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Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.

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vnd Brüß / wie auch beyden Potestaten zu Tyran vnnd Tell / in besagtem Ort Boaltz / die Predig daselbsten zuverrichten / samptlich befunden. Es sind aber die Papisten mit Wehr vnd Wafen alßbald dermassen zusammen geloffen / daß man nothtrungenlich sich des Predigens hat müssen enthalten. Vnd ist eben selbigen Tags / vmb bemelter Vrsach willen / der Predicant zu Brüß / Herr Gaudentius Tack / bey nahe auff den Todt geprügelt / ein Jüngling von Tyran gar vmbgebracht / vnd andere vom selbigen Orth also mißhandelt worden / das sie der hernachfolgenden grawsamen Verfolgung gleichsam die ersten Martyrer zu Tyran gewesen. Es ward bald hernach auch deß Potestaten Diener einer daselbst erschlagen: allda dieser Mörder Frevenheit so groß / daß sie alle wider sie auß gangene Oberkeitliche Mandaten nicht allein in Wind geschlagen: sondern auch zu höchster Verachtung derselben / offentlich mit Wehr vnd Wafen vor dem Palast herumb spatziert haben: dem Potestaten selbst / vnd seinem Sohn / wie gleichfalls allen fürnehmen Gliedern der berührten Evangelischen Kirchen zu Tyran den Todt getröwet.

Als solche schreckliche Mordthaten die daselbst restdierende ordenliche Oberkeit weder hinderen noch wehren können / weil weder in noch vor den Häusern jemand vor solchen Gesellen sicher war / als deren Residentz allernechst an der Herrschafft Venedig Landt hat gräntzet / dahin sie sich jederzeit retiriren können: hat besagte Oberkeit jhr Zuflucht nothwendiglich zu der hohen Oberkeit nehmen müssen. Die hat nit ermanglet in mittem Februar. An. 1620. auß jrem Mittel 6. Commissarien dahin zuschicken / als H Joachim Montalta gewesenen Landtrichter im grawen Pundt / H. Niclausen Scheny / gewesenen Vicari im Landt Veltlin / H. Hans Baptisten von Salis Doct. beyder Rechten / H. Hauptman Jacoben Ruinelli / H. Salomon Bülen Landtamptman auff Devos im 10. Gerichten pundt / H. Dietegen Hartman Landtshauptman in der Herrschaft Meyenfeld / vnd H. Hans Andres Mingardinen Cantzlern / etc.

Von diesen wurden vber die allbereit von Potestat / Hansen von Cappaul zu Tyran / vnd Andres Enderlin / auff der Tell formierte Rechtsproceß / etlich andere vnd newe Proceß gefertiget / in welchen durch etlich gefangene vnd gepeinigte Malefitzpersonen / entdeckt worden / daß von den obbemelten Eynwohnern zu Boaltz beschlossen were worden / nit allein den Predicanten daselbst / sondern auch alle Evangelischen in gemein vmbzubringen: ja auch jhrer ordentlichen eygnen Oberkeit selbsten nicht zu schonen. Es wurden auch vnderschiedliche Personen der Fürnembsten namhafft gemacht / welche dieses mörderischen Tractats erste Stiffter gewesen / vnd darzu alle mügliche Hülff zu leisten / versprochen.

Weil aber dieses ein sehr wichtige Sach: ward rahtsam erachtet / daß die ermelten Commissarien sich naher Davos zurück begeben / vnd dem daselbsten selbiger Zeit residirenden Landtgericht / was sie befunden / Relation thun solten: welches sie vmm mitten Aprillen gethan haben. Wurden auch von etlich Edelleuten deß Landts Veltlin / vnderthänig gebetten / daß man auff das ehist / als müglich / das gedachte Thal mit einer Pündner Besatzung versehen vnd bewahren wolte in betrachtung / daß man wegen deß obberürten mordlichen Tractats sich eines Generalauff standts zubefahren hette / so man die Thäter dieser Rebellion strafen würde wöllen: auch vnzweiffelich were / ja allbereit von vielen jahren hero entdeckt / daß Spanien selbsten vnder der Decke lege / vnd solches in das Werck zurichten / vnderstünde: alß man sonderlich Anno 1584. vnd hernach / erfahren hat.

