"Jhm nach, ihm nach" schrie ich, meiner selbst nicht mehr bewußt, und eine eigene Mordgier trieb mich, in dem dunklen Thale ihm nachzuspringen, hätte mein Gefährte mich nicht am Arm gefaßt, und durch die Worte: "Camerad, Sie werden doch Jhren Posten nicht verlassen?" wieder zur Besinnung gebracht. Mit frischgeladenen Flinten blieben wir ohne zu sprechen, Aug' und Ohr der Stadt zugekehrt, stehen, um schär- fer jeden Nachfolger auf's Korn zu fassen, als hinter uns ein Geräusch sich näherte. Der phlegmatische Un- terofficier kam zur Besichtigung des Postens, und rief uns schon von weitem zu: "Jäger, in Teufels Na- men, was machen Sie denn? Das ganze Lager ist allarmirt von dem Schuß. Sie haben wol auf 'ne Fledermaus losgedrückt? Sonst ist ja nichts zu sehen. Jch komme Jhnen nur zu sagen, daß ich mich verhört habe. Wer kann das vermaledeite Rothwelsch alles behalten, was sie jetzt zur Parole machen. Das Feld- geschrei heißt nicht Bethmann, sondern" -- er buchsta- birte den Namen Bertrand du Guesclin heraus.
Wir blickten uns verwundert an. "Wie konnte er das wissen!" entfuhr im selben Augenblicke unsern Lippen. Jch drang sogleich darauf, abgelöst zu wer- den, und eilte, um dem kommandirenden Officier alles zu melden. Man war über den Vorfall betroffen, das Lager, die umliegenden Büsche wurden durchsucht,
„Jhm nach, ihm nach“ ſchrie ich, meiner ſelbſt nicht mehr bewußt, und eine eigene Mordgier trieb mich, in dem dunklen Thale ihm nachzuſpringen, hätte mein Gefährte mich nicht am Arm gefaßt, und durch die Worte: „Camerad, Sie werden doch Jhren Poſten nicht verlaſſen?“ wieder zur Beſinnung gebracht. Mit friſchgeladenen Flinten blieben wir ohne zu ſprechen, Aug’ und Ohr der Stadt zugekehrt, ſtehen, um ſchär- fer jeden Nachfolger auf’s Korn zu faſſen, als hinter uns ein Geräuſch ſich näherte. Der phlegmatiſche Un- terofficier kam zur Beſichtigung des Poſtens, und rief uns ſchon von weitem zu: „Jäger, in Teufels Na- men, was machen Sie denn? Das ganze Lager iſt allarmirt von dem Schuß. Sie haben wol auf ’ne Fledermaus losgedrückt? Sonſt iſt ja nichts zu ſehen. Jch komme Jhnen nur zu ſagen, daß ich mich verhört habe. Wer kann das vermaledeite Rothwelſch alles behalten, was ſie jetzt zur Parole machen. Das Feld- geſchrei heißt nicht Bethmann, ſondern“ — er buchſta- birte den Namen Bertrand du Guesclin heraus.
Wir blickten uns verwundert an. „Wie konnte er das wiſſen!“ entfuhr im ſelben Augenblicke unſern Lippen. Jch drang ſogleich darauf, abgelöſt zu wer- den, und eilte, um dem kommandirenden Officier alles zu melden. Man war über den Vorfall betroffen, das Lager, die umliegenden Büſche wurden durchſucht,
<TEI><text><body><div><pbfacs="#f0027"/><p>„Jhm nach, ihm nach“ſchrie ich, meiner ſelbſt<lb/>
nicht mehr bewußt, und eine eigene Mordgier trieb<lb/>
mich, in dem dunklen Thale ihm nachzuſpringen, hätte<lb/>
mein Gefährte mich nicht am Arm gefaßt, und durch<lb/>
die Worte: „Camerad, Sie werden doch Jhren Poſten<lb/>
nicht verlaſſen?“ wieder zur Beſinnung gebracht. Mit<lb/>
friſchgeladenen Flinten blieben wir ohne zu ſprechen,<lb/>
Aug’ und Ohr der Stadt zugekehrt, ſtehen, um ſchär-<lb/>
fer jeden Nachfolger auf’s Korn zu faſſen, als hinter<lb/>
uns ein Geräuſch ſich näherte. Der phlegmatiſche Un-<lb/>
terofficier kam zur Beſichtigung des Poſtens, und rief<lb/>
uns ſchon von weitem zu: „Jäger, in Teufels Na-<lb/>
men, was machen Sie denn? Das ganze Lager iſt<lb/>
allarmirt von dem Schuß. Sie haben wol auf ’ne<lb/>
Fledermaus losgedrückt? Sonſt iſt ja nichts zu ſehen.<lb/>
Jch komme Jhnen nur zu ſagen, daß ich mich verhört<lb/>
habe. Wer kann das vermaledeite Rothwelſch alles<lb/>
behalten, was ſie jetzt zur Parole machen. Das Feld-<lb/>
geſchrei heißt nicht Bethmann, ſondern“— er buchſta-<lb/>
birte den Namen Bertrand du Guesclin heraus.</p><lb/><p>Wir blickten uns verwundert an. „Wie konnte<lb/>
er das wiſſen!“ entfuhr im ſelben Augenblicke unſern<lb/>
Lippen. Jch drang ſogleich darauf, abgelöſt zu wer-<lb/>
den, und eilte, um dem kommandirenden Officier alles<lb/>
zu melden. Man war über den Vorfall betroffen,<lb/>
das Lager, die umliegenden Büſche wurden durchſucht,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[0027]
„Jhm nach, ihm nach“ ſchrie ich, meiner ſelbſt
nicht mehr bewußt, und eine eigene Mordgier trieb
mich, in dem dunklen Thale ihm nachzuſpringen, hätte
mein Gefährte mich nicht am Arm gefaßt, und durch
die Worte: „Camerad, Sie werden doch Jhren Poſten
nicht verlaſſen?“ wieder zur Beſinnung gebracht. Mit
friſchgeladenen Flinten blieben wir ohne zu ſprechen,
Aug’ und Ohr der Stadt zugekehrt, ſtehen, um ſchär-
fer jeden Nachfolger auf’s Korn zu faſſen, als hinter
uns ein Geräuſch ſich näherte. Der phlegmatiſche Un-
terofficier kam zur Beſichtigung des Poſtens, und rief
uns ſchon von weitem zu: „Jäger, in Teufels Na-
men, was machen Sie denn? Das ganze Lager iſt
allarmirt von dem Schuß. Sie haben wol auf ’ne
Fledermaus losgedrückt? Sonſt iſt ja nichts zu ſehen.
Jch komme Jhnen nur zu ſagen, daß ich mich verhört
habe. Wer kann das vermaledeite Rothwelſch alles
behalten, was ſie jetzt zur Parole machen. Das Feld-
geſchrei heißt nicht Bethmann, ſondern“ — er buchſta-
birte den Namen Bertrand du Guesclin heraus.
Wir blickten uns verwundert an. „Wie konnte
er das wiſſen!“ entfuhr im ſelben Augenblicke unſern
Lippen. Jch drang ſogleich darauf, abgelöſt zu wer-
den, und eilte, um dem kommandirenden Officier alles
zu melden. Man war über den Vorfall betroffen,
das Lager, die umliegenden Büſche wurden durchſucht,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-07-16T12:57:05Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-07-16T12:57:05Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: nicht übernommen;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: dokumentiert;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: DTABf-getreu;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/27>, abgerufen am 30.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.