Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.Zeit kam wo es für die Vornehmen nicht gut war, in Frankreich zu bleiben, wanderte er mit andern aus und willigte im Einvernehmen mit seiner Frau in die Scheidung. Sie war weit davon entfernt, die aristokratischen Ansichten des Marquis zu teilen. Therese war in ihrer jugendlichen Leidenschaft rasch im Erfassen jeglichen Zaubers, der die Gedanken begeistert; sie wendete sich zum Volke und zu seiner plötzlichen Macht. Sie hatte bald nur mehr Augen für Bürgertugend, vaterländische Auszeichungen, die der republikanischen Begeisterung zugestanden wurden, Eichenkränze, die dem zuerkannt wurden, der sich ums Vaterland verdient gemacht hatte, oder für eine Inschrift auf die Gedenksäule für brüderliche Nächstenliebe, für die Hintansetzung persönlicher Interessen gegenüber dem Allgemeinwohl. Wir lassen hier einen Auszug aus einer bemerkenswerten Adresse folgen, den die Marquise von Fontenay am 5. Floreal des Jahres II an den Konvent gerichtet hat: "Bürger, Volksvertreter! Da die Moral mehr denn je auf der Tagesordnung Ihrer grossen Beratungen steht, da jede der Parteien, die Sie zu Boden schlagen, Sie mit neuer Kraft zu dieser so furchtbaren Wahrheit zurückführt, dass die Tugend der Lebensinhalt der Republiken ist, und dass die guten Sitten das zusammenhalten sollen, was die Volkseinrichtungen geschaffen haben, hat man nicht Recht zu glauben, dass sich ihr Augenmerk mit einem eifrigen Interesse auf jenen Teil des menschlichen Geschlechtes richten wird, der einen so grossen Einfluss ausübt? Wehe den Frauen, die die schöne Bestimmung verkennend, zu der sie berufen sind, den absurden Ehrgeiz heucheln würden, sich die Vorrechte der Männer aneignen zu wollen, um sich von ihren eigenen Pflichten zu befreien, und auf diese Weise der Tugenden ihres Geschlechtes verlustig zu werden, ohne die des andern Teiles sich aneignen zu können. Aber wäre es nicht auch ein Unglück, wenn sie im Namen der Natur an der Ausübung jener politischen Rechte Zeit kam wo es für die Vornehmen nicht gut war, in Frankreich zu bleiben, wanderte er mit andern aus und willigte im Einvernehmen mit seiner Frau in die Scheidung. Sie war weit davon entfernt, die aristokratischen Ansichten des Marquis zu teilen. Thérèse war in ihrer jugendlichen Leidenschaft rasch im Erfassen jeglichen Zaubers, der die Gedanken begeistert; sie wendete sich zum Volke und zu seiner plötzlichen Macht. Sie hatte bald nur mehr Augen für Bürgertugend, vaterländische Auszeichungen, die der republikanischen Begeisterung zugestanden wurden, Eichenkränze, die dem zuerkannt wurden, der sich ums Vaterland verdient gemacht hatte, oder für eine Inschrift auf die Gedenksäule für brüderliche Nächstenliebe, für die Hintansetzung persönlicher Interessen gegenüber dem Allgemeinwohl. Wir lassen hier einen Auszug aus einer bemerkenswerten Adresse folgen, den die Marquise von Fontenay am 5. Floréal des Jahres II an den Konvent gerichtet hat: „Bürger, Volksvertreter! Da die Moral mehr denn je auf der Tagesordnung Ihrer grossen Beratungen steht, da jede der Parteien, die Sie zu Boden schlagen, Sie mit neuer Kraft zu dieser so furchtbaren Wahrheit zurückführt, dass die Tugend der Lebensinhalt der Republiken ist, und dass die guten Sitten das zusammenhalten sollen, was die Volkseinrichtungen geschaffen haben, hat man nicht Recht zu glauben, dass sich ihr Augenmerk mit einem eifrigen Interesse auf jenen Teil des menschlichen Geschlechtes richten wird, der einen so grossen Einfluss ausübt? Wehe den Frauen, die die schöne Bestimmung verkennend, zu der sie berufen sind, den absurden Ehrgeiz heucheln würden, sich die Vorrechte der Männer aneignen zu wollen, um sich von ihren eigenen Pflichten zu befreien, und auf diese Weise der Tugenden ihres Geschlechtes verlustig zu werden, ohne die des andern Teiles sich aneignen zu können. Aber wäre es nicht auch ein Unglück, wenn sie im Namen der Natur an der Ausübung jener politischen Rechte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0238" n="215"/> Zeit kam wo es für die Vornehmen nicht gut war, in Frankreich zu bleiben, wanderte er mit andern aus und willigte im Einvernehmen mit seiner Frau in die Scheidung.