Diß alles ist zwar in Bedencken genommen / vnd reiflich berathschlagt worden: hat aber vmb allerley vrsachen willen / nicht in das Werck kommen mögen: anderst / dann als man in erfahrung gebracht / daß ein anzahl Spanier sich an die drey Pleven / in des Veltlins Nachbarschafft genähert / die Oberkeiten Veltlins jhre Besatzungen in die Lauffgräben zu Trahona vnd Morbenn / vmb den 11. Julij Anno 1620. zulegen / genötiget wurden / hiemit das Thal von jhren Feinden zuverstchern / welche Besatzungen von den eygnen Eynwohnern deß Landts Veltlin gewesen: haben aber nichts außrichten mögen / als daß die Evangelischen daselbst dermassen eyngethan wurden / daß sie von selbigem Ort nit fliehen können: sintemal / vermög deß albereit beschlossenen / aber vmb acht tag anticipierten Tractats / welches war Sontag der 9. Julij An. 1620. alten Calenders / das grausame Blutbads zu Tyran vnd Tell / auch im Hauptflecken Sonders vnd anderßwo / ins Werck gerichtet worden.

Mordthatenzu Tyran. Der anfang ward zu Tyran gemacht: allda diesen verzweiffelten Bößwichten die hilffliche Hand etlich Bressaner gebotten: deren fürnembste Redlinsführer waren / Jacob Robustell von Grossot / Marx Antoni Venosta von Groß / Vincentz Venostae Doctor der Artzney zu Mazz / vnd Franciscus Venosta von Tyran / D. beyder Rechten. Diese / mit sampt jren Anhängern / frembden vnd inheimischen / so alless ehrlose Buben waren / gaben vor allen dingen Ordnung / daß man die Päß vnd Strassen / hin vnd wider wol verlegte / damit jr blutiger Anschlag / den Evangelischen im Landt nit alsobald zu Ohren käme / dardurch sie an desselben Execittion verhindert werden möchten. Fielen folgends vmb 6. Vhr gegen der Nacht / in den Flecken Tyran / sich in Doctor Francisti Venosten Behausung sambiende: tharen 4. Büchsenschüß auff dem Plaß bey des Potestaten Pallast / vnd liessen die grosse Glocken zu Tyran leuten. Nicht geschwinder war männiglich in Wehr vnd Waffen / vnd versamlete sich bey der bemelten Behausung. Man schickte die Brucken zu Brüß abzuwerffen: dahin starcke Besatzung gelegt war. Das geschahevortag. Sobald der Tag anbrach / ward widerumb Sturm geleutet / da sich die Henckersbuben von allen Orten zusammen gethan haben. Die Evangelischen / so sich auff die Gassen begeben / zu sehen was es were / wurden stracks niderge-

vnd Brüß / wie auch beyden Potestaten zu Tyran vnnd Tell / in besagtem Ort Boaltz / die Predig daselbsten zuverrichten / samptlich befunden. Es sind aber die Papisten mit Wehr vñ Wafen alßbald dermassen zusam̃en geloffen / daß man nothtrungenlich sich des Predigens hat müssen enthalten. Vnd ist eben selbigen Tags / vmb bemelter Vrsach willen / der Predicant zu Brüß / Herr Gaudentius Tack / bey nahe auff den Todt geprügelt / ein Jüngling von Tyran gar vmbgebracht / vnd andere vom selbigen Orth also mißhandelt worden / das sie der hernachfolgenden grawsamen Verfolgung gleichsam die ersten Martyrer zu Tyran gewesen. Es ward bald hernach auch deß Potestaten Diener einer daselbst erschlagen: allda dieser Mörder Frevenheit so groß / daß sie alle wider sie auß gangene Oberkeitliche Mandaten nicht allein in Wind geschlagen: sondern auch zu höchster Verachtung derselben / offentlich mit Wehr vnd Wafen vor dem Palast herumb spatziert haben: dem Potestaten selbst / vnd seinem Sohn / wie gleichfalls allen fürnehmen Gliedern der berührten Evangelischen Kirchen zu Tyran den Todt getröwet.

Als solche schreckliche Mordthaten die daselbst restdierende ordenliche Oberkeit weder hinderen noch wehren können / weil weder in noch vor den Häusern jemand vor solchen Gesellen sicher war / als deren Residentz allernechst an der Herrschafft Venedig Landt hat gräntzet / dahin sie sich jederzeit retiriren können: hat besagte Oberkeit jhr Zuflucht nothwendiglich zu der hohen Oberkeit nehmen müssen. Die hat nit ermanglet in mittem Februar. An. 1620. auß jrem Mittel 6. Com̃issarien dahin zuschicken / als H Joachim Montalta gewesenen Landtrichter im grawen Pundt / H. Niclausen Scheny / gewesenen Vicari im Landt Veltlin / H. Hans Baptisten von Salis Doct. beyder Rechtẽ / H. Hauptman Jacoben Ruinelli / H. Salomon Bülen Landtamptman auff Devos im 10. Gerichten pundt / H. Dietegen Hartman Landtshauptman in der Herrschaft Meyenfeld / vnd H. Hans Andres Mingardinen Cantzlern / etc.

