Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.Der's gethan hat, der kann nicht mehr sprechen. Bei Adelaide stürzte sich über den Sterbenden und Mit steigender Erschöpfung fuhr Barbaroux fort: "Ungeheuer!" schrie Adelaide und sank besinnungs- "Camerad! mir ist recht unwohl. Giebt's keinen Die Sonne, welche jetzt über einer Felsenkuppe Va-
Der’s gethan hat, der kann nicht mehr ſprechen. Bei Adelaide ſtürzte ſich über den Sterbenden und Mit ſteigender Erſchöpfung fuhr Barbaroux fort: „Ungeheuer!“ ſchrie Adelaide und ſank beſinnungs- „Camerad! mir iſt recht unwohl. Giebt’s keinen Die Sonne, welche jetzt über einer Felſenkuppe Va-
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Der’s gethan hat, der kann nicht mehr ſprechen. Bei
Leipzig geht der Pflug eines Bauern über ſeinen Leib.
Meine Wiſſenſchaft ſtieg im Preiſe, aber mit mir iſt’s
nun auch aus.“
Adelaide ſtürzte ſich über den Sterbenden und
faßte mit verzweiflungsvoller Gebehrde ſeine Bruſt, als
wollte ſie noch das letzte Geſtändniß erpreſſen: „Sprich,
ſprich! Wer hat meinen Vater umgebracht? Bei Dei-
ner Seligkeit! redeſt Du Wahrheit?“
Mit ſteigender Erſchöpfung fuhr Barbaroux fort:
„Jhr Vater klopfte ermattet an’s Thor, Jblou nahm
ihn auf und gab ihm den Bruderkuß; aber in der
Nacht — erwürgten ſie ihn im Bette — im Brun-
nen ſchläft er.“
„Ungeheuer!“ ſchrie Adelaide und ſank beſinnungs-
los hin.
„Camerad! mir iſt recht unwohl. Giebt’s keinen
Prieſter in der Nähe, um Meſſe zu leſen — um zu
beten — ein Ave Maria — es kann ja nichts ſcha-
den — ein Paternoſter — Jeſus Maria! — noch nicht,
noch nicht!“
Die Sonne, welche jetzt über einer Felſenkuppe
hervortrat, fand kein Leben in ihm. Es war ein feier-
licher Anblick. Adelaide erholte ſich und ſprach bedeu-
tungsvoll ernſt zu ihrem Begleiter: „Delabelle! nicht
eher werde ich Jhre Gattin, bis ich werth bin meines
Va-
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