Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

Himmel-Schlüssel.
Läst ihnen Schutz und Segen/
Nimmt der betrübten Mutter wahr/
Heist ihr den Jünger pflegen.

Ihn dürstet nach der Menschen Heyl/
Ihn dürstet/ weil des Höchsten Pfeil
Der Glieder Safft verkreischet;
Ach dencke/ daß er auch ein Theil
Buß-Thränen von dir heischet!
Merck auff/ o Hertz/ und dencke nach/
Warum er zu dem Vater sprach:
Wie hast du mich verlassen.
So schwer ists/ was der Mensch verbrach/
Auff seine Schultern fassen!
Es ist vollbracht/ die Schrifft erfüllt/
Die Schuld bezahlt/ der Zorn gestillt/
Hört man den Heyland ruffen.
Diß Wort/ draus Trost und Leben quillt/
Hält uns den Himmel offen!
O Vater/ meinen matten Geist/
Der sich nunmehr vom Leibe reist/
Befehl ich deinen Händen!
Wer so versorgt das Leben schleust/
Kan seliglich vollenden.
Ach Worte voller Lebens-Safft!
Bin ich mit Sorg und Angst behafft/
Erschreckt mich Tod und Sünde/
So hilff/ daß ich derselben Krafft/
O JEsu/ stets empfinde.
Meine Liebe ist gecreutziget.
Weine Zion du Betrübte/
Weil dein Heyland der Geliebte
Nun aus Creutzes Stamm verschmacht!
Stirbt der Schöpffer aller Dinge?
Reiß

Himmel-Schluͤſſel.
Laͤſt ihnen Schutz und Segen/
Nimmt der betruͤbten Mutter wahr/
Heiſt ihr den Juͤnger pflegen.

