dieses Klosters loderte ein großes Feuer, um welches auf Steinhaufen die jeden Augenblick zum Aufbruch rüstige Mannschaft saß. Doch durfte weder das Feuer zu groß, noch das Gespräch zu laut werden, um dem Feinde nicht unsern Aufenthalt zu verrathen. Wer ohne die Umstände zu kennen diesen Anblick belauschte, hätte das dumpfe Gemurmel der in Mänteln verhüll- ten, bewaffneten Männer für die Berathung einer Räuberbande gehalten. Mir war heut besonders un- heimlich in dieser Gesellschaft zu Muthe. Jch gedachte noch immer der wunderbaren Erscheinung, und konnte mich endlich nicht enthalten, meinen Freund aus der Wachtstube herauszuziehen und mit ihm einen stillen Fleck draußen in der frischen Nacht aufzusuchen. Hin- ter dem Kohlgarten des Klosters lag die kleine verfal- lene Kirche. Jhre Zerstörung war nicht unser, sondern das Werk der Revolution. Ein verbleichtes Marien- bild konnte man bei Tage an der Hinterwand erblik- ken. Die Nachtluft hauchte durch die gothischen Fen- sterbogen, und vor uns plätscherte, eingeengt im Gemü- segarten, eine kleine Fontaine ihren dürftigen Wasser- strahl in ein sumpfiges Bassin. Der Ort schien uns zu unsern Herzensergießungen besonders geeignet. Wir setzten uns in die Thürschwelle der Kirche, und ich begann das Gespräch mit der Erzählung des seltsamen Vorfalls.
dieſes Kloſters loderte ein großes Feuer, um welches auf Steinhaufen die jeden Augenblick zum Aufbruch rüſtige Mannſchaft ſaß. Doch durfte weder das Feuer zu groß, noch das Geſpräch zu laut werden, um dem Feinde nicht unſern Aufenthalt zu verrathen. Wer ohne die Umſtände zu kennen dieſen Anblick belauſchte, hätte das dumpfe Gemurmel der in Mänteln verhüll- ten, bewaffneten Männer für die Berathung einer Räuberbande gehalten. Mir war heut beſonders un- heimlich in dieſer Geſellſchaft zu Muthe. Jch gedachte noch immer der wunderbaren Erſcheinung, und konnte mich endlich nicht enthalten, meinen Freund aus der Wachtſtube herauszuziehen und mit ihm einen ſtillen Fleck draußen in der friſchen Nacht aufzuſuchen. Hin- ter dem Kohlgarten des Kloſters lag die kleine verfal- lene Kirche. Jhre Zerſtörung war nicht unſer, ſondern das Werk der Revolution. Ein verbleichtes Marien- bild konnte man bei Tage an der Hinterwand erblik- ken. Die Nachtluft hauchte durch die gothiſchen Fen- ſterbogen, und vor uns plätſcherte, eingeengt im Gemü- ſegarten, eine kleine Fontaine ihren dürftigen Waſſer- ſtrahl in ein ſumpfiges Baſſin. Der Ort ſchien uns zu unſern Herzensergießungen beſonders geeignet. Wir ſetzten uns in die Thürſchwelle der Kirche, und ich begann das Geſpräch mit der Erzählung des ſeltſamen Vorfalls.
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dieſes Kloſters loderte ein großes Feuer, um welches
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rüſtige Mannſchaft ſaß. Doch durfte weder das Feuer
zu groß, noch das Geſpräch zu laut werden, um dem
Feinde nicht unſern Aufenthalt zu verrathen. Wer
ohne die Umſtände zu kennen dieſen Anblick belauſchte,
hätte das dumpfe Gemurmel der in Mänteln verhüll-
ten, bewaffneten Männer für die Berathung einer
Räuberbande gehalten. Mir war heut beſonders un-
heimlich in dieſer Geſellſchaft zu Muthe. Jch gedachte
noch immer der wunderbaren Erſcheinung, und konnte
mich endlich nicht enthalten, meinen Freund aus der
Wachtſtube herauszuziehen und mit ihm einen ſtillen
Fleck draußen in der friſchen Nacht aufzuſuchen. Hin-
ter dem Kohlgarten des Kloſters lag die kleine verfal-
lene Kirche. Jhre Zerſtörung war nicht unſer, ſondern
das Werk der Revolution. Ein verbleichtes Marien-
bild konnte man bei Tage an der Hinterwand erblik-
ken. Die Nachtluft hauchte durch die gothiſchen Fen-
ſterbogen, und vor uns plätſcherte, eingeengt im Gemü-
ſegarten, eine kleine Fontaine ihren dürftigen Waſſer-
ſtrahl in ein ſumpfiges Baſſin. Der Ort ſchien uns
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Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/14>, abgerufen am 07.07.2024.
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