Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.treuer Schäffer. Die Liebe pflegt auch nicht durch Zang und Schnitt zuheilen Was sie verwundet hat mit ihren linden Pfeilen. Wiewohl sie feste gläubt'/ es brächt ihr seine Pflege Der Schmertzen Linderung (o starck Vertrann!) zu wege/ Und alles mit Gedult von ihm hätt ausgestanden. Der Mutt entfiel ihm nicht/ er fand bald andern Rath/ Und sprach: du must heraus und ohne groß Bemühn; Wer dich hinein gebracht/ weiß dich auch auszuziehn. Durch Artzney/ welche mich die Jagt gelernet hat/ Will ich auch heilen/ was ich auff der Jagt versehrt. Mir ist ein Kraut bekant/ gebraucht von wilden Ziegen/ Wenn sie den Pfeil nicht aus der Wunde können kriegen: Sie habens uns/ und sie hats die Natur gelehrt. Es wächst nicht weit von hier/ wir wollens bald bekommen. Hiemit lieff er davon/ wo solches Kräutig stand/ Bracht einen grossen Busch mit sich/ den er gefunden/ Nachdem er es zerknitscht/ den Safft heraus gewunden/ Den Samen Eisenkrauts/ Centauren-Wurtz darzu ge- nommen/ Und macht ein Pflaster draus/ mit dem er sie verband. O wunderbare Krafft! bald ließ der Schmertzen nach/ Es stillte sich bey ihr des Blutts ergoßne Bach/ In kurtzer Zeit zog sich das Eisen aus der Wunde/ Das Mägdgen ward so frisch in einer Viertelstunde/ Als wenn ihr nichts gefehlt. Denn auch der Pfeil allein War in den holen Leib gegangen nebens Bein/ Und weder Flechse/ Mauß noch Darm hat angerührt. Du sagest mir von Krafft des Krautes Wunderstücke/ Und von dem Mägdigen noch grösseres Gelücke. Was unter ihnen nun sey weiter vorgegangen/ Darff durch Erzehlung nicht erst werden ausgeführt. Das ist gewiß/ man sieht Dorinden nichts mehr an/ Die izt schon/ wie sie will/ die Seite brauchen kan. Allein mit alle dem so kommt mir dennoch für/ Und du/ Corisca/ glaubst es Zweiffels ohn mit mir/ Daß sie noch einen Schuß von andrem Pfeil empfangen. Wie aber sie nicht ist von gleichen Waffen troffen/ So L 4
treuer Schaͤffer. Die Liebe pflegt auch nicht durch Zang und Schnitt zuheilen Was ſie verwundet hat mit ihren linden Pfeilen. Wiewohl ſie feſte glaͤubt’/ es braͤcht ihr ſeine Pflege Der Schmertzen Linderung (o ſtarck Vertrann!) zu wege/ Und alles mit Gedult von ihm haͤtt ausgeſtanden. Der Mutt entfiel ihm nicht/ er fand bald andern Rath/ Und ſprach: du muſt heraus und ohne groß Bemuͤhn; Wer dich hinein gebracht/ weiß dich auch auszuziehn. Durch Artzney/ welche mich die Jagt gelernet hat/ Will ich auch heilen/ was ich auff der Jagt verſehrt. Mir iſt ein Kraut bekant/ gebraucht von wilden Ziegen/ Wenn ſie den Pfeil nicht aus der Wunde koͤnnen kriegen: Sie habens uns/ und ſie hats die Natur gelehrt. Es waͤchſt nicht weit von hier/ wir wollens bald bekom̃en. Hiemit lieff er davon/ wo ſolches Kraͤutig ſtand/ Bracht einen groſſen Buſch mit ſich/ den er gefunden/ Nachdem er es zerknitſcht/ den Safft heraus gewunden/ Den Samen Eiſenkrauts/ Centauren-Wurtz darzu ge- nommen/ Und macht ein Pflaſter draus/ mit dem er ſie verband. O wunderbare Krafft! bald ließ der Schmertzen nach/ Es ſtillte ſich bey ihr des Blutts ergoßne Bach/ In kurtzer Zeit zog ſich das Eiſen aus der Wunde/ Das Maͤgdgen ward ſo friſch in einer Viertelſtunde/ Als wenn ihr nichts gefehlt. Denn auch der Pfeil allein War in den holen Leib gegangen nebens Bein/ Und weder Flechſe/ Mauß noch Darm hat angeruͤhrt. Du ſageſt mir von Krafft des Krautes Wunderſtuͤcke/ Und von dem Maͤgdigen noch groͤſſeres Geluͤcke. Was unter ihnen nun ſey weiter vorgegangen/ Darff durch Erzehlung nicht erſt werden ausgefuͤhrt. Das iſt gewiß/ man ſieht Dorinden nichts mehr an/ Die izt ſchon/ wie ſie will/ die Seite brauchen kan. Allein mit alle dem ſo kommt mir dennoch fuͤr/ Und du/ Coriſca/ glaubſt es Zweiffels ohn mit mir/ Daß ſie noch einen Schuß von andrem Pfeil empfangen. Wie aber ſie nicht iſt von gleichen Waffen troffen/ So L 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp> <p><pb facs="#f0267" n="167"/><fw place="top" type="header">treuer Schaͤffer.</fw><lb/> Die Liebe pflegt auch nicht durch Zang und Schnitt zu<lb/><hi rendition="#c">heilen</hi><lb/> Was ſie verwundet hat mit ihren linden Pfeilen.