Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

zu lassen. Aber der Kutscher war ein garstiger Mensch.
Er fluchte, um solches Rackerzeug sollte er auch wohl
noch seine Pferde ruiniren. Die gute Obristin wurde
ganz erschrocken, und steckte ihm noch Geld zu, daß
er nur ruhig wäre, denn es wäre ja des Königs
Geburtstag und darauf solle er trinken."

"Unverschämtes Volk!" rief der Kriegsrath, seinen
Stock erhebend.

"O, das ist noch nicht Alles, sagte Adelheid,
kommt nur herein und seht!"

Sie traten in das helle Zimmer. Eine Punsch¬
bowle dampfte über einem Kohlenbecken.

"Das hat alles die Obristin für Euch besorgt,
damit Euch die Erkältung nichts schadet. Die Ka¬
roline mußte selbst zum Kaufmann, die Citronen und
den Rum kaufen, und die Gustel unten kochte das
Wasser, und dann erst gingen sie, und wollten nicht
bleiben, um Euch nicht zu stören. Und so herzliche
Grüße haben sie mir aufgetragen, daß ich sie gar
nicht bestellen kann."

Mann und Frau saßen noch um Mitternacht am
Tisch sich gegenüber, der Kriegsrath in seinem ge¬
blümten Schlafrock und Pantoffeln, die Kriegsräthin
in ihrer Dormeuse. Die Kinder waren längst im Bett,
die Bowle bis auf einen kleinen Rest geleert. Den
goß der Kriegsrath, redlich theilend, in die Gläser:
"Es wird zu viel, Alter!" sagte die Frau.

"Wir müssen doch auf ihre Gesundheit anstoßen!"

Der Mann setzte die Pfeife fort.

zu laſſen. Aber der Kutſcher war ein garſtiger Menſch.
Er fluchte, um ſolches Rackerzeug ſollte er auch wohl
noch ſeine Pferde ruiniren. Die gute Obriſtin wurde
ganz erſchrocken, und ſteckte ihm noch Geld zu, daß
er nur ruhig wäre, denn es wäre ja des Königs
Geburtstag und darauf ſolle er trinken.“

„Unverſchämtes Volk!“ rief der Kriegsrath, ſeinen
Stock erhebend.

„O, das iſt noch nicht Alles, ſagte Adelheid,
kommt nur herein und ſeht!“

Sie traten in das helle Zimmer. Eine Punſch¬
bowle dampfte über einem Kohlenbecken.

„Das hat alles die Obriſtin für Euch beſorgt,
damit Euch die Erkältung nichts ſchadet. Die Ka¬
roline mußte ſelbſt zum Kaufmann, die Citronen und
den Rum kaufen, und die Guſtel unten kochte das
Waſſer, und dann erſt gingen ſie, und wollten nicht
bleiben, um Euch nicht zu ſtören. Und ſo herzliche
Grüße haben ſie mir aufgetragen, daß ich ſie gar
nicht beſtellen kann.“

Mann und Frau ſaßen noch um Mitternacht am
Tiſch ſich gegenüber, der Kriegsrath in ſeinem ge¬
blümten Schlafrock und Pantoffeln, die Kriegsräthin
in ihrer Dormeuſe. Die Kinder waren längſt im Bett,
die Bowle bis auf einen kleinen Reſt geleert. Den
goß der Kriegsrath, redlich theilend, in die Gläſer:
„Es wird zu viel, Alter!“ ſagte die Frau.

