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[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

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Hirnschleiffer.
nach mehrerm biß er etwa in ein vnglück felt/
sich zu todt kümmert/ stirbt vnd an der See-
len verdirbt: O grosse Blindtheit der Kin-
der Adams? welche in dem elend diser ver-
fluchten Welt nit allein vil mühe vnd arbeit
haben/ sonder auch sich in solcher jhrer mühe-
seligkeiten frewen vnd drinn erlustigen. Die
zwölffte Beysitzerin heist Stultitia oder Tor-
heit/ dann was kan närrischer seyn/ als wann
ein reicher Geitzhalß sein Seel in die ver-
damnuß setzet von eines andern wegen? es
heist aber: cum fueris felix semper tibi pro-
ximus esto:
das ist/ wann du reich bist wor-
den/ so thu dir selbst etwas guts. Das wider-
spil thun etliche/ welche/ damit sie jhre Kinder
bereichern mögen/ so fressen sie vbel/ trincken
vbel vnd können nit schlaffen/ vnd verzehren
sich selbst. Sie haben nit allein das tägliche
Fieber/ sonder habens stündlich/ alle nacht/
alle augenblick/ alle Feyrtäg wuchern/ schin-
den/ schaben vnnd sündigen sie von jhrer Kin-
der wegen: Dises tägliche jmmer werende
Fieber richtet den Menschen baldt hin/ dann
es nimbt jm die vrsach deß guten lebens/ nemm-
lich die Speiß/ den Schlaf/ die Ruhe: dann

von

Hirnſchleiffer.
nach mehrerm biß er etwa in ein vngluͤck felt/
ſich zu todt kuͤmmert/ ſtirbt vnd an der See-
len verdirbt: O groſſe Blindtheit der Kin-
der Adams? welche in dem elend diſer ver-
fluchten Welt nit allein vil muͤhe vnd arbeit
haben/ ſonder auch ſich in ſolcher jhrer muͤhe-
ſeligkeiten frewen vnd drinn erluſtigen. Die
zwoͤlffte Beyſitzerin heiſt Stultitia oder Tor-
heit/ dann was kan naͤrꝛiſcher ſeyn/ als wann
ein reicher Geitzhalß ſein Seel in die ver-
damnuß ſetzet von eines andern wegen? es
heiſt aber: cum fueris felix ſemper tibi pro-
ximus eſto:
das iſt/ wann du reich biſt wor-
den/ ſo thu dir ſelbſt etwas guts. Das wider-
ſpil thun etliche/ welche/ damit ſie jhre Kinder
bereichern moͤgen/ ſo freſſen ſie vbel/ trincken
vbel vnd koͤnnen nit ſchlaffen/ vnd verzehren
ſich ſelbſt. Sie haben nit allein das taͤgliche
Fieber/ ſonder habens ſtuͤndlich/ alle nacht/
alle augenblick/ alle Feyrtaͤg wuchern/ ſchin-
den/ ſchaben vnnd ſuͤndigen ſie von jhrer Kin-
der wegen: Diſes taͤgliche jmmer werende
Fieber richtet den Menſchen baldt hin/ dann
es nimbt jm die vrſach deß guten lebens/ nem̃-
lich die Speiß/ den Schlaf/ die Ruhe: dann

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[56/0072] Hirnſchleiffer. nach mehrerm biß er etwa in ein vngluͤck felt/ ſich zu todt kuͤmmert/ ſtirbt vnd an der See- len verdirbt: O groſſe Blindtheit der Kin- der Adams? welche in dem elend diſer ver- fluchten Welt nit allein vil muͤhe vnd arbeit haben/ ſonder auch ſich in ſolcher jhrer muͤhe- ſeligkeiten frewen vnd drinn erluſtigen. Die zwoͤlffte Beyſitzerin heiſt Stultitia oder Tor- heit/ dann was kan naͤrꝛiſcher ſeyn/ als wann ein reicher Geitzhalß ſein Seel in die ver- damnuß ſetzet von eines andern wegen? es heiſt aber: cum fueris felix ſemper tibi pro- ximus eſto: das iſt/ wann du reich biſt wor- den/ ſo thu dir ſelbſt etwas guts. Das wider- ſpil thun etliche/ welche/ damit ſie jhre Kinder bereichern moͤgen/ ſo freſſen ſie vbel/ trincken vbel vnd koͤnnen nit ſchlaffen/ vnd verzehren ſich ſelbſt. Sie haben nit allein das taͤgliche Fieber/ ſonder habens ſtuͤndlich/ alle nacht/ alle augenblick/ alle Feyrtaͤg wuchern/ ſchin- den/ ſchaben vnnd ſuͤndigen ſie von jhrer Kin- der wegen: Diſes taͤgliche jmmer werende Fieber richtet den Menſchen baldt hin/ dann es nimbt jm die vrſach deß guten lebens/ nem̃- lich die Speiß/ den Schlaf/ die Ruhe: dann von

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Zitationshilfe: [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/72>, abgerufen am 25.11.2024.