</p> <p>Sie war weit davon entfernt, die aristokratischen Ansichten des Marquis zu teilen. Thérèse war in ihrer jugendlichen Leidenschaft rasch im Erfassen jeglichen Zaubers, der die Gedanken begeistert; sie wendete sich zum Volke und zu seiner plötzlichen Macht. Sie hatte bald nur mehr Augen für Bürgertugend, vaterländische Auszeichungen, die der republikanischen Begeisterung zugestanden wurden, Eichenkränze, die dem zuerkannt wurden, der sich ums Vaterland verdient gemacht hatte, oder für eine Inschrift auf die Gedenksäule für brüderliche Nächstenliebe, für die Hintansetzung persönlicher Interessen gegenüber dem Allgemeinwohl.</p> <p>Wir lassen hier einen Auszug aus einer bemerkenswerten Adresse folgen, den die Marquise von Fontenay am 5. Floréal des Jahres II an den Konvent gerichtet hat: „Bürger, Volksvertreter! Da die Moral mehr denn je auf der Tagesordnung Ihrer grossen Beratungen steht, da jede der Parteien, die Sie zu Boden schlagen, Sie mit neuer Kraft zu dieser so furchtbaren Wahrheit zurückführt, dass die Tugend der Lebensinhalt der Republiken ist, und dass die guten Sitten das zusammenhalten sollen, was die Volkseinrichtungen geschaffen haben, hat man nicht Recht zu glauben, dass sich ihr Augenmerk mit einem eifrigen Interesse auf jenen Teil des menschlichen Geschlechtes richten wird, der einen so grossen Einfluss ausübt? Wehe den Frauen, die die schöne Bestimmung verkennend, zu der sie berufen sind, den absurden Ehrgeiz heucheln würden, sich die Vorrechte der Männer aneignen zu wollen, um sich von ihren eigenen Pflichten zu befreien, und auf diese Weise der Tugenden ihres Geschlechtes verlustig zu werden, ohne die des andern Teiles sich aneignen zu können.</p> <p>Aber wäre es nicht auch ein Unglück, wenn sie im Namen der Natur an der Ausübung jener politischen Rechte </p> </div> </body> </text> </TEI> [215/0238]
Zeit kam wo es für die Vornehmen nicht gut war, in Frankreich zu bleiben, wanderte er mit andern aus und willigte im Einvernehmen mit seiner Frau in die Scheidung.
Sie war weit davon entfernt, die aristokratischen Ansichten des Marquis zu teilen. Thérèse war in ihrer jugendlichen Leidenschaft rasch im Erfassen jeglichen Zaubers, der die Gedanken begeistert; sie wendete sich zum Volke und zu seiner plötzlichen Macht. Sie hatte bald nur mehr Augen für Bürgertugend, vaterländische Auszeichungen, die der republikanischen Begeisterung zugestanden wurden, Eichenkränze, die dem zuerkannt wurden, der sich ums Vaterland verdient gemacht hatte, oder für eine Inschrift auf die Gedenksäule für brüderliche Nächstenliebe, für die Hintansetzung persönlicher Interessen gegenüber dem Allgemeinwohl.
Wir lassen hier einen Auszug aus einer bemerkenswerten Adresse folgen, den die Marquise von Fontenay am 5. Floréal des Jahres II an den Konvent gerichtet hat: „Bürger, Volksvertreter! Da die Moral mehr denn je auf der Tagesordnung Ihrer grossen Beratungen steht, da jede der Parteien, die Sie zu Boden schlagen, Sie mit neuer Kraft zu dieser so furchtbaren Wahrheit zurückführt, dass die Tugend der Lebensinhalt der Republiken ist, und dass die guten Sitten das zusammenhalten sollen, was die Volkseinrichtungen geschaffen haben, hat man nicht Recht zu glauben, dass sich ihr Augenmerk mit einem eifrigen Interesse auf jenen Teil des menschlichen Geschlechtes richten wird, der einen so grossen Einfluss ausübt? Wehe den Frauen, die die schöne Bestimmung verkennend, zu der sie berufen sind, den absurden Ehrgeiz heucheln würden, sich die Vorrechte der Männer aneignen zu wollen, um sich von ihren eigenen Pflichten zu befreien, und auf diese Weise der Tugenden ihres Geschlechtes verlustig zu werden, ohne die des andern Teiles sich aneignen zu können.
Aber wäre es nicht auch ein Unglück, wenn sie im Namen der Natur an der Ausübung jener politischen Rechte
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