Ihn duͤrſtet nach der Menſchen Heyl/
Ihn duͤrſtet/ weil des Hoͤchſten Pfeil
Der Glieder Safft verkreiſchet;
Ach dencke/ daß er auch ein Theil
Buß-Thraͤnen von dir heiſchet!
Merck auff/ o Hertz/ und dencke nach/
Warum er zu dem Vater ſprach:
Wie haſt du mich verlaſſen.
So ſchwer iſts/ was der Menſch verbrach/
Auff ſeine Schultern faſſen!
Es iſt vollbracht/ die Schrifft erfuͤllt/
Die Schuld bezahlt/ der Zorn geſtillt/
Hoͤrt man den Heyland ruffen.
Diß Wort/ draus Troſt und Leben quillt/
Haͤlt uns den Himmel offen!
O Vater/ meinen matten Geiſt/
Der ſich nunmehr vom Leibe reiſt/
Befehl ich deinen Haͤnden!
Wer ſo verſorgt das Leben ſchleuſt/
Kan ſeliglich vollenden.
Ach Worte voller Lebens-Safft!
Bin ich mit Sorg und Angſt behafft/
Erſchreckt mich Tod und Suͤnde/
So hilff/ daß ich derſelben Krafft/
O JEſu/ ſtets empfinde.
Meine Liebe iſt gecreutziget.
Weine Zion du Betruͤbte/
Weil dein Heyland der Geliebte
Nun aus Creutzes Stamm verſchmacht!
Stirbt der Schoͤpffer aller Dinge?
Reiß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="4">
            <pb facs="#f0486" n="66"/>
            <fw place="top" type="header">Himmel-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el.</fw><lb/>
            <l>La&#x0364;&#x017F;t ihnen Schutz und Segen/</l><lb/>
            <l>Nimmt der betru&#x0364;bten Mutter wahr/</l><lb/>
            <l>Hei&#x017F;t ihr den Ju&#x0364;nger pflegen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>Ihn du&#x0364;r&#x017F;tet nach der Men&#x017F;chen Heyl/</l><lb/>
            <l>Ihn du&#x0364;r&#x017F;tet/ weil des Ho&#x0364;ch&#x017F;ten Pfeil</l><lb/>
            <l>Der Glieder Safft verkrei&#x017F;chet;</l><lb/>
            <l>Ach dencke/ daß er auch ein Theil</l><lb/>
            <l>Buß-Thra&#x0364;nen von dir hei&#x017F;chet!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>Merck auff/ o Hertz/ und dencke nach/</l><lb/>
            <l>Warum er zu dem Vater &#x017F;prach:</l><lb/>
            <l>Wie ha&#x017F;t du mich verla&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>So &#x017F;chwer i&#x017F;ts/ was der Men&#x017F;ch verbrach/</l><lb/>
            <l>Auff &#x017F;eine Schultern fa&#x017F;&#x017F;en!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Es i&#x017F;t vollbracht/ die Schrifft erfu&#x0364;llt/</l><lb/>
            <l>Die Schuld bezahlt/ der Zorn ge&#x017F;tillt/</l><lb/>
            <l>Ho&#x0364;rt man den Heyland ruffen.</l><lb/>
            <l>Diß Wort/ draus Tro&#x017F;t und Leben quillt/</l><lb/>
            <l>Ha&#x0364;lt uns den Himmel offen!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l>O Vater/ meinen matten Gei&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;ich nunmehr vom Leibe rei&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Befehl ich deinen Ha&#x0364;nden!</l><lb/>
            <l>Wer &#x017F;o ver&#x017F;orgt das Leben &#x017F;chleu&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Kan &#x017F;eliglich vollenden.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="9">
            <l>Ach Worte voller Lebens-Safft!</l><lb/>
            <l>Bin ich mit Sorg und Ang&#x017F;t behafft/</l><lb/>
            <l>Er&#x017F;chreckt mich Tod und Su&#x0364;nde/</l><lb/>
            <l>So hilff/ daß ich der&#x017F;elben Krafft/</l><lb/>
            <l>O JE&#x017F;u/ &#x017F;tets empfinde.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Meine Liebe i&#x017F;t gecreutziget.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>eine Zion du Betru&#x0364;bte/</l><lb/>
            <l>Weil dein Heyland der Geliebte</l><lb/>
            <l>Nun aus Creutzes Stamm ver&#x017F;chmacht!</l><lb/>
            <l>Stirbt der Scho&#x0364;pffer aller Dinge?</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Reiß</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0486] Himmel-Schluͤſſel. Laͤſt ihnen Schutz und Segen/ Nimmt der betruͤbten Mutter wahr/ Heiſt ihr den Juͤnger pflegen. Ihn duͤrſtet nach der Menſchen Heyl/ Ihn duͤrſtet/ weil des Hoͤchſten Pfeil Der Glieder Safft verkreiſchet; Ach dencke/ daß er auch ein Theil Buß-Thraͤnen von dir heiſchet! Merck auff/ o Hertz/ und dencke nach/ Warum er zu dem Vater ſprach: Wie haſt du mich verlaſſen. So ſchwer iſts/ was der Menſch verbrach/ Auff ſeine Schultern faſſen! Es iſt vollbracht/ die Schrifft erfuͤllt/ Die Schuld bezahlt/ der Zorn geſtillt/ Hoͤrt man den Heyland ruffen. Diß Wort/ draus Troſt und Leben quillt/ Haͤlt uns den Himmel offen! O Vater/ meinen matten Geiſt/ Der ſich nunmehr vom Leibe reiſt/ Befehl ich deinen Haͤnden! Wer ſo verſorgt das Leben ſchleuſt/ Kan ſeliglich vollenden. Ach Worte voller Lebens-Safft! Bin ich mit Sorg und Angſt behafft/ Erſchreckt mich Tod und Suͤnde/ So hilff/ daß ich derſelben Krafft/ O JEſu/ ſtets empfinde. Meine Liebe iſt gecreutziget. Weine Zion du Betruͤbte/ Weil dein Heyland der Geliebte Nun aus Creutzes Stamm verſchmacht! Stirbt der Schoͤpffer aller Dinge? Reiß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/486
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/486>, abgerufen am 22.11.2024.