Von diesen wurden vber die allbereit von Potestat / Hansen von Cappaul zu Tyran / vnd Andres Enderlin / auff der Tell formierte Rechtsproceß / etlich andere vnd newe Proceß gefertiget / in welchen durch etlich gefangene vnd gepeinigte Malefitzpersonen / entdeckt worden / daß von den obbemelten Eynwohnern zu Boaltz beschlossen were worden / nit allein den Predicanten daselbst / sondern auch alle Evangelischen in gemein vmbzubringen: ja auch jhrer ordentlichen eygnen Oberkeit selbsten nicht zu schonen. Es wurden auch vnderschiedliche Personen der Fürnembsten namhafft gemacht / welche dieses mörderischen Tractats erste Stiffter gewesen / vnd darzu alle mügliche Hülff zu leisten / versprochen.

Weil aber dieses ein sehr wichtige Sach: ward rahtsam erachtet / daß die ermelten Commissarien sich naher Davos zurück begeben / vñ dem daselbsten selbiger Zeit residirenden Landtgericht / was sie befunden / Relation thun solten: welches sie vm̃ mitten Aprillen gethan haben. Wurden auch von etlich Edelleuten deß Landts Veltlin / vnderthänig gebetten / daß man auff das ehist / als müglich / das gedachte Thal mit einer Pündner Besatzung versehen vnd bewahren wolte in betrachtung / daß man wegen deß obberürten mordlichen Tractats sich eines Generalauff standts zubefahren hette / so man die Thäter dieser Rebellion strafen würde wöllen: auch vnzweiffelich were / ja allbereit von vielen jahren hero entdeckt / daß Spanien selbsten vnder der Decke lege / vnd solches in das Werck zurichten / vnderstünde: alß man sonderlich Anno 1584. vnd hernach / erfahren hat.

Diß alles ist zwar in Bedencken genommen / vnd reiflich berathschlagt worden: hat aber vmb allerley vrsachen willen / nicht in das Werck kommen mögen: anderst / dann als man in erfahrung gebracht / daß ein anzahl Spanier sich an die drey Pleven / in des Veltlins Nachbarschafft genähert / die Oberkeiten Veltlins jhre Besatzungen in die Lauffgräben zu Trahona vnd Morbenn / vmb den 11. Julij Anno 1620. zulegen / genötiget wurden / hiemit das Thal von jhren Feinden zuverstchern / welche Besatzungen von den eygnen Eynwohnern deß Landts Veltlin gewesen: haben aber nichts außrichten mögen / als daß die Evangelischen daselbst dermassen eyngethan wurden / daß sie von selbigem Ort nit fliehen können: sintemal / vermög deß albereit beschlossenen / aber vmb acht tag anticipierten Tractats / welches war Sontag der 9. Julij An. 1620. alten Calenders / das grausame Blutbads zu Tyran vñ Tell / auch im Hauptflecken Sonders vnd anderßwo / ins Werck gerichtet worden.

Mordthatenzu Tyran. Der anfang ward zu Tyran gemacht: allda diesen verzweiffelten Bößwichtẽ die hilffliche Hand etlich Bressaner gebotten: deren fürnembste Redlinsführer waren / Jacob Robustell von Grossot / Marx Antoni Venosta von Groß / Vincentz Venostae Doctor der Artzney zu Mazz / vñ Franciscus Venosta von Tyran / D. beyder Rechten. Diese / mit sampt jren Anhängern / frembden vnd inheimischen / so alless ehrlose Buben waren / gaben vor allen dingen Ordnung / daß man die Päß vnd Strassen / hin vnd wider wol verlegte / damit jr blutiger Anschlag / den Evangelischen im Landt nit alsobald zu Ohren käme / dardurch sie an desselben Execittion verhindert werden möchten. Fielen folgends vmb 6. Vhr gegen der Nacht / in den Flecken Tyran / sich in Doctor Francisti Venosten Behausung sambiende: tharen 4. Büchsenschüß auff dem Plaß bey des Potestaten Pallast / vnd liessen die grosse Glocken zu Tyran leuten. Nicht geschwinder war männiglich in Wehr vnd Waffen / vnd versamlete sich bey der bemelten Behausung. Man schickte die Brucken zu Brüß abzuwerffen: dahin starcke Besatzung gelegt war. Das geschahevortag. Sobald der Tag anbrach / ward widerumb Sturm geleutet / da sich die Henckersbubẽ von allen Orten zusam̃en gethan habẽ. Die Evangelischen / so sich auff die Gassen begeben / zu sehen was es were / wurden stracks niderge-

