Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.mich. Ich sagte zu Madame Danton: "Gehen wir fort." Sie lachte über meine Angst. Ich sagte zu Dantons Mutter, die auch mit war: "Sie werden bald Sturm läuten hören" Als ich in Madame Dantons Wohnung zurückkehrte, sah ich dass sich alle bewaffneten, mein lieber Camille kam mit einer Flinte daher. Ach Gott! Ich verbarg mich im Alkoven, ich bedeckte mein Gesicht mit beiden Händen und begann zu weinen. Indessen wollte ich nicht so viel Schwäche zeigen und vor andern zu Camille sagen, dass ich nicht wolle, dass er sich in all' das einmische; ich passte einen Augenblick ab, wo ich ihn, ohne von andern gehört zu werden, sprechen konnte, und teilte ihm alle meine Befürchtungen mit. Er beruhigte mich, indem er mich versicherte, er werde sich nicht von Danton trennen. Ich habe seither erfahren, dass er sich der Gefahr ausgesetzt hat. Freron schien entschlossen, unterzugehen. "Ich bin des Lebens müde," sagte er, "ich suche nichts als den Tod." Beim Anblick jeder Patrouille, die kam, dachte ich die Freunde zum letztenmal zu sehen. Ich verbarg mich im unbeleuchteten Salon, um nicht alle diese Vorbereitungen sehen zu müssen. Unsere Patrioten marschierten ab; ich ging, um mich nahe einem Bette niederzusetzen, ich war niedergeschlagen, wie vernichtet und schlummerte zeitweise ein, und wenn ich sprechen wollte, so redete ich irre. Danton kam, um sich zu Bette zu begeben; er schien nicht sehr eilig, er ging fast gar nicht hinaus. Mitternacht kam heran, man kam mehreremale um ihn zu holen. Endlich ging er ins Rathaus. Im Franziskanerklub läutete man lange Sturm. Allein, in Tränen gebadet, am Fenster knieend, mein Gesicht in meinem Taschentuch vergraben, horchte ich auf den Klang dieser verhängnisvollen Glocke. - Danton kam zurück. Man kam mehreremale, uns bald gute, bald schlechte Nachrichten zu bringen. Ich glaubte zu bemerken, dass ihre Absicht war, in die Tuilerien einzudringen. Ich sagte es ihnen schluchzend. Ich glaubte in mich. Ich sagte zu Madame Danton: „Gehen wir fort.“ Sie lachte über meine Angst. Ich sagte zu Dantons Mutter, die auch mit war: „Sie werden bald Sturm läuten hören“ Als ich in Madame Dantons Wohnung zurückkehrte, sah ich dass sich alle bewaffneten, mein lieber Camille kam mit einer Flinte daher. Ach Gott! Ich verbarg mich im Alkoven, ich bedeckte mein Gesicht mit beiden Händen und begann zu weinen. Indessen wollte ich nicht so viel Schwäche zeigen und vor andern zu Camille sagen, dass ich nicht wolle, dass er sich in all’ das einmische; ich passte einen Augenblick ab, wo ich ihn, ohne von andern gehört zu werden, sprechen konnte, und teilte ihm alle meine Befürchtungen mit. Er beruhigte mich, indem er mich versicherte, er werde sich nicht von Danton trennen. Ich habe seither erfahren, dass er sich der Gefahr ausgesetzt hat. Fréron schien entschlossen, unterzugehen. „Ich bin des Lebens müde,“ sagte er, „ich suche nichts als den Tod.“ Beim Anblick jeder Patrouille, die kam, dachte ich die Freunde zum letztenmal zu sehen. Ich verbarg mich im unbeleuchteten Salon, um nicht alle diese Vorbereitungen sehen zu müssen. Unsere Patrioten marschierten ab; ich ging, um mich nahe einem Bette niederzusetzen, ich war niedergeschlagen, wie vernichtet und schlummerte zeitweise ein, und wenn ich sprechen wollte, so redete ich irre. Danton kam, um sich zu Bette zu begeben; er schien nicht sehr eilig, er ging fast gar nicht hinaus. Mitternacht kam heran, man kam mehreremale um ihn zu holen. Endlich ging er ins Rathaus. Im Franziskanerklub läutete man lange Sturm. Allein, in Tränen gebadet, am Fenster knieend, mein Gesicht in meinem Taschentuch vergraben, horchte ich auf den Klang dieser verhängnisvollen Glocke. – Danton kam zurück. Man kam mehreremale, uns bald gute, bald schlechte Nachrichten zu bringen. Ich glaubte zu bemerken, dass ihre Absicht war, in die Tuilerien einzudringen. Ich sagte es ihnen schluchzend. Ich glaubte in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0185" n="165"/> mich. Ich sagte zu Madame Danton: „Gehen wir fort.