Ob du/ O Nymphe/ gleich der Haare bist beraubt/ So ist es darum nicht um deinen Ruhm geschehen. Läst sich die Rose nie ohn Blatt und Dörner sehen? Ist nicht der junge Wald im Mertzen unbelaubt? Bestraußter Sternen Haar (Erfahrung hats beglaubt/) Führt nach sich Unglück/ Sturm und toller Winde Wehen. Wer pflegt den holden Kuß des Glückes zu verschmähen/ Ob sich von hintenzu gleich zeigt sein kahles Haubt? Wenn andre mit viel Furcht und Schmertz die Haut bepflü- cken/ So bleibstu ungeraufft/ dein Alter unentdeckt. Kan wohl ein Zeug von Schweiß und Fäulnis ausgeheckt Ein Auswurff der Natur/ verstellen oder schmücken? Das Schiff ist in Gefahr/ wenn Flagg' und Seegel fliegen: Man sieht es deren bloß im sichern Hafen liegen.
Foemina calva morbis virilibus damnata.
Non minus comatis quam calvis molestum est, pilos velli.
Cometae significant tempestatem & ventorum intemperan- tiam atque imbrium.
Quid capillum ingenti diligentia comis? Cum illum vel effu- deris more Parthorum, vel Germanorum modo vinxeris, vel ut Scythae solent sparseris, in quolibet equo densior jactabitur juba, horrebit in leonum cervice formosior.
Nihil eripitur nisi retinenti.
Dii immortales vultis aliquam partem corporis? non ma- gnam rem promitto, cito totum relinquam.
Magnus gubernator & scisso navigat velo, & si exarmavit, ta- men reliquias navigii aptat ad cursum, & descendit, ut ait ille: Coerula ad infernas velificata rates.
Fronte capillata est, posthaec occasio calua.
17. Die
Schertz-Sonnette.
16. Die Schoͤne Kahle.
Ob du/ O Nymphe/ gleich der Haare biſt beraubt/ So iſt es darum nicht um deinen Ruhm geſchehen. Laͤſt ſich die Roſe nie ohn Blatt und Doͤrner ſehen? Iſt nicht der junge Wald im Mertzen unbelaubt? Beſtraußter Sternen Haar (Erfahrung hats beglaubt/) Fuͤhrt nach ſich Ungluͤck/ Sturm und toller Winde Wehen. Wer pflegt den holden Kuß des Gluͤckes zu verſchmaͤhen/ Ob ſich von hintenzu gleich zeigt ſein kahles Haubt? Wenn andre mit viel Furcht und Schmertz die Haut bepfluͤ- cken/ So bleibſtu ungeraufft/ dein Alter unentdeckt. Kan wohl ein Zeug von Schweiß und Faͤulnis ausgeheckt Ein Auswurff der Natur/ verſtellen oder ſchmuͤcken? Das Schiff iſt in Gefahr/ wenn Flagg’ und Seegel fliegen: Man ſieht es deren bloß im ſichern Hafen liegen.
Fœmina calva morbis virilibus damnata.
Non minus comatis quam calvis moleſtum eſt, pilos velli.
Cometæ ſignificant tempeſtatem & ventorum intemperan- tiam atque imbrium.
Quid capillum ingenti diligentia comis? Cum illum vel effu- deris more Parthorum, vel Germanorum modô vinxeris, vel ut Scythæ ſolent ſparſeris, in quolibet equo denſior jactabitur juba, horrebit in leonum cervice formoſior.
Nihil eripitur niſi retinenti.
Dii immortales vultis aliquam partem corporis? non ma- gnam rem promitto, cito totum relinquam.
Magnus gubernator & ſciſſo navigat velo, & ſi exarmavit, ta- men reliquias navigii aptat ad curſum, & deſcendit, ut ait ille: Cœrula ad infernas velificata rates.
Fronte capillata eſt, poſthæc occaſio calua.