„Wir müſſen doch auf ihre Geſundheit anſtoßen!“

Der Mann ſetzte die Pfeife fort.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0215" n="201"/>
zu la&#x017F;&#x017F;en. Aber der Kut&#x017F;cher war ein gar&#x017F;tiger Men&#x017F;ch.<lb/>
Er fluchte, um &#x017F;olches Rackerzeug &#x017F;ollte er auch wohl<lb/>
noch &#x017F;eine Pferde ruiniren. Die gute Obri&#x017F;tin wurde<lb/>
ganz er&#x017F;chrocken, und &#x017F;teckte ihm noch Geld zu, daß<lb/>
er nur ruhig wäre, denn es wäre ja des Königs<lb/>
Geburtstag und darauf &#x017F;olle er trinken.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Unver&#x017F;chämtes Volk!&#x201C; rief der Kriegsrath, &#x017F;einen<lb/>
Stock erhebend.</p><lb/>
        <p>&#x201E;O, das i&#x017F;t noch nicht Alles, &#x017F;agte Adelheid,<lb/>
kommt nur herein und &#x017F;eht!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Sie traten in das helle Zimmer. Eine Pun&#x017F;ch¬<lb/>
bowle dampfte über einem Kohlenbecken.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das hat alles die Obri&#x017F;tin für Euch be&#x017F;orgt,<lb/>
damit Euch die Erkältung nichts &#x017F;chadet. Die Ka¬<lb/>
roline mußte &#x017F;elb&#x017F;t zum Kaufmann, die Citronen und<lb/>
den Rum kaufen, und die Gu&#x017F;tel unten kochte das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, und dann er&#x017F;t gingen &#x017F;ie, und wollten nicht<lb/>
bleiben, um Euch nicht zu &#x017F;tören. Und &#x017F;o herzliche<lb/>
Grüße haben &#x017F;ie mir aufgetragen, daß ich &#x017F;ie gar<lb/>
nicht be&#x017F;tellen kann.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Mann und Frau &#x017F;aßen noch um Mitternacht am<lb/>
Ti&#x017F;ch &#x017F;ich gegenüber, der Kriegsrath in &#x017F;einem ge¬<lb/>
blümten Schlafrock und Pantoffeln, die Kriegsräthin<lb/>
in ihrer Dormeu&#x017F;e. Die Kinder waren läng&#x017F;t im Bett,<lb/>
die Bowle bis auf einen kleinen Re&#x017F;t geleert. Den<lb/>
goß der Kriegsrath, redlich theilend, in die Glä&#x017F;er:<lb/>
&#x201E;Es wird zu viel, Alter!&#x201C; &#x017F;agte die Frau.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir mü&#x017F;&#x017F;en doch auf ihre Ge&#x017F;undheit an&#x017F;toßen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Mann &#x017F;etzte die Pfeife fort.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0215] zu laſſen. Aber der Kutſcher war ein garſtiger Menſch. Er fluchte, um ſolches Rackerzeug ſollte er auch wohl noch ſeine Pferde ruiniren. Die gute Obriſtin wurde ganz erſchrocken, und ſteckte ihm noch Geld zu, daß er nur ruhig wäre, denn es wäre ja des Königs Geburtstag und darauf ſolle er trinken.“ „Unverſchämtes Volk!“ rief der Kriegsrath, ſeinen Stock erhebend. „O, das iſt noch nicht Alles, ſagte Adelheid, kommt nur herein und ſeht!“ Sie traten in das helle Zimmer. Eine Punſch¬ bowle dampfte über einem Kohlenbecken. „Das hat alles die Obriſtin für Euch beſorgt, damit Euch die Erkältung nichts ſchadet. Die Ka¬ roline mußte ſelbſt zum Kaufmann, die Citronen und den Rum kaufen, und die Guſtel unten kochte das Waſſer, und dann erſt gingen ſie, und wollten nicht bleiben, um Euch nicht zu ſtören. Und ſo herzliche Grüße haben ſie mir aufgetragen, daß ich ſie gar nicht beſtellen kann.“ Mann und Frau ſaßen noch um Mitternacht am Tiſch ſich gegenüber, der Kriegsrath in ſeinem ge¬ blümten Schlafrock und Pantoffeln, die Kriegsräthin in ihrer Dormeuſe. Die Kinder waren längſt im Bett, die Bowle bis auf einen kleinen Reſt geleert. Den goß der Kriegsrath, redlich theilend, in die Gläſer: „Es wird zu viel, Alter!“ ſagte die Frau. „Wir müſſen doch auf ihre Geſundheit anſtoßen!“ Der Mann ſetzte die Pfeife fort.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/215
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/215>, abgerufen am 27.11.2024.