [299]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/313>, abgerufen am 21.11.2024.
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