“ Sie lachte über meine Angst. Ich sagte zu Dantons Mutter, die auch mit war: „Sie werden bald Sturm läuten hören“ Als ich in Madame Dantons Wohnung zurückkehrte, sah ich dass sich alle bewaffneten, mein lieber Camille kam mit einer Flinte daher. Ach Gott! Ich verbarg mich im Alkoven, ich bedeckte mein Gesicht mit beiden Händen und begann zu weinen. Indessen wollte ich nicht so viel Schwäche zeigen und vor andern zu Camille sagen, dass ich nicht wolle, dass er sich in all’ das einmische; ich passte einen Augenblick ab, wo ich ihn, ohne von andern gehört zu werden, sprechen konnte, und teilte ihm alle meine Befürchtungen mit. Er beruhigte mich, indem er mich versicherte, er werde sich nicht von Danton trennen. Ich habe seither erfahren, dass er sich der Gefahr ausgesetzt hat. Fréron schien entschlossen, unterzugehen. „Ich bin des Lebens müde,“ sagte er, „ich suche nichts als den Tod.“</p> <p>Beim Anblick jeder Patrouille, die kam, dachte ich die Freunde zum letztenmal zu sehen. Ich verbarg mich im unbeleuchteten Salon, um nicht alle diese Vorbereitungen sehen zu müssen. Unsere Patrioten marschierten ab; ich ging, um mich nahe einem Bette niederzusetzen, ich war niedergeschlagen, wie vernichtet und schlummerte zeitweise ein, und wenn ich sprechen wollte, so redete ich irre. Danton kam, um sich zu Bette zu begeben; er schien nicht sehr eilig, er ging fast gar nicht hinaus. Mitternacht kam heran, man kam mehreremale um ihn zu holen. Endlich ging er ins Rathaus. Im Franziskanerklub läutete man lange Sturm.</p> <p>Allein, in Tränen gebadet, am Fenster knieend, mein Gesicht in meinem Taschentuch vergraben, horchte ich auf den Klang dieser verhängnisvollen Glocke. – Danton kam zurück. 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mich. Ich sagte zu Madame Danton: „Gehen wir fort.“ Sie lachte über meine Angst. Ich sagte zu Dantons Mutter, die auch mit war: „Sie werden bald Sturm läuten hören“ Als ich in Madame Dantons Wohnung zurückkehrte, sah ich dass sich alle bewaffneten, mein lieber Camille kam mit einer Flinte daher. Ach Gott! Ich verbarg mich im Alkoven, ich bedeckte mein Gesicht mit beiden Händen und begann zu weinen. Indessen wollte ich nicht so viel Schwäche zeigen und vor andern zu Camille sagen, dass ich nicht wolle, dass er sich in all’ das einmische; ich passte einen Augenblick ab, wo ich ihn, ohne von andern gehört zu werden, sprechen konnte, und teilte ihm alle meine Befürchtungen mit. Er beruhigte mich, indem er mich versicherte, er werde sich nicht von Danton trennen. Ich habe seither erfahren, dass er sich der Gefahr ausgesetzt hat. Fréron schien entschlossen, unterzugehen. „Ich bin des Lebens müde,“ sagte er, „ich suche nichts als den Tod.“
Beim Anblick jeder Patrouille, die kam, dachte ich die Freunde zum letztenmal zu sehen. Ich verbarg mich im unbeleuchteten Salon, um nicht alle diese Vorbereitungen sehen zu müssen. Unsere Patrioten marschierten ab; ich ging, um mich nahe einem Bette niederzusetzen, ich war niedergeschlagen, wie vernichtet und schlummerte zeitweise ein, und wenn ich sprechen wollte, so redete ich irre. Danton kam, um sich zu Bette zu begeben; er schien nicht sehr eilig, er ging fast gar nicht hinaus. Mitternacht kam heran, man kam mehreremale um ihn zu holen. Endlich ging er ins Rathaus. Im Franziskanerklub läutete man lange Sturm.
Allein, in Tränen gebadet, am Fenster knieend, mein Gesicht in meinem Taschentuch vergraben, horchte ich auf den Klang dieser verhängnisvollen Glocke. – Danton kam zurück. Man kam mehreremale, uns bald gute, bald schlechte Nachrichten zu bringen. Ich glaubte zu bemerken, dass ihre Absicht war, in die Tuilerien einzudringen. Ich sagte es ihnen schluchzend. Ich glaubte in
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