<lb/> Wiewohl ſie feſte glaͤubt’/ es braͤcht ihr ſeine Pflege<lb/> Der Schmertzen Linderung (o ſtarck Vertrann!) zu wege/<lb/> Und alles mit Gedult von ihm haͤtt ausgeſtanden.<lb/> Der Mutt entfiel ihm nicht/ er fand bald andern Rath/<lb/> Und ſprach: du muſt heraus und ohne groß Bemuͤhn;<lb/> Wer dich hinein gebracht/ weiß dich auch auszuziehn.<lb/> Durch Artzney/ welche mich die Jagt gelernet hat/<lb/> Will ich auch heilen/ was ich auff der Jagt verſehrt.<lb/> Mir iſt ein Kraut bekant/ gebraucht von wilden Ziegen/<lb/> Wenn ſie den Pfeil nicht aus der Wunde koͤnnen kriegen:<lb/> Sie habens uns/ und ſie hats die Natur gelehrt.<lb/> Es waͤchſt nicht weit von hier/ wir wollens bald bekom̃en.<lb/> Hiemit lieff er davon/ wo ſolches Kraͤutig ſtand/<lb/> Bracht einen groſſen Buſch mit ſich/ den er gefunden/<lb/> Nachdem er es zerknitſcht/ den Safft heraus gewunden/<lb/> Den Samen Eiſenkrauts/ Centauren-Wurtz darzu ge-<lb/><hi rendition="#c">nommen/</hi><lb/> Und macht ein Pflaſter draus/ mit dem er ſie verband.<lb/> O wunderbare Krafft! bald ließ der Schmertzen nach/<lb/> Es ſtillte ſich bey ihr des Blutts ergoßne Bach/<lb/> In kurtzer Zeit zog ſich das Eiſen aus der Wunde/<lb/> Das Maͤgdgen ward ſo friſch in einer Viertelſtunde/<lb/> Als wenn ihr nichts gefehlt. Denn auch der Pfeil allein<lb/> War in den holen Leib gegangen nebens Bein/<lb/> Und weder Flechſe/ Mauß noch Darm hat angeruͤhrt.<lb/> Du ſageſt mir von Krafft des Krautes Wunderſtuͤcke/<lb/> Und von dem Maͤgdigen noch groͤſſeres Geluͤcke.<lb/> Was unter ihnen nun ſey weiter vorgegangen/<lb/> Darff durch Erzehlung nicht erſt werden ausgefuͤhrt.<lb/> Das iſt gewiß/ man ſieht Dorinden nichts mehr an/<lb/> Die izt ſchon/ wie ſie will/ die Seite brauchen kan.<lb/> Allein mit alle dem ſo kommt mir dennoch fuͤr/<lb/> Und du/ Coriſca/ glaubſt es Zweiffels ohn mit mir/<lb/> Daß ſie noch einen Schuß von andrem Pfeil empfangen.<lb/> Wie aber ſie nicht iſt von gleichen Waffen troffen/<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 4</fw><fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0267]
treuer Schaͤffer.
Die Liebe pflegt auch nicht durch Zang und Schnitt zu
heilen
Was ſie verwundet hat mit ihren linden Pfeilen.
Wiewohl ſie feſte glaͤubt’/ es braͤcht ihr ſeine Pflege
Der Schmertzen Linderung (o ſtarck Vertrann!) zu wege/
Und alles mit Gedult von ihm haͤtt ausgeſtanden.
Der Mutt entfiel ihm nicht/ er fand bald andern Rath/
Und ſprach: du muſt heraus und ohne groß Bemuͤhn;
Wer dich hinein gebracht/ weiß dich auch auszuziehn.
Durch Artzney/ welche mich die Jagt gelernet hat/
Will ich auch heilen/ was ich auff der Jagt verſehrt.
Mir iſt ein Kraut bekant/ gebraucht von wilden Ziegen/
Wenn ſie den Pfeil nicht aus der Wunde koͤnnen kriegen:
Sie habens uns/ und ſie hats die Natur gelehrt.
Es waͤchſt nicht weit von hier/ wir wollens bald bekom̃en.
Hiemit lieff er davon/ wo ſolches Kraͤutig ſtand/
Bracht einen groſſen Buſch mit ſich/ den er gefunden/
Nachdem er es zerknitſcht/ den Safft heraus gewunden/
Den Samen Eiſenkrauts/ Centauren-Wurtz darzu ge-
nommen/
Und macht ein Pflaſter draus/ mit dem er ſie verband.
O wunderbare Krafft! bald ließ der Schmertzen nach/
Es ſtillte ſich bey ihr des Blutts ergoßne Bach/
In kurtzer Zeit zog ſich das Eiſen aus der Wunde/
Das Maͤgdgen ward ſo friſch in einer Viertelſtunde/
Als wenn ihr nichts gefehlt. Denn auch der Pfeil allein
War in den holen Leib gegangen nebens Bein/
Und weder Flechſe/ Mauß noch Darm hat angeruͤhrt.
Du ſageſt mir von Krafft des Krautes Wunderſtuͤcke/
Und von dem Maͤgdigen noch groͤſſeres Geluͤcke.
Was unter ihnen nun ſey weiter vorgegangen/
Darff durch Erzehlung nicht erſt werden ausgefuͤhrt.
Das iſt gewiß/ man ſieht Dorinden nichts mehr an/
Die izt ſchon/ wie ſie will/ die Seite brauchen kan.
Allein mit alle dem ſo kommt mir dennoch fuͤr/
Und du/ Coriſca/ glaubſt es Zweiffels ohn mit mir/
Daß ſie noch einen Schuß von andrem Pfeil empfangen.
Wie aber ſie nicht iſt von gleichen Waffen troffen/
So
L 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDas Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |