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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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Das Kinn ist hinaufgestülpt, der Teint mehr lebhaft als weiss, mit blendenden Farben. Ein schöner runder Arm, eine angenehme, wenn auch nicht kleine Hand, gesunde, gut gereihte Zähne, eine üppige Gestalt, das sind die Schätze, die mir Mutter Natur zum Geschenke gemacht hat."

Madame Roland sagt dann weiter, dass sie wiederholt gemalt und gezeichnet worden sei, dass aber kein Bild einen rechten Begriff ihrer Persönlichkeit gebe, sie sei schwer zu treffen, weil sie mehr Seele als Gesicht, mehr Ausdruck als Züge habe. Ihre Züge belebten sich im Verhältnis zu dem Interesse, das man ihr einflösste, sowie auch im Verhältnis zu dem Geist, den man ihr gegenüber aufwandte. So fand sie sich Dummen gegenüber wie vor den Kopf geschlagen, und hinwiederum Gescheiten gegenüber fand sie ihren Geist immer wieder, glaubte aber meist, es sei das Verdienst dieser Gescheiten und nicht das ihre. Nicht allen Leuten war es gegeben, ihren Wert und ihre Veranlagung zu erkennen. Sie sagt selbst, dass manche sie zehn Jahre kannten, ohne eine Ahnung zu haben, dass sie mehr konnte als eine Addition machen und Hemden nähen. Gegen viele war sie schweigsam, kalt, wenn nicht gar abstossend. Hofmacher mochte sie nicht leiden, sie hasste ebenso die Galanten als sie die Sklaven verachtete, sie verstand es, die Courschneider fein hinauszukomplimentieren.

Vor allem machte sie auf Achtung und Wohlwollen Anspruch, die Bewunderung stand in dritter Linie, sie wollte in erster Linie anerkannt und geliebt sein, das gelang ihr auch bei allen, die das Herz am rechten Fleck hatten.

Auf das Studium der Philosophie, die als die Wissenschaft der Sitten und die Grundlage der Glückseligkeit betrachtet wurde, wendete sie nun allen Fleiss und alle Zeit. Beim Studium der Alten gab sie den Stoikern den Vorzug; sie versuchte, wie diese, den Lehrsatz aufrecht zu halten, dass der Schmerz kein Uebel sei und sie bemühte sich hartnäckig, sich nie von ihm besiegen zu lassen. Ihre Versuche

Das Kinn ist hinaufgestülpt, der Teint mehr lebhaft als weiss, mit blendenden Farben. Ein schöner runder Arm, eine angenehme, wenn auch nicht kleine Hand, gesunde, gut gereihte Zähne, eine üppige Gestalt, das sind die Schätze, die mir Mutter Natur zum Geschenke gemacht hat.“

Madame Roland sagt dann weiter, dass sie wiederholt gemalt und gezeichnet worden sei, dass aber kein Bild einen rechten Begriff ihrer Persönlichkeit gebe, sie sei schwer zu treffen, weil sie mehr Seele als Gesicht, mehr Ausdruck als Züge habe. Ihre Züge belebten sich im Verhältnis zu dem Interesse, das man ihr einflösste, sowie auch im Verhältnis zu dem Geist, den man ihr gegenüber aufwandte. So fand sie sich Dummen gegenüber wie vor den Kopf geschlagen, und hinwiederum Gescheiten gegenüber fand sie ihren Geist immer wieder, glaubte aber meist, es sei das Verdienst dieser Gescheiten und nicht das ihre. Nicht allen Leuten war es gegeben, ihren Wert und ihre Veranlagung zu erkennen. Sie sagt selbst, dass manche sie zehn Jahre kannten, ohne eine Ahnung zu haben, dass sie mehr konnte als eine Addition machen und Hemden nähen. Gegen viele war sie schweigsam, kalt, wenn nicht gar abstossend. Hofmacher mochte sie nicht leiden, sie hasste ebenso die Galanten als sie die Sklaven verachtete, sie verstand es, die Courschneider fein hinauszukomplimentieren.

Vor allem machte sie auf Achtung und Wohlwollen Anspruch, die Bewunderung stand in dritter Linie, sie wollte in erster Linie anerkannt und geliebt sein, das gelang ihr auch bei allen, die das Herz am rechten Fleck hatten.

