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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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Freyherrlich-Abschatzisches
mütts-Regungen sich selber in ihren Schrancken nicht hal-
ten/ und der denselben nachhängende Mensch so geschwinde
durch sie von dem Stule der Tugend/ als Phaeton von dem
Wagen der Sonnen gerissen wird/ so brauchte er allezeit
den Zügel der Vernunfft/ und legte seinen Begierden ein
Kapzaum an/ daß sie sich durch solch vernünfftiges Anhalten
wie die Elephanten von einem Mohr musten regieren lassen.
Sonderlich wuste die kluge Vernunfft des seligen Frey-
Herrn von Abschatz Zorn und Rache zu bemeistern/ weil
selbte allzu deutliche Verräther der grösten Gemütts-
Schwachheit sind/ und löschte daher alle Beleidigung mit
dem Schwamme der ewigen Vergessenheit aus/ und that
auch denen wohl/ welche ihm gleich ein sauer Gesichte mach-
ten: Worinnen er ihm selbst das grosse Auge der Welt zu
einem Muster vorstellete/ welches nicht nur denen sie anbe-
tenden Persen/ sondern auch den sie verfluchenden Mohren
ihr güttiges Licht mittheilet. Bey solcher angebohrnen
und durch eigene Bemühung zugenommenen Geschicklig-
keit kam ihm auch die Wirthschafft nicht aus dem Gesichte/
welcher er sich auff seinen Güttern aller Orten mit beyden
Händen annahm. Sein Thun mäßigte mit grosser Spar-
samkeit die Verschwendung vieler andern/ und stand um
das Auffnehmen der Anverwandten Häuser so sehr/ als für
das Wachsthum seines eigenen beständigst in Sorgen/ also/
daß ihn iedermann nach dem mehrmahls erwogenen Aus-
spruche der gescheiten Lacedämonier dem gemeinen Wesen
fürzustehen fähig schäzte. Und dieser kräfftige Magnet seiner
Tugenden zog der Stände Gewogenheit dermassen an sich/
daß ihm im Jahr 1679. durch freye Wahl auff öffentlichem
Land-Tage das wichtige Amt eines Landes-Bestellten mit
der Ordinar-Absendung nach Breßlau anvertrauet/ und
seine Person von der iztregierenden Käyserlichen und Kö-
niglichen Majestät allergnädigst bestättiget worden.

Nun sahe man auch die hell-leuchtende Lampe unsers hoch-
schätzbaren Frey-Herrn von Abschatz zu des Vaterlandes
Diensten brennen/ und seinen ausbündigen Verstand durch
Erfahrung vollkommen werden. Denn wer aus Büchern
allein die Weißheit begreiffen will/ pflegt nur Blumen ohne

Früch-

Freyherrlich-Abſchatziſches
muͤtts-Regungen ſich ſelber in ihren Schrancken nicht hal-
ten/ und der denſelben nachhaͤngende Menſch ſo geſchwinde
durch ſie von dem Stule der Tugend/ als Phaeton von dem
Wagen der Sonnen geriſſen wird/ ſo brauchte er allezeit
den Zuͤgel der Vernunfft/ und legte ſeinen Begierden ein
Kapzaum an/ daß ſie ſich durch ſolch vernuͤnfftiges Anhalten
wie die Elephanten von einem Mohr muſten regieren laſſen.
Sonderlich wuſte die kluge Vernunfft des ſeligen Frey-
Herrn von Abſchatz Zorn und Rache zu bemeiſtern/ weil
ſelbte allzu deutliche Verraͤther der groͤſten Gemuͤtts-
Schwachheit ſind/ und loͤſchte daher alle Beleidigung mit
dem Schwamme der ewigen Vergeſſenheit aus/ und that
auch denen wohl/ welche ihm gleich ein ſauer Geſichte mach-
ten: Worinnen er ihm ſelbſt das groſſe Auge der Welt zu
einem Muſter vorſtellete/ welches nicht nur denen ſie anbe-
tenden Perſen/ ſondern auch den ſie verfluchenden Mohren
ihr guͤttiges Licht mittheilet. Bey ſolcher angebohrnen
und durch eigene Bemuͤhung zugenommenen Geſchicklig-
keit kam ihm auch die Wirthſchafft nicht aus dem Geſichte/
welcher er ſich auff ſeinen Guͤttern aller Orten mit beyden
Haͤnden annahm. Sein Thun maͤßigte mit groſſer Spar-
ſamkeit die Verſchwendung vieler andern/ und ſtand um
das Auffnehmen der Anverwandten Haͤuſer ſo ſehr/ als fuͤr
das Wachsthum ſeines eigenen beſtaͤndigſt in Sorgen/ alſo/
daß ihn iedermann nach dem mehrmahls erwogenen Aus-
ſpruche der geſcheiten Lacedaͤmonier dem gemeinen Weſen
fuͤrzuſtehen faͤhig ſchaͤzte. Und dieſer kraͤfftige Magnet ſeiner
Tugenden zog der Staͤnde Gewogenheit dermaſſen an ſich/
daß ihm im Jahr 1679. durch freye Wahl auff oͤffentlichem
Land-Tage das wichtige Amt eines Landes-Beſtellten mit
der Ordinar-Abſendung nach Breßlau anvertrauet/ und
ſeine Perſon von der iztregierenden Kaͤyſerlichen und Koͤ-
niglichen Majeſtaͤt allergnaͤdigſt beſtaͤttiget worden.

