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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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in der Nähe von London, wo sie heiraten sollten. Theroigne verliess sich auf seine Ehrenhaftigkeit und seinen Zartsinn. Da er von Adel war und bei seiner Grossjährigkeit 10.000 Louisd'or Louis d'or Rente zu erwarten hatte, war er genötigt, sich seiner Familie gegenüber Rücksichten aufzuerlegen, da diese sicherlich nicht gleichgültig zugesehen hätte, dass er ein mittelloses Mädchen zur Frau nehmen wollte. Aber der junge Mann liebte Theroigne so innig, dass er allen Hindernissen zum Trotz sie auf der Stelle geheiratet hätte, wenn sie es gefordert hätte, aber wie alle Liebenden dachte sie nicht an die Zukunft und lebte nur dem Augenblick.

Die Zeit verging und mit dem Eintritt seiner Grossjährigkeit, da er über ein grosses Vermögen verfügen konnte, war gleichzeitig auch Theroignes Glück verschwunden. Er war von da an nicht mehr derselbe für sie.

Er schenkte Theroigne 200.000 Livres und führte sie nach Paris, wo er eine Zeitlang mit ihr blieb. Nun stürzte er sich dort in Ausschweifungen aller Art, Theroigne grämte sich derart darüber, dass sie krank wurde. Er schien davon empfindsam berührt. Vielleicht wäre es ihr gelungen, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen, doch verfügte er zu seinem Unglück über ein allzugrosses Vermögen und hatte eine Gesellschaft von entarteten Geschöpfen um sich, die alles taten, um ihn zu sich hinunter zu ziehen. Nach und nach verlor er immer mehr seine gute Eigenschaften und sank von Stufe zu Stufe; trotzdem liebte ihn Theroigne immer noch und bot Alles auf ihn von Paris loszureissen. Sie hoffte, ihn, einmal aus den Händen seiner niedrigen und ehrlosen Freunde und Maitressen befreit, dazu zu bringen, seine früheren guten Sitten wieder anzunehmen. Es gelang Theroigne ihn zu bewegen, mit ihr nach England zurückzukehren, sie drang in so selbstloser Weise darauf, diesen für ihn so gefährlichen Ort rasch zu verlassen, dass sie alles stehen und liegen liess, ihre Möbeln nicht verkaufte und ihr Vermögen in fremden Händen zurücklassen musste.

in der Nähe von London, wo sie heiraten sollten. Théroigne verliess sich auf seine Ehrenhaftigkeit und seinen Zartsinn. Da er von Adel war und bei seiner Grossjährigkeit 10.000 Louisd’or Louis d’or Rente zu erwarten hatte, war er genötigt, sich seiner Familie gegenüber Rücksichten aufzuerlegen, da diese sicherlich nicht gleichgültig zugesehen hätte, dass er ein mittelloses Mädchen zur Frau nehmen wollte. Aber der junge Mann liebte Théroigne so innig, dass er allen Hindernissen zum Trotz sie auf der Stelle geheiratet hätte, wenn sie es gefordert hätte, aber wie alle Liebenden dachte sie nicht an die Zukunft und lebte nur dem Augenblick.

Die Zeit verging und mit dem Eintritt seiner Grossjährigkeit, da er über ein grosses Vermögen verfügen konnte, war gleichzeitig auch Théroignes Glück verschwunden. Er war von da an nicht mehr derselbe für sie.

Er schenkte Théroigne 200.000 Livres und führte sie nach Paris, wo er eine Zeitlang mit ihr blieb. Nun stürzte er sich dort in Ausschweifungen aller Art, Théroigne grämte sich derart darüber, dass sie krank wurde. Er schien davon empfindsam berührt. Vielleicht wäre es ihr gelungen, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen, doch verfügte er zu seinem Unglück über ein allzugrosses Vermögen und hatte eine Gesellschaft von entarteten Geschöpfen um sich, die alles taten, um ihn zu sich hinunter zu ziehen. Nach und nach verlor er immer mehr seine gute Eigenschaften und sank von Stufe zu Stufe; trotzdem liebte ihn Théroigne immer noch und bot Alles auf ihn von Paris loszureissen. Sie hoffte, ihn, einmal aus den Händen seiner niedrigen und ehrlosen Freunde und Maitressen befreit, dazu zu bringen, seine früheren guten Sitten wieder anzunehmen. Es gelang Théroigne ihn zu bewegen, mit ihr nach England zurückzukehren, sie drang in so selbstloser Weise darauf, diesen für ihn so gefährlichen Ort rasch zu verlassen, dass sie alles stehen und liegen liess, ihre Möbeln nicht verkaufte und ihr Vermögen in fremden Händen zurücklassen musste.

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[14/0031] in der Nähe von London, wo sie heiraten sollten. Théroigne verliess sich auf seine Ehrenhaftigkeit und seinen Zartsinn. Da er von Adel war und bei seiner Grossjährigkeit 10.000 Louisd’or Louis d’or Rente zu erwarten hatte, war er genötigt, sich seiner Familie gegenüber Rücksichten aufzuerlegen, da diese sicherlich nicht gleichgültig zugesehen hätte, dass er ein mittelloses Mädchen zur Frau nehmen wollte. Aber der junge Mann liebte Théroigne so innig, dass er allen Hindernissen zum Trotz sie auf der Stelle geheiratet hätte, wenn sie es gefordert hätte, aber wie alle Liebenden dachte sie nicht an die Zukunft und lebte nur dem Augenblick. Die Zeit verging und mit dem Eintritt seiner Grossjährigkeit, da er über ein grosses Vermögen verfügen konnte, war gleichzeitig auch Théroignes Glück verschwunden. Er war von da an nicht mehr derselbe für sie. Er schenkte Théroigne 200.000 Livres und führte sie nach Paris, wo er eine Zeitlang mit ihr blieb. Nun stürzte er sich dort in Ausschweifungen aller Art, Théroigne grämte sich derart darüber, dass sie krank wurde. Er schien davon empfindsam berührt. Vielleicht wäre es ihr gelungen, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen, doch verfügte er zu seinem Unglück über ein allzugrosses Vermögen und hatte eine Gesellschaft von entarteten Geschöpfen um sich, die alles taten, um ihn zu sich hinunter zu ziehen. Nach und nach verlor er immer mehr seine gute Eigenschaften und sank von Stufe zu Stufe; trotzdem liebte ihn Théroigne immer noch und bot Alles auf ihn von Paris loszureissen. Sie hoffte, ihn, einmal aus den Händen seiner niedrigen und ehrlosen Freunde und Maitressen befreit, dazu zu bringen, seine früheren guten Sitten wieder anzunehmen. Es gelang Théroigne ihn zu bewegen, mit ihr nach England zurückzukehren, sie drang in so selbstloser Weise darauf, diesen für ihn so gefährlichen Ort rasch zu verlassen, dass sie alles stehen und liegen liess, ihre Möbeln nicht verkaufte und ihr Vermögen in fremden Händen zurücklassen musste.

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/31>, abgerufen am 18.04.2024.