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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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Himmel-Schlüssel.


Der unglückselge Mensch kan kaum die Welt begrüssen/
Daß nicht ein Thränen-Fluß/ eh das noch schwache Licht
Den hellen Tag erkennt/ aus seinen Augen bricht/
Wird frey und lässet sich in neue Bande schlüssen.
Bringt seine Jahre zu gewiegt in Freud und Leyd/
In Unruh/ Sorg und Angst/ in Hoffnung/ Furcht und Streit/
Biß ihn der lange Schlaff der Ruhe läst genüssen/
Was aber klagen wir? wann wir die Welt begrüssen
So hat uns JEsus Hand ein Freybad zugericht/
Wäscht/ reiniget und stärckt der blöden Augen Licht/
Befreyet von dem Strick der Erb-Schuld das Gewissen/
Sein Blut ist unsre Milch/ sein Unschuld unser Kleid/
Die Wiege seine Schoß/ der Schlaff die Seligkeit.
Diß laß mich auch/ O GOTT/ allhier und dort geniessen.


Der alte Teutsche trug die Kinder an den Rhein/
Es solte dieses Bad der Unschuld Probe seyn.
Wir haben allesammt ein heilsam Bad von nöthen/
Wenn uns die Erb-Schuld nicht erröthen soll und tödten.
Allein/ es ist hierzu kein schlechtes Wasser gutt/
Der Rhein macht keinen rein/ die stärckste Wasser-Flutt
Wäscht keinen Flecken ab/ der an der Seele klebet/
Wenn aber GOttes Geist ob Jordans Strome schwebet/
Wenn er mit Wunder-Krafft den Teich Betheßda rührt/
Wenn der Erlöser uns zu einem Brunnen führt/
Durch Geist und Wort geweyht/ so ist ein Bach zu finden/
In dem man sauber wird von allem Koth der Sünden.
Die Quelle macht dich auch/ geliebte Seele/ rein/
Und wird dir Lebenslang der Unschuld Zeugniß seyn;
Sie bring' an Leib und Seel erwünschtes Wohlgedeyn/
Und führe dich zum Strom der ewgen Wollust ein.
Wir
Himmel-Schluͤſſel.


Der ungluͤckſelge Menſch kan kaum die Welt begruͤſſen/
Daß nicht ein Thraͤnen-Fluß/ eh das noch ſchwache Licht
Den hellen Tag erkennt/ aus ſeinen Augen bricht/
Wird frey und laͤſſet ſich in neue Bande ſchluͤſſen.
Bringt ſeine Jahre zu gewiegt in Freud und Leyd/
In Unruh/ Sorg und Angſt/ in Hoffnung/ Furcht und Streit/
Biß ihn der lange Schlaff der Ruhe laͤſt genuͤſſen/
Was aber klagen wir? wann wir die Welt begruͤſſen
So hat uns JEſus Hand ein Freybad zugericht/
Waͤſcht/ reiniget und ſtaͤrckt der bloͤden Augen Licht/
Befreyet von dem Strick der Erb-Schuld das Gewiſſen/
Sein Blut iſt unſre Milch/ ſein Unſchuld unſer Kleid/
Die Wiege ſeine Schoß/ der Schlaff die Seligkeit.
Diß laß mich auch/ O GOTT/ allhier und dort genieſſen.


Der alte Teutſche trug die Kinder an den Rhein/
Es ſolte dieſes Bad der Unſchuld Probe ſeyn.
Wir haben alleſammt ein heilſam Bad von noͤthen/
Wenn uns die Erb-Schuld nicht erroͤthen ſoll und toͤdten.
Allein/ es iſt hierzu kein ſchlechtes Waſſer gutt/
Der Rhein macht keinen rein/ die ſtaͤrckſte Waſſer-Flutt
Waͤſcht keinen Flecken ab/ der an der Seele klebet/
Wenn aber GOttes Geiſt ob Jordans Strome ſchwebet/
Wenn er mit Wunder-Krafft den Teich Betheßda ruͤhrt/
Wenn der Erloͤſer uns zu einem Brunnen fuͤhrt/
Durch Geiſt und Wort geweyht/ ſo iſt ein Bach zu finden/
In dem man ſauber wird von allem Koth der Suͤnden.
Die Quelle macht dich auch/ geliebte Seele/ rein/
Und wird dir Lebenslang der Unſchuld Zeugniß ſeyn;
Sie bring’ an Leib und Seel erwuͤnſchtes Wohlgedeyn/
Und fuͤhre dich zum Strom der ewgen Wolluſt ein.
Wir
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[15/0435] Himmel-Schluͤſſel. Der ungluͤckſelge Menſch kan kaum die Welt begruͤſſen/ Daß nicht ein Thraͤnen-Fluß/ eh das noch ſchwache Licht Den hellen Tag erkennt/ aus ſeinen Augen bricht/ Wird frey und laͤſſet ſich in neue Bande ſchluͤſſen. Bringt ſeine Jahre zu gewiegt in Freud und Leyd/ In Unruh/ Sorg und Angſt/ in Hoffnung/ Furcht und Streit/ Biß ihn der lange Schlaff der Ruhe laͤſt genuͤſſen/ Was aber klagen wir? wann wir die Welt begruͤſſen So hat uns JEſus Hand ein Freybad zugericht/ Waͤſcht/ reiniget und ſtaͤrckt der bloͤden Augen Licht/ Befreyet von dem Strick der Erb-Schuld das Gewiſſen/ Sein Blut iſt unſre Milch/ ſein Unſchuld unſer Kleid/ Die Wiege ſeine Schoß/ der Schlaff die Seligkeit. Diß laß mich auch/ O GOTT/ allhier und dort genieſſen. Der alte Teutſche trug die Kinder an den Rhein/ Es ſolte dieſes Bad der Unſchuld Probe ſeyn. Wir haben alleſammt ein heilſam Bad von noͤthen/ Wenn uns die Erb-Schuld nicht erroͤthen ſoll und toͤdten. Allein/ es iſt hierzu kein ſchlechtes Waſſer gutt/ Der Rhein macht keinen rein/ die ſtaͤrckſte Waſſer-Flutt Waͤſcht keinen Flecken ab/ der an der Seele klebet/ Wenn aber GOttes Geiſt ob Jordans Strome ſchwebet/ Wenn er mit Wunder-Krafft den Teich Betheßda ruͤhrt/ Wenn der Erloͤſer uns zu einem Brunnen fuͤhrt/ Durch Geiſt und Wort geweyht/ ſo iſt ein Bach zu finden/ In dem man ſauber wird von allem Koth der Suͤnden. Die Quelle macht dich auch/ geliebte Seele/ rein/ Und wird dir Lebenslang der Unſchuld Zeugniß ſeyn; Sie bring’ an Leib und Seel erwuͤnſchtes Wohlgedeyn/ Und fuͤhre dich zum Strom der ewgen Wolluſt ein. Wir

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/435>, abgerufen am 19.05.2024.