Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

Bild:
<< vorherige Seite
Hirnschleiffer.
Anderer Discurs.

Gott ist auch sehr feind den Gleißnern/
das erscheint erstlich auß deme/ daß er die je-
nige Thier verwirfft vnnd für vnrain helt/
welche die Menschen für gut halten: Den
Schwan hat Gott mit schneweissen Federn
vnd einem lieblichen gesang geziert/ vnd dan-
noch ist er von Gott verworffen worden/ kei-
ner andern vrsachen/ als weil sein weiße ge-
stalt nur in den eusserlichen Federn besteht/
dann sein Fleisch ist kohlsch wartz/ vnd ist nur
mit der eusserlichen schönheit vmbgeben.
Hierdurch werden die Heuchler verworffen/
welche nur außwendig ein weisse vnd liebliche
gestalt der tugenten von sich geben/ aber ein
böses lasterhafftiges gemüt haben: Was
kan aber schendlicher seyn als eben das? Die
Zäher seyndt allzeit wolfeil bey jhnen/ dann
wann man vom passion vnd schmertzen Chri-
sti prediget/ so lassen sie einen gantzen Bach
der Zäher auß jhren Augen fliessen: Das
seyndt aber nur eusserliche ding/ dann wann
man jhr Gemüt besihet/ so ist es ein lauter
Stein. Sie erzeigen ein weise gestalt der

Keusch-
H 3
Hirnſchleiffer.
Anderer Diſcurs.

Gott iſt auch ſehr feind den Gleißnern/
das erſcheint erſtlich auß deme/ daß er die je-
nige Thier verwirfft vnnd fuͤr vnrain helt/
welche die Menſchen fuͤr gut halten: Den
Schwan hat Gott mit ſchneweiſſen Federn
vnd einem lieblichen geſang geziert/ vnd dan-
noch iſt er von Gott verworffen worden/ kei-
ner andern vrſachen/ als weil ſein weiße ge-
ſtalt nur in den euſſerlichen Federn beſteht/
dann ſein Fleiſch iſt kohlſch wartz/ vnd iſt nur
mit der euſſerlichen ſchoͤnheit vmbgeben.
Hierdurch werden die Heuchler verworffen/
welche nur außwendig ein weiſſe vnd liebliche
geſtalt der tugenten von ſich geben/ aber ein
boͤſes laſterhafftiges gemuͤt haben: Was
kan aber ſchendlicher ſeyn als eben das? Die
Zaͤher ſeyndt allzeit wolfeil bey jhnen/ dann
wann man vom paſſion vnd ſchmertzen Chri-
ſti prediget/ ſo laſſen ſie einen gantzen Bach
der Zaͤher auß jhren Augen flieſſen: Das
ſeyndt aber nur euſſerliche ding/ dann wann
man jhr Gemuͤt beſihet/ ſo iſt es ein lauter
Stein. Sie erzeigen ein weiſe geſtalt der

Keuſch-
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0133" n="117"/>
        <fw place="top" type="header">Hirn&#x017F;chleiffer.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Anderer</hi> <hi rendition="#aq">Di&#x017F;curs.</hi> </head><lb/>
          <p>Gott i&#x017F;t auch &#x017F;ehr feind den Gleißnern/<lb/>
das er&#x017F;cheint er&#x017F;tlich auß deme/ daß er die je-<lb/>
nige Thier verwirfft vnnd fu&#x0364;r vnrain helt/<lb/>
welche die Men&#x017F;chen fu&#x0364;r gut halten: Den<lb/>
Schwan hat Gott mit &#x017F;chnewei&#x017F;&#x017F;en Federn<lb/>
vnd einem lieblichen ge&#x017F;ang geziert/ vnd dan-<lb/>
noch i&#x017F;t er von Gott verworffen worden/ kei-<lb/>
ner andern vr&#x017F;achen/ als weil &#x017F;ein weiße ge-<lb/>
&#x017F;talt nur in den eu&#x017F;&#x017F;erlichen Federn be&#x017F;teht/<lb/>
dann &#x017F;ein Flei&#x017F;ch i&#x017F;t kohl&#x017F;ch wartz/ vnd i&#x017F;t nur<lb/>
mit der eu&#x017F;&#x017F;erlichen &#x017F;cho&#x0364;nheit vmbgeben.<lb/>
Hierdurch werden die Heuchler verworffen/<lb/>
welche nur außwendig ein wei&#x017F;&#x017F;e vnd liebliche<lb/>
ge&#x017F;talt der tugenten von &#x017F;ich geben/ aber ein<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;es la&#x017F;terhafftiges gemu&#x0364;t haben: Was<lb/>
kan aber &#x017F;chendlicher &#x017F;eyn als eben das? Die<lb/>
Za&#x0364;her &#x017F;eyndt allzeit wolfeil bey jhnen/ dann<lb/>
wann man vom <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;ion</hi> vnd &#x017F;chmertzen Chri-<lb/>
&#x017F;ti prediget/ &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie einen gantzen Bach<lb/>
der Za&#x0364;her auß jhren Augen flie&#x017F;&#x017F;en: Das<lb/>
&#x017F;eyndt aber nur eu&#x017F;&#x017F;erliche ding/ dann wann<lb/>
man jhr Gemu&#x0364;t be&#x017F;ihet/ &#x017F;o i&#x017F;t es ein lauter<lb/>
Stein. Sie erzeigen ein wei&#x017F;e ge&#x017F;talt der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Keu&#x017F;ch-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0133] Hirnſchleiffer. Anderer Diſcurs. Gott iſt auch ſehr feind den Gleißnern/ das erſcheint erſtlich auß deme/ daß er die je- nige Thier verwirfft vnnd fuͤr vnrain helt/ welche die Menſchen fuͤr gut halten: Den Schwan hat Gott mit ſchneweiſſen Federn vnd einem lieblichen geſang geziert/ vnd dan- noch iſt er von Gott verworffen worden/ kei- ner andern vrſachen/ als weil ſein weiße ge- ſtalt nur in den euſſerlichen Federn beſteht/ dann ſein Fleiſch iſt kohlſch wartz/ vnd iſt nur mit der euſſerlichen ſchoͤnheit vmbgeben. Hierdurch werden die Heuchler verworffen/ welche nur außwendig ein weiſſe vnd liebliche geſtalt der tugenten von ſich geben/ aber ein boͤſes laſterhafftiges gemuͤt haben: Was kan aber ſchendlicher ſeyn als eben das? Die Zaͤher ſeyndt allzeit wolfeil bey jhnen/ dann wann man vom paſſion vnd ſchmertzen Chri- ſti prediget/ ſo laſſen ſie einen gantzen Bach der Zaͤher auß jhren Augen flieſſen: Das ſeyndt aber nur euſſerliche ding/ dann wann man jhr Gemuͤt beſihet/ ſo iſt es ein lauter Stein. Sie erzeigen ein weiſe geſtalt der Keuſch- H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/133
Zitationshilfe: [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/133>, abgerufen am 24.11.2024.