Nun ſahe man auch die hell-leuchtende Lampe unſers hoch-
ſchaͤtzbaren Frey-Herrn von Abſchatz zu des Vaterlandes
Dienſten brennen/ und ſeinen ausbuͤndigen Verſtand durch
Erfahrung vollkommen werden. Denn wer aus Buͤchern
allein die Weißheit begreiffen will/ pflegt nur Blumen ohne

Fruͤch-
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[76/0096] Freyherrlich-Abſchatziſches muͤtts-Regungen ſich ſelber in ihren Schrancken nicht hal- ten/ und der denſelben nachhaͤngende Menſch ſo geſchwinde durch ſie von dem Stule der Tugend/ als Phaeton von dem Wagen der Sonnen geriſſen wird/ ſo brauchte er allezeit den Zuͤgel der Vernunfft/ und legte ſeinen Begierden ein Kapzaum an/ daß ſie ſich durch ſolch vernuͤnfftiges Anhalten wie die Elephanten von einem Mohr muſten regieren laſſen. Sonderlich wuſte die kluge Vernunfft des ſeligen Frey- Herrn von Abſchatz Zorn und Rache zu bemeiſtern/ weil ſelbte allzu deutliche Verraͤther der groͤſten Gemuͤtts- Schwachheit ſind/ und loͤſchte daher alle Beleidigung mit dem Schwamme der ewigen Vergeſſenheit aus/ und that auch denen wohl/ welche ihm gleich ein ſauer Geſichte mach- ten: Worinnen er ihm ſelbſt das groſſe Auge der Welt zu einem Muſter vorſtellete/ welches nicht nur denen ſie anbe- tenden Perſen/ ſondern auch den ſie verfluchenden Mohren ihr guͤttiges Licht mittheilet. Bey ſolcher angebohrnen und durch eigene Bemuͤhung zugenommenen Geſchicklig- keit kam ihm auch die Wirthſchafft nicht aus dem Geſichte/ welcher er ſich auff ſeinen Guͤttern aller Orten mit beyden Haͤnden annahm. Sein Thun maͤßigte mit groſſer Spar- ſamkeit die Verſchwendung vieler andern/ und ſtand um das Auffnehmen der Anverwandten Haͤuſer ſo ſehr/ als fuͤr das Wachsthum ſeines eigenen beſtaͤndigſt in Sorgen/ alſo/ daß ihn iedermann nach dem mehrmahls erwogenen Aus- ſpruche der geſcheiten Lacedaͤmonier dem gemeinen Weſen fuͤrzuſtehen faͤhig ſchaͤzte. Und dieſer kraͤfftige Magnet ſeiner Tugenden zog der Staͤnde Gewogenheit dermaſſen an ſich/ daß ihm im Jahr 1679. durch freye Wahl auff oͤffentlichem Land-Tage das wichtige Amt eines Landes-Beſtellten mit der Ordinar-Abſendung nach Breßlau anvertrauet/ und ſeine Perſon von der iztregierenden Kaͤyſerlichen und Koͤ- niglichen Majeſtaͤt allergnaͤdigſt beſtaͤttiget worden. Nun ſahe man auch die hell-leuchtende Lampe unſers hoch- ſchaͤtzbaren Frey-Herrn von Abſchatz zu des Vaterlandes Dienſten brennen/ und ſeinen ausbuͤndigen Verſtand durch Erfahrung vollkommen werden. Denn wer aus Buͤchern allein die Weißheit begreiffen will/ pflegt nur Blumen ohne Fruͤch-

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/96>, abgerufen am 04.05.2024.