Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

Bild:
<< vorherige Seite

der andere Fauriel, der Polizeibeamter unter Fouche war. Es gibt Briefe Madame Condorcets an diese beiden Männer, worin sich ihre Leidenschaft deutlich verrät, dabei ist sie aber immer auf das bedacht, was den Geliebten angenehm sein könnte, sie rückt ihre Person und ihre Wünsche immer in den Hintergrund. Mit Fauriel knüpfte sie eine jener Verbindungen an, die das XVIII. Jahrhundert zuliess, ohne dass man daran dachte, es einer Kritik zu unterziehen. Man betrachtete diese Art von Verbindung als morganatische Ehe.

Mailla-Garat hatte, während seines Verhältnisses mit Madame de Condorcet, Madame Coigny kennen gelernt, dieselbe, die Andre Chenier unter dem Namen "Jeanne Captive" verewigt hat. Mailla-Garat verliebte sich in sie und verliess um ihretwillen Madame de Condorcet. Trotzdem blieb ihm Madame de Condorcet eine treue Freundin, die ihn bat, immer und zu jeder Zeit eingedenk zu bleiben, dass ihm ihre Freundschaft sicher sei.

Sie zeigte immer, bei allen grossen und kleinen Ereignissen, dass sie eine Frau war, die über Tausende ihres Geschlechtes emporragte, sie kannte nicht kleinliche Empfindeleien, sie war fern von jener albernen, so leicht verletzbaren Eitelkeit. Sie konnte es sogar so weit bringen, mit Madame de Coigny freundschaftlich zu verkehren, ohne im geringsten heucheln zu müssen.

Als sie ein Jahr nach der Trennung von Mailla-Garat Fauriel kennen lernte, hoffte sie den Traum von Glück, der so schnöde unterbrochen worden, mit ihm fortsetzen zu können!

Aber auch in diesem Menschen hatte sie sich getäuscht. Als sie starb, war er der wenigst Betrübte ihrer Umgebung. Sie hatte ihm ihre Liebe geschenkt, er verdankte ihr die Behaglichkeit seines Daseins; aber das Eine verstand er nicht zu schätzen, an das Andere hatte er sich so rasch gewöhnt, dass er bald vergass, wem er es verdankte! Er war rasch über ihren Verlust getröstet. Als er starb, stand

der andere Fauriel, der Polizeibeamter unter Fouché war. Es gibt Briefe Madame Condorcets an diese beiden Männer, worin sich ihre Leidenschaft deutlich verrät, dabei ist sie aber immer auf das bedacht, was den Geliebten angenehm sein könnte, sie rückt ihre Person und ihre Wünsche immer in den Hintergrund. Mit Fauriel knüpfte sie eine jener Verbindungen an, die das XVIII. Jahrhundert zuliess, ohne dass man daran dachte, es einer Kritik zu unterziehen. Man betrachtete diese Art von Verbindung als morganatische Ehe.

Mailla-Garat hatte, während seines Verhältnisses mit Madame de Condorcet, Madame Coigny kennen gelernt, dieselbe, die André Chénier unter dem Namen „Jeanne Captive“ verewigt hat. Mailla-Garat verliebte sich in sie und verliess um ihretwillen Madame de Condorcet. Trotzdem blieb ihm Madame de Condorcet eine treue Freundin, die ihn bat, immer und zu jeder Zeit eingedenk zu bleiben, dass ihm ihre Freundschaft sicher sei.

Sie zeigte immer, bei allen grossen und kleinen Ereignissen, dass sie eine Frau war, die über Tausende ihres Geschlechtes emporragte, sie kannte nicht kleinliche Empfindeleien, sie war fern von jener albernen, so leicht verletzbaren Eitelkeit. Sie konnte es sogar so weit bringen, mit Madame de Coigny freundschaftlich zu verkehren, ohne im geringsten heucheln zu müssen.

Als sie ein Jahr nach der Trennung von Mailla-Garat Fauriel kennen lernte, hoffte sie den Traum von Glück, der so schnöde unterbrochen worden, mit ihm fortsetzen zu können!

