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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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daran, seinen Mitbürgern eine Darlegung über seine Prinzipien und seines Vorgehens als Volksmann zu geben. Er entwarf nur wenige Zeilen. Er wollte dreissig Jahre, die er in nützlicher Arbeit verbracht hatte, wie auch diese Unzahl von Schriften, in denen man ihn seit der Revolution alle, der Freiheit entgegengesetzte Institutionen unablässig hat angreifen gesehen, durcharbeiten. Aber beim Anblick all dieser sprechenden Beweise seiner Rechtschaffenheit gab er eine unnötige Rechtfertigung auf.

Möge dieses beweinenswerte Beispiel des für das Vaterland für die Sache der Freiheit und des Fortschrittes des menschlichen Geistes verloren gegangenen Talentes, ein segensreiches Bedauern, zum Wohle der Oeffentlichkeit, hervorrufen. Möge dieser Tod, der dazu beitragen wird diese Epoche der Geschichte zu charakterisieren, eine unerschütterliche Achtung vor dem Rechte einflössen, dessen Verletzung diesen Tod herbeigeführt hat.

Das ist die einzige Huldigung, würdig des Weisen, der im Angesicht des Todes, in Ruhe über die Verbesserung der Lage seiner Mitmenschen nachsann. Das ist der einzige Trost, den jene empfinden können, die Gegenstand seiner Zuneigung waren, und die seine Tugend ganz gekannt haben.

Nach und nach gelangte Madame de Condorcet wieder in den Besitz ihres Eigentums.

1795 besuchte Napoleon I., der damals noch General Bonaparte hiess, Madame Condorcet. Er sagte ihr unter anderem: "Ich liebe es nicht, dass die Frauen sich in Politik mischen," worauf ihm Madame de Condorcet folgende geistreiche Antwort gab: "Sie haben Recht, General, aber in einem Lande, wo man ihnen die Köpfe abschneidet, ist es begreiflich, dass sie Lust bekommen zu wissen, warum dies geschieht."

Noch zweimal empfand das liebebedürftige Herz dieser ausgezeichneten Frau grosse Leidenschaft, leider verstanden beide männer, das Glück nicht zu schätzen, von ihr geliebt zu werden. Der erste war der Volksredner Mailla-Garat,

daran, seinen Mitbürgern eine Darlegung über seine Prinzipien und seines Vorgehens als Volksmann zu geben. Er entwarf nur wenige Zeilen. Er wollte dreissig Jahre, die er in nützlicher Arbeit verbracht hatte, wie auch diese Unzahl von Schriften, in denen man ihn seit der Revolution alle, der Freiheit entgegengesetzte Institutionen unablässig hat angreifen gesehen, durcharbeiten. Aber beim Anblick all dieser sprechenden Beweise seiner Rechtschaffenheit gab er eine unnötige Rechtfertigung auf.

Möge dieses beweinenswerte Beispiel des für das Vaterland für die Sache der Freiheit und des Fortschrittes des menschlichen Geistes verloren gegangenen Talentes, ein segensreiches Bedauern, zum Wohle der Oeffentlichkeit, hervorrufen. Möge dieser Tod, der dazu beitragen wird diese Epoche der Geschichte zu charakterisieren, eine unerschütterliche Achtung vor dem Rechte einflössen, dessen Verletzung diesen Tod herbeigeführt hat.

Das ist die einzige Huldigung, würdig des Weisen, der im Angesicht des Todes, in Ruhe über die Verbesserung der Lage seiner Mitmenschen nachsann. Das ist der einzige Trost, den jene empfinden können, die Gegenstand seiner Zuneigung waren, und die seine Tugend ganz gekannt haben.

Nach und nach gelangte Madame de Condorcet wieder in den Besitz ihres Eigentums.

1795 besuchte Napoleon I., der damals noch General Bonaparte hiess, Madame Condorcet. Er sagte ihr unter anderem: „Ich liebe es nicht, dass die Frauen sich in Politik mischen,“ worauf ihm Madame de Condorcet folgende geistreiche Antwort gab: „Sie haben Recht, General, aber in einem Lande, wo man ihnen die Köpfe abschneidet, ist es begreiflich, dass sie Lust bekommen zu wissen, warum dies geschieht.“

Noch zweimal empfand das liebebedürftige Herz dieser ausgezeichneten Frau grosse Leidenschaft, leider verstanden beide männer, das Glück nicht zu schätzen, von ihr geliebt zu werden. Der erste war der Volksredner Mailla-Garat,

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[240/0264] daran, seinen Mitbürgern eine Darlegung über seine Prinzipien und seines Vorgehens als Volksmann zu geben. Er entwarf nur wenige Zeilen. Er wollte dreissig Jahre, die er in nützlicher Arbeit verbracht hatte, wie auch diese Unzahl von Schriften, in denen man ihn seit der Revolution alle, der Freiheit entgegengesetzte Institutionen unablässig hat angreifen gesehen, durcharbeiten. Aber beim Anblick all dieser sprechenden Beweise seiner Rechtschaffenheit gab er eine unnötige Rechtfertigung auf. Möge dieses beweinenswerte Beispiel des für das Vaterland für die Sache der Freiheit und des Fortschrittes des menschlichen Geistes verloren gegangenen Talentes, ein segensreiches Bedauern, zum Wohle der Oeffentlichkeit, hervorrufen. Möge dieser Tod, der dazu beitragen wird diese Epoche der Geschichte zu charakterisieren, eine unerschütterliche Achtung vor dem Rechte einflössen, dessen Verletzung diesen Tod herbeigeführt hat. Das ist die einzige Huldigung, würdig des Weisen, der im Angesicht des Todes, in Ruhe über die Verbesserung der Lage seiner Mitmenschen nachsann. Das ist der einzige Trost, den jene empfinden können, die Gegenstand seiner Zuneigung waren, und die seine Tugend ganz gekannt haben. Nach und nach gelangte Madame de Condorcet wieder in den Besitz ihres Eigentums. 1795 besuchte Napoleon I., der damals noch General Bonaparte hiess, Madame Condorcet. Er sagte ihr unter anderem: „Ich liebe es nicht, dass die Frauen sich in Politik mischen,“ worauf ihm Madame de Condorcet folgende geistreiche Antwort gab: „Sie haben Recht, General, aber in einem Lande, wo man ihnen die Köpfe abschneidet, ist es begreiflich, dass sie Lust bekommen zu wissen, warum dies geschieht.“ Noch zweimal empfand das liebebedürftige Herz dieser ausgezeichneten Frau grosse Leidenschaft, leider verstanden beide männer, das Glück nicht zu schätzen, von ihr geliebt zu werden. Der erste war der Volksredner Mailla-Garat,

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/264>, abgerufen am 10.05.2024.