Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

Bild:
<< vorherige Seite

Hirnschleiffer.
ex solennitate verborum, sonder auß der
rechten gewissen scientz, experientz vnd be-
kantlichen Wercken/ dann sapientis est as-
signare causas & cognoscere rem per cer-
titudinem:
Keiner soll einen andern ohne
gnugsame vnd hochtringende vrsach verach-
ten/ oder jhm einen schaden zufügen/ sonder/
wofern sein boßheit nit offentlich bekandt ist/
soll man jhne für from passiren lassen/ vnd
das jenig/ was zweiflig ist/ zum besten inter-
pretiren
vnd deuten: Es ist vil besser/ es wer-
de offt einer betrogen/ wann er ein gute mei-
nung von einem bösen Menschen hat/ als daß
er selten betrogen werde/ wann er ein böse
mainung von einem frommen hat: Dann
dardurch beschicht manchem zu kurtz/ durch
das erste aber nit. So soll derwegen niemand
in dubio vnd auß verdacht seinen Nechsten
vrtheilen/ dann wer geschwind vrtheilet/ der
sündiget offt/ vnd wird geurtheilt werden.

Ein anderer Discurs.

Sonsten kan die Lehr Catonis: Minime
iudica:
Du sollest nit richten: auff alle vnd

jede

Hirnſchleiffer.
ex ſolennitate verborum, ſonder auß der
rechten gewiſſen ſcientz, experientz vnd be-
kantlichen Wercken/ dann ſapientis eſt aſ-
ſignare cauſas & cognoſcere rem per cer-
titudinem:
Keiner ſoll einen andern ohne
gnugſame vnd hochtringende vrſach verach-
ten/ oder jhm einen ſchaden zufuͤgen/ ſonder/
wofern ſein boßheit nit offentlich bekandt iſt/
ſoll man jhne fuͤr from paſſiren laſſen/ vnd
das jenig/ was zweiflig iſt/ zum beſten inter-
pretiren
vnd deuten: Es iſt vil beſſer/ es wer-
de offt einer betrogen/ wann er ein gute mei-
nung von einem boͤſen Menſchen hat/ als daß
er ſelten betrogen werde/ wann er ein boͤſe
mainung von einem frommen hat: Dann
dardurch beſchicht manchem zu kurtz/ durch
das erſte aber nit. So ſoll derwegen niemand
in dubio vnd auß verdacht ſeinen Nechſten
vrtheilen/ dann wer geſchwind vrtheilet/ der
ſuͤndiget offt/ vnd wird geurtheilt werden.

Ein anderer Diſcurs.

Sonſten kan die Lehr Catonis: Minimè
iudica:
Du ſolleſt nit richten: auff alle vnd

jede
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0636" n="621[620]"/><fw place="top" type="header">Hirn&#x017F;chleiffer.</fw><lb/><hi rendition="#aq">ex &#x017F;olennitate verborum,</hi> &#x017F;onder auß der<lb/>
rechten gewi&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">&#x017F;cientz, experientz</hi> vnd be-<lb/>
kantlichen Wercken/ dann <hi rendition="#aq">&#x017F;apientis e&#x017F;t a&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ignare cau&#x017F;as &amp; cogno&#x017F;cere rem per cer-<lb/>
titudinem:</hi> Keiner &#x017F;oll einen andern ohne<lb/>
gnug&#x017F;ame vnd hochtringende vr&#x017F;ach verach-<lb/>
ten/ oder jhm einen &#x017F;chaden zufu&#x0364;gen/ &#x017F;onder/<lb/>
wofern &#x017F;ein boßheit nit offentlich bekandt i&#x017F;t/<lb/>
&#x017F;oll man jhne fu&#x0364;r from pa&#x017F;&#x017F;iren la&#x017F;&#x017F;en/ vnd<lb/>
das jenig/ was zweiflig i&#x017F;t/ zum be&#x017F;ten <hi rendition="#aq">inter-<lb/>
pretiren</hi> vnd deuten: Es i&#x017F;t vil be&#x017F;&#x017F;er/ es wer-<lb/>
de offt einer betrogen/ wann er ein gute mei-<lb/>
nung von einem bo&#x0364;&#x017F;en Men&#x017F;chen hat/ als daß<lb/>
er &#x017F;elten betrogen werde/ wann er ein bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
mainung von einem frommen hat: Dann<lb/>
dardurch be&#x017F;chicht manchem zu kurtz/ durch<lb/>
das er&#x017F;te aber nit. So &#x017F;oll derwegen niemand<lb/><hi rendition="#aq">in dubio</hi> vnd auß verdacht &#x017F;einen Nech&#x017F;ten<lb/>
vrtheilen/ dann wer ge&#x017F;chwind vrtheilet/ der<lb/>
&#x017F;u&#x0364;ndiget offt/ vnd wird geurtheilt werden.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ein anderer</hi> <hi rendition="#aq">Di&#x017F;curs.</hi> </head><lb/>
          <p>Son&#x017F;ten kan die Lehr <hi rendition="#aq">Catonis: Minimè<lb/>
iudica:</hi> Du &#x017F;olle&#x017F;t nit richten: auff alle vnd<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jede</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[621[620]/0636] Hirnſchleiffer. ex ſolennitate verborum, ſonder auß der rechten gewiſſen ſcientz, experientz vnd be- kantlichen Wercken/ dann ſapientis eſt aſ- ſignare cauſas & cognoſcere rem per cer- titudinem: Keiner ſoll einen andern ohne gnugſame vnd hochtringende vrſach verach- ten/ oder jhm einen ſchaden zufuͤgen/ ſonder/ wofern ſein boßheit nit offentlich bekandt iſt/ ſoll man jhne fuͤr from paſſiren laſſen/ vnd das jenig/ was zweiflig iſt/ zum beſten inter- pretiren vnd deuten: Es iſt vil beſſer/ es wer- de offt einer betrogen/ wann er ein gute mei- nung von einem boͤſen Menſchen hat/ als daß er ſelten betrogen werde/ wann er ein boͤſe mainung von einem frommen hat: Dann dardurch beſchicht manchem zu kurtz/ durch das erſte aber nit. So ſoll derwegen niemand in dubio vnd auß verdacht ſeinen Nechſten vrtheilen/ dann wer geſchwind vrtheilet/ der ſuͤndiget offt/ vnd wird geurtheilt werden. Ein anderer Diſcurs. Sonſten kan die Lehr Catonis: Minimè iudica: Du ſolleſt nit richten: auff alle vnd jede

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/636
Zitationshilfe: [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 621[620]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/636>, abgerufen am 15.09.2024.