17. Die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0307"n="207"/><fwplace="top"type="header">Schertz-Sonnette.</fw><lb/><lgtype="poem"><head><hirendition="#b">16. Die Schoͤne Kahle.</hi></head><lb/><l><hirendition="#in">O</hi>b du/ O Nymphe/ gleich der Haare biſt beraubt/</l><lb/><l>So iſt es darum nicht um deinen Ruhm geſchehen.</l><lb/><l>Laͤſt ſich die Roſe nie ohn Blatt und Doͤrner ſehen?</l><lb/><l>Iſt nicht der junge Wald im Mertzen unbelaubt?</l><lb/><l>Beſtraußter Sternen Haar (Erfahrung hats beglaubt/)</l><lb/><l>Fuͤhrt nach ſich Ungluͤck/ Sturm und toller Winde Wehen.</l><lb/><l>Wer pflegt den holden Kuß des Gluͤckes zu verſchmaͤhen/</l><lb/><l>Ob ſich von hintenzu gleich zeigt ſein kahles Haubt?</l><lb/><l>Wenn andre mit viel Furcht und Schmertz die Haut bepfluͤ-</l><lb/><l><hirendition="#c">cken/</hi></l><lb/><l>So bleibſtu ungeraufft/ dein Alter unentdeckt.</l><lb/><l>Kan wohl ein Zeug von Schweiß und Faͤulnis ausgeheckt</l><lb/><l>Ein Auswurff der Natur/ verſtellen oder ſchmuͤcken?</l><lb/><l>Das Schiff iſt in Gefahr/ wenn Flagg’ und Seegel fliegen:</l><lb/><l>Man ſieht es deren bloß im ſichern Hafen liegen.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#aq">Fœmina calva morbis virilibus damnata.</hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Non minus comatis quam calvis moleſtum eſt, pilos velli.</hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Cometæ ſignificant tempeſtatem & ventorum intemperan-<lb/>
tiam atque imbrium.</hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Quid capillum ingenti diligentia comis? Cum illum vel effu-<lb/>
deris more Parthorum, vel Germanorum modô vinxeris, vel ut<lb/>
Scythæ ſolent ſparſeris, in quolibet equo denſior jactabitur juba,<lb/>
horrebit in leonum cervice formoſior.</hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Nihil eripitur niſi retinenti.</hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Dii immortales vultis aliquam partem corporis? non ma-<lb/>
gnam rem promitto, cito totum relinquam.</hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Magnus gubernator &ſciſſo navigat velo, &ſi exarmavit, ta-<lb/>
men reliquias navigii aptat ad curſum, & deſcendit, ut ait<lb/>
ille:<lb/><hirendition="#et">Cœrula ad infernas velificata rates.</hi></hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Fronte capillata eſt, poſthæc occaſio calua.</hi></p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">17. Die</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[207/0307]
Schertz-Sonnette.
16. Die Schoͤne Kahle.
Ob du/ O Nymphe/ gleich der Haare biſt beraubt/
So iſt es darum nicht um deinen Ruhm geſchehen.
Laͤſt ſich die Roſe nie ohn Blatt und Doͤrner ſehen?
Iſt nicht der junge Wald im Mertzen unbelaubt?
Beſtraußter Sternen Haar (Erfahrung hats beglaubt/)
Fuͤhrt nach ſich Ungluͤck/ Sturm und toller Winde Wehen.
Wer pflegt den holden Kuß des Gluͤckes zu verſchmaͤhen/
Ob ſich von hintenzu gleich zeigt ſein kahles Haubt?
Wenn andre mit viel Furcht und Schmertz die Haut bepfluͤ-
cken/
So bleibſtu ungeraufft/ dein Alter unentdeckt.
Kan wohl ein Zeug von Schweiß und Faͤulnis ausgeheckt
Ein Auswurff der Natur/ verſtellen oder ſchmuͤcken?
Das Schiff iſt in Gefahr/ wenn Flagg’ und Seegel fliegen:
Man ſieht es deren bloß im ſichern Hafen liegen.
Fœmina calva morbis virilibus damnata.
Non minus comatis quam calvis moleſtum eſt, pilos velli.
Cometæ ſignificant tempeſtatem & ventorum intemperan-
tiam atque imbrium.
Quid capillum ingenti diligentia comis? Cum illum vel effu-
deris more Parthorum, vel Germanorum modô vinxeris, vel ut
Scythæ ſolent ſparſeris, in quolibet equo denſior jactabitur juba,
horrebit in leonum cervice formoſior.
Nihil eripitur niſi retinenti.
Dii immortales vultis aliquam partem corporis? non ma-
gnam rem promitto, cito totum relinquam.
Magnus gubernator & ſciſſo navigat velo, & ſi exarmavit, ta-
men reliquias navigii aptat ad curſum, & deſcendit, ut ait
ille:
Cœrula ad infernas velificata rates.
Fronte capillata eſt, poſthæc occaſio calua.
17. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/307>, abgerufen am 05.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.