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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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gabe, prachtvoll gedruckt. Und mit einem Wort, es
kam heraus: Der Kaiser hat Lombards Abhandlungen,
weil sie ihm so sehr zusagen, in einer Prachtausgabe
für sich und seine vertrauten Freunde drucken lassen.
Napoleon Bonaparte, sage ich Ihnen, der Genius
des Jahrhunderts, kann sich von Lombards Schriften
nicht trennen, er führt sie mit sich in seinem Feld-
Necessaire, er blättert täglich, er findet Zerstreuung,
Erholung, Erquickung darin, wenn die Sorgen ihn
drücken. Mit französischer Artigkeit bat er ihn um
Entschuldigung wegen des Nachdrucks, den er in
seinem Reiche streng bestrafen würde, denn jeder
Arbeiter müsse die Früchte seiner Arbeit genießen
können. Aber die deutsche Typographie sei noch so
weit zurück, es thue seinen Augen wehe, einen schönen
Gedanken grob auf deutschem Papier zu sehen. Ach,
fügte er hinzu, was könnte aus Deutschland, ich
meine aus Ihrem Preußen werden, wenn ein Genius
die Industrie belebte! Lombard erwiederte in galanter
Weise die Artigkeit: er fühle sich in seinem Interesse
durch den Nachdruck so lädirt, daß er auf eine große
Entschädigung Anspruch mache. Er fordere nicht
weniger als das Exemplar, welches durch des Kaisers
Hand geweiht sei. Ich gebe es ungern, es ist mir
lieb geworden, sagte der Kaiser, aber Sie sind im
Recht, und nun ist es nicht mehr meines. Er hatte
rasch seinen Namen mit einer verbindlichen Zeile
hinein geschrieben."

gabe, prachtvoll gedruckt. Und mit einem Wort, es
kam heraus: Der Kaiſer hat Lombards Abhandlungen,
weil ſie ihm ſo ſehr zuſagen, in einer Prachtausgabe
für ſich und ſeine vertrauten Freunde drucken laſſen.
Napoleon Bonaparte, ſage ich Ihnen, der Genius
des Jahrhunderts, kann ſich von Lombards Schriften
nicht trennen, er führt ſie mit ſich in ſeinem Feld-
Neceſſaire, er blättert täglich, er findet Zerſtreuung,
Erholung, Erquickung darin, wenn die Sorgen ihn
drücken. Mit franzöſiſcher Artigkeit bat er ihn um
Entſchuldigung wegen des Nachdrucks, den er in
ſeinem Reiche ſtreng beſtrafen würde, denn jeder
Arbeiter müſſe die Früchte ſeiner Arbeit genießen
können. Aber die deutſche Typographie ſei noch ſo
weit zurück, es thue ſeinen Augen wehe, einen ſchönen
Gedanken grob auf deutſchem Papier zu ſehen. Ach,
fügte er hinzu, was könnte aus Deutſchland, ich
meine aus Ihrem Preußen werden, wenn ein Genius
die Induſtrie belebte! Lombard erwiederte in galanter
Weiſe die Artigkeit: er fühle ſich in ſeinem Intereſſe
durch den Nachdruck ſo lädirt, daß er auf eine große
Entſchädigung Anſpruch mache. Er fordere nicht
weniger als das Exemplar, welches durch des Kaiſers
Hand geweiht ſei. Ich gebe es ungern, es iſt mir
lieb geworden, ſagte der Kaiſer, aber Sie ſind im
Recht, und nun iſt es nicht mehr meines. Er hatte
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hinein geſchrieben.“

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[89/0103] gabe, prachtvoll gedruckt. Und mit einem Wort, es kam heraus: Der Kaiſer hat Lombards Abhandlungen, weil ſie ihm ſo ſehr zuſagen, in einer Prachtausgabe für ſich und ſeine vertrauten Freunde drucken laſſen. Napoleon Bonaparte, ſage ich Ihnen, der Genius des Jahrhunderts, kann ſich von Lombards Schriften nicht trennen, er führt ſie mit ſich in ſeinem Feld- Neceſſaire, er blättert täglich, er findet Zerſtreuung, Erholung, Erquickung darin, wenn die Sorgen ihn drücken. Mit franzöſiſcher Artigkeit bat er ihn um Entſchuldigung wegen des Nachdrucks, den er in ſeinem Reiche ſtreng beſtrafen würde, denn jeder Arbeiter müſſe die Früchte ſeiner Arbeit genießen können. Aber die deutſche Typographie ſei noch ſo weit zurück, es thue ſeinen Augen wehe, einen ſchönen Gedanken grob auf deutſchem Papier zu ſehen. Ach, fügte er hinzu, was könnte aus Deutſchland, ich meine aus Ihrem Preußen werden, wenn ein Genius die Induſtrie belebte! Lombard erwiederte in galanter Weiſe die Artigkeit: er fühle ſich in ſeinem Intereſſe durch den Nachdruck ſo lädirt, daß er auf eine große Entſchädigung Anſpruch mache. Er fordere nicht weniger als das Exemplar, welches durch des Kaiſers Hand geweiht ſei. Ich gebe es ungern, es iſt mir lieb geworden, ſagte der Kaiſer, aber Sie ſind im Recht, und nun iſt es nicht mehr meines. Er hatte raſch ſeinen Namen mit einer verbindlichen Zeile hinein geſchrieben.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/103>, abgerufen am 06.05.2024.