Auf das Studium der Philosophie, die als die Wissenschaft der Sitten und die Grundlage der Glückseligkeit betrachtet wurde, wendete sie nun allen Fleiss und alle Zeit. Beim Studium der Alten gab sie den Stoikern den Vorzug; sie versuchte, wie diese, den Lehrsatz aufrecht zu halten, dass der Schmerz kein Uebel sei und sie bemühte sich hartnäckig, sich nie von ihm besiegen zu lassen. Ihre Versuche

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        <p>Madame Roland sagt dann weiter, dass sie wiederholt gemalt und gezeichnet worden sei, dass aber kein Bild einen rechten Begriff ihrer Persönlichkeit gebe, sie sei schwer zu treffen, weil sie mehr Seele als Gesicht, mehr Ausdruck als Züge habe. Ihre Züge belebten sich im Verhältnis zu dem Interesse, das man ihr einflösste, sowie auch im Verhältnis zu dem Geist, den man ihr gegenüber aufwandte. So fand sie sich Dummen gegenüber wie vor den Kopf geschlagen, und hinwiederum Gescheiten gegenüber fand sie ihren Geist immer wieder, glaubte aber meist, es sei das Verdienst dieser Gescheiten und nicht das ihre. Nicht allen Leuten war es gegeben, ihren Wert und ihre Veranlagung zu erkennen. Sie sagt selbst, dass manche sie zehn Jahre kannten, ohne eine Ahnung zu haben, dass sie mehr konnte als eine Addition machen und Hemden nähen. Gegen viele war sie schweigsam, kalt, wenn nicht gar abstossend. Hofmacher mochte sie nicht leiden, sie hasste ebenso die Galanten als sie die Sklaven verachtete, sie verstand es, die Courschneider fein hinauszukomplimentieren.</p>
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[72/0091] Das Kinn ist hinaufgestülpt, der Teint mehr lebhaft als weiss, mit blendenden Farben. Ein schöner runder Arm, eine angenehme, wenn auch nicht kleine Hand, gesunde, gut gereihte Zähne, eine üppige Gestalt, das sind die Schätze, die mir Mutter Natur zum Geschenke gemacht hat.“ Madame Roland sagt dann weiter, dass sie wiederholt gemalt und gezeichnet worden sei, dass aber kein Bild einen rechten Begriff ihrer Persönlichkeit gebe, sie sei schwer zu treffen, weil sie mehr Seele als Gesicht, mehr Ausdruck als Züge habe. Ihre Züge belebten sich im Verhältnis zu dem Interesse, das man ihr einflösste, sowie auch im Verhältnis zu dem Geist, den man ihr gegenüber aufwandte. So fand sie sich Dummen gegenüber wie vor den Kopf geschlagen, und hinwiederum Gescheiten gegenüber fand sie ihren Geist immer wieder, glaubte aber meist, es sei das Verdienst dieser Gescheiten und nicht das ihre. Nicht allen Leuten war es gegeben, ihren Wert und ihre Veranlagung zu erkennen. Sie sagt selbst, dass manche sie zehn Jahre kannten, ohne eine Ahnung zu haben, dass sie mehr konnte als eine Addition machen und Hemden nähen. Gegen viele war sie schweigsam, kalt, wenn nicht gar abstossend. Hofmacher mochte sie nicht leiden, sie hasste ebenso die Galanten als sie die Sklaven verachtete, sie verstand es, die Courschneider fein hinauszukomplimentieren. Vor allem machte sie auf Achtung und Wohlwollen Anspruch, die Bewunderung stand in dritter Linie, sie wollte in erster Linie anerkannt und geliebt sein, das gelang ihr auch bei allen, die das Herz am rechten Fleck hatten. Auf das Studium der Philosophie, die als die Wissenschaft der Sitten und die Grundlage der Glückseligkeit betrachtet wurde, wendete sie nun allen Fleiss und alle Zeit. Beim Studium der Alten gab sie den Stoikern den Vorzug; sie versuchte, wie diese, den Lehrsatz aufrecht zu halten, dass der Schmerz kein Uebel sei und sie bemühte sich hartnäckig, sich nie von ihm besiegen zu lassen. Ihre Versuche

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/91>, abgerufen am 24.11.2024.