Aber auch in diesem Menschen hatte sie sich getäuscht. Als sie starb, war er der wenigst Betrübte ihrer Umgebung. Sie hatte ihm ihre Liebe geschenkt, er verdankte ihr die Behaglichkeit seines Daseins; aber das Eine verstand er nicht zu schätzen, an das Andere hatte er sich so rasch gewöhnt, dass er bald vergass, wem er es verdankte! Er war rasch über ihren Verlust getröstet. Als er starb, stand

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0265" n="241"/>
der andere Fauriel, der Polizeibeamter unter Fouché war. Es gibt Briefe Madame Condorcets an diese beiden Männer, worin sich ihre Leidenschaft deutlich verrät, dabei ist sie aber immer auf das bedacht, was den Geliebten angenehm sein könnte, sie rückt ihre Person und ihre Wünsche immer in den Hintergrund. Mit Fauriel knüpfte sie eine jener Verbindungen an, die das XVIII. Jahrhundert zuliess, ohne dass man daran dachte, es einer Kritik zu unterziehen. Man betrachtete diese Art von Verbindung als morganatische Ehe.</p>
        <p>Mailla-Garat hatte, während seines Verhältnisses mit Madame de Condorcet, Madame Coigny kennen gelernt, dieselbe, die André Chénier unter dem Namen &#x201E;Jeanne Captive&#x201C; verewigt hat. Mailla-Garat verliebte sich in sie und verliess um ihretwillen Madame de Condorcet. Trotzdem blieb ihm Madame de Condorcet eine treue Freundin, die ihn bat, immer und zu jeder Zeit eingedenk zu bleiben, dass ihm ihre Freundschaft sicher sei.</p>
        <p>Sie zeigte immer, bei allen grossen und kleinen Ereignissen, dass sie eine Frau war, die über Tausende ihres Geschlechtes emporragte, sie kannte nicht kleinliche Empfindeleien, sie war fern von jener albernen, so leicht verletzbaren Eitelkeit. Sie konnte es sogar so weit bringen, mit Madame de Coigny freundschaftlich zu verkehren, ohne im geringsten heucheln zu müssen.</p>
        <p>Als sie ein Jahr nach der Trennung von Mailla-Garat Fauriel kennen lernte, hoffte sie den Traum von Glück, der so schnöde unterbrochen worden, mit ihm fortsetzen zu können!</p>
        <p>Aber auch in diesem Menschen hatte sie sich getäuscht. Als sie starb, war er der wenigst Betrübte ihrer Umgebung. Sie hatte ihm ihre Liebe geschenkt, er verdankte ihr die Behaglichkeit seines Daseins; aber das Eine verstand er nicht zu schätzen, an das Andere hatte er sich so rasch gewöhnt, dass er bald vergass, wem er es verdankte! Er war rasch über ihren Verlust getröstet. Als er starb, stand
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0265] der andere Fauriel, der Polizeibeamter unter Fouché war. Es gibt Briefe Madame Condorcets an diese beiden Männer, worin sich ihre Leidenschaft deutlich verrät, dabei ist sie aber immer auf das bedacht, was den Geliebten angenehm sein könnte, sie rückt ihre Person und ihre Wünsche immer in den Hintergrund. Mit Fauriel knüpfte sie eine jener Verbindungen an, die das XVIII. Jahrhundert zuliess, ohne dass man daran dachte, es einer Kritik zu unterziehen. Man betrachtete diese Art von Verbindung als morganatische Ehe. Mailla-Garat hatte, während seines Verhältnisses mit Madame de Condorcet, Madame Coigny kennen gelernt, dieselbe, die André Chénier unter dem Namen „Jeanne Captive“ verewigt hat. Mailla-Garat verliebte sich in sie und verliess um ihretwillen Madame de Condorcet. Trotzdem blieb ihm Madame de Condorcet eine treue Freundin, die ihn bat, immer und zu jeder Zeit eingedenk zu bleiben, dass ihm ihre Freundschaft sicher sei. Sie zeigte immer, bei allen grossen und kleinen Ereignissen, dass sie eine Frau war, die über Tausende ihres Geschlechtes emporragte, sie kannte nicht kleinliche Empfindeleien, sie war fern von jener albernen, so leicht verletzbaren Eitelkeit. Sie konnte es sogar so weit bringen, mit Madame de Coigny freundschaftlich zu verkehren, ohne im geringsten heucheln zu müssen. Als sie ein Jahr nach der Trennung von Mailla-Garat Fauriel kennen lernte, hoffte sie den Traum von Glück, der so schnöde unterbrochen worden, mit ihm fortsetzen zu können! Aber auch in diesem Menschen hatte sie sich getäuscht. Als sie starb, war er der wenigst Betrübte ihrer Umgebung. Sie hatte ihm ihre Liebe geschenkt, er verdankte ihr die Behaglichkeit seines Daseins; aber das Eine verstand er nicht zu schätzen, an das Andere hatte er sich so rasch gewöhnt, dass er bald vergass, wem er es verdankte! Er war rasch über ihren Verlust getröstet. Als er starb, stand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-02-11T11:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-11T11:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-02-11T11:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/265
Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/265>, abgerufen am 10.05.2024.