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[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

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Hirnschleiffer.
junges Hun hatte stehlen lassen: Nun be-
gab sichs/ daß das Weib widerumb ver-
raiste/ damit derwegen er die noch vbrige
verhandene junge Hüener desto besser ver-
sichern möchte/ so bandt er sie allesambt an
ein Schnur zusammen/ in hoffnung/ der
Raubuogel wurde jhnen nichts thun können:
Aber derselb vberfiel sie vnuersehens/ ergriffe
sie mit den Klawen/ vnd führte sie allesambt
auff einmal hinweg. Weil er sich dann er-
jnnerte/ daß er von wegen eines einigen jun-
gen Huns/ so vbel war tractirt vnd geschlagen
worden/ so besorgte er sich einer noch vil grös-
sern tractation, derwegen wünschte er jhm
vil lieber zu sterben/ denn seines Weibs zorn
abermal zuempfinden. Nun hatte sie in ei-
nem Geschirr etliche Feigen in Hönig vnnd
Zucker eingemacht/ vnnd dem Mann (dessen
fraß vnnd schleckerey jhr täglichs Brot war)
verbotten/ er solte nichts daruon schlecken
oder lecken/ dann es were Gifft darunder
verborgen. Weil dann der Mann nichts
anders suchte vnnd begerte/ als den Todt/
so fraß er die Feigen allesambt hinweg.

Als
O 2

Hirnſchleiffer.
junges Hun hatte ſtehlen laſſen: Nun be-
gab ſichs/ daß das Weib widerumb ver-
raiſte/ damit derwegen er die noch vbrige
verhandene junge Huͤener deſto beſſer ver-
ſichern moͤchte/ ſo bandt er ſie alleſambt an
ein Schnur zuſammen/ in hoffnung/ der
Raubuogel wurde jhnen nichts thun koͤnnen:
Aber derſelb vberfiel ſie vnuerſehens/ ergriffe
ſie mit den Klawen/ vnd fuͤhrte ſie alleſambt
auff einmal hinweg. Weil er ſich dann er-
jnnerte/ daß er von wegen eines einigen jun-
gen Huns/ ſo vbel war tractirt vnd geſchlagen
worden/ ſo beſorgte er ſich einer noch vil groͤſ-
ſern tractation, derwegen wuͤnſchte er jhm
vil lieber zu ſterben/ denn ſeines Weibs zorn
abermal zuempfinden. Nun hatte ſie in ei-
nem Geſchirꝛ etliche Feigen in Hoͤnig vnnd
Zucker eingemacht/ vnnd dem Mann (deſſen
fraß vnnd ſchleckerey jhr taͤglichs Brot war)
verbotten/ er ſolte nichts daruon ſchlecken
oder lecken/ dann es were Gifft darunder
verborgen. Weil dann der Mann nichts
anders ſuchte vnnd begerte/ als den Todt/
ſo fraß er die Feigen alleſambt hinweg.

Als
O 2
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[211/0227] Hirnſchleiffer. junges Hun hatte ſtehlen laſſen: Nun be- gab ſichs/ daß das Weib widerumb ver- raiſte/ damit derwegen er die noch vbrige verhandene junge Huͤener deſto beſſer ver- ſichern moͤchte/ ſo bandt er ſie alleſambt an ein Schnur zuſammen/ in hoffnung/ der Raubuogel wurde jhnen nichts thun koͤnnen: Aber derſelb vberfiel ſie vnuerſehens/ ergriffe ſie mit den Klawen/ vnd fuͤhrte ſie alleſambt auff einmal hinweg. Weil er ſich dann er- jnnerte/ daß er von wegen eines einigen jun- gen Huns/ ſo vbel war tractirt vnd geſchlagen worden/ ſo beſorgte er ſich einer noch vil groͤſ- ſern tractation, derwegen wuͤnſchte er jhm vil lieber zu ſterben/ denn ſeines Weibs zorn abermal zuempfinden. Nun hatte ſie in ei- nem Geſchirꝛ etliche Feigen in Hoͤnig vnnd Zucker eingemacht/ vnnd dem Mann (deſſen fraß vnnd ſchleckerey jhr taͤglichs Brot war) verbotten/ er ſolte nichts daruon ſchlecken oder lecken/ dann es were Gifft darunder verborgen. Weil dann der Mann nichts anders ſuchte vnnd begerte/ als den Todt/ ſo fraß er die Feigen alleſambt hinweg. Als O 2

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Zitationshilfe: [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/227>, abgerufen am 25.11.2024.