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          <p>Als solche schreckliche Mordthaten die daselbst restdierende ordenliche Oberkeit                      weder hinderen noch wehren können / weil weder in noch vor den Häusern jemand                      vor solchen Gesellen sicher war / als deren Residentz allernechst an der                      Herrschafft Venedig Landt hat gräntzet / dahin sie sich jederzeit retiriren                      können: hat besagte Oberkeit jhr Zuflucht nothwendiglich zu der hohen Oberkeit                      nehmen müssen. Die hat nit ermanglet in mittem Februar. An. 1620. auß jrem                      Mittel 6. Com&#x0303;issarien dahin zuschicken / als H Joachim Montalta                      gewesenen Landtrichter im grawen Pundt / H. Niclausen Scheny / gewesenen Vicari                      im Landt Veltlin / H. Hans Baptisten von Salis Doct. beyder Rechte&#x0303; / H. Hauptman                      Jacoben Ruinelli / H. Salomon Bülen Landtamptman auff Devos im 10. Gerichten                      pundt / H. Dietegen Hartman Landtshauptman in der Herrschaft Meyenfeld / vnd H.                      Hans Andres Mingardinen Cantzlern / etc.</p>
          <p>Von diesen wurden vber die allbereit von Potestat / Hansen von Cappaul zu Tyran /                      vnd Andres Enderlin / auff der Tell formierte Rechtsproceß / etlich andere vnd                      newe Proceß gefertiget / in welchen durch etlich gefangene vnd gepeinigte                      Malefitzpersonen / entdeckt worden / daß von den obbemelten Eynwohnern zu Boaltz                      beschlossen were worden / nit allein den Predicanten daselbst / sondern auch                      alle Evangelischen in gemein vmbzubringen: ja auch jhrer ordentlichen eygnen                      Oberkeit selbsten nicht zu schonen. Es wurden auch vnderschiedliche Personen der                      Fürnembsten namhafft gemacht / welche dieses mörderischen Tractats erste                      Stiffter gewesen / vnd darzu alle mügliche Hülff zu leisten / versprochen.</p>
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          <p>Diß alles ist zwar in Bedencken genommen / vnd reiflich berathschlagt worden: hat                      aber vmb allerley vrsachen willen / nicht in das Werck kommen mögen: anderst /                      dann als man in erfahrung gebracht / daß ein anzahl Spanier sich an die drey                      Pleven / in des Veltlins Nachbarschafft genähert / die Oberkeiten Veltlins jhre                      Besatzungen in die Lauffgräben zu Trahona vnd Morbenn / vmb den 11. Julij Anno                      1620. zulegen / genötiget wurden / hiemit das Thal von jhren Feinden                      zuverstchern / welche Besatzungen von den eygnen Eynwohnern deß Landts Veltlin                      gewesen: haben aber nichts außrichten mögen / als daß die Evangelischen daselbst                      dermassen eyngethan wurden / daß sie von selbigem Ort nit fliehen können:                      sintemal / vermög deß albereit beschlossenen / aber vmb acht tag anticipierten                      Tractats / welches war Sontag der 9. Julij An. 1620. alten Calenders / das                      grausame Blutbads zu Tyran vn&#x0303; Tell / auch im Hauptflecken Sonders                      vnd anderßwo / ins Werck gerichtet worden.</p>
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[488/0555] vnd Brüß / wie auch beyden Potestaten zu Tyran vnnd Tell / in besagtem Ort Boaltz / die Predig daselbsten zuverrichten / samptlich befunden. Es sind aber die Papisten mit Wehr vñ Wafen alßbald dermassen zusam̃en geloffen / daß man nothtrungenlich sich des Predigens hat müssen enthalten. Vnd ist eben selbigen Tags / vmb bemelter Vrsach willen / der Predicant zu Brüß / Herr Gaudentius Tack / bey nahe auff den Todt geprügelt / ein Jüngling von Tyran gar vmbgebracht / vnd andere vom selbigen Orth also mißhandelt worden / das sie der hernachfolgenden grawsamen Verfolgung gleichsam die ersten Martyrer zu Tyran gewesen. Es ward bald hernach auch deß Potestaten Diener einer daselbst erschlagen: allda dieser Mörder Frevenheit so groß / daß sie alle wider sie auß gangene Oberkeitliche Mandaten nicht allein in Wind geschlagen: sondern auch zu höchster Verachtung derselben / offentlich mit Wehr vnd Wafen vor dem Palast herumb spatziert haben: dem Potestaten selbst / vnd seinem Sohn / wie gleichfalls allen fürnehmen Gliedern der berührten Evangelischen Kirchen zu Tyran den Todt getröwet. Als solche schreckliche Mordthaten die daselbst restdierende ordenliche Oberkeit weder hinderen noch wehren können / weil weder in noch vor den Häusern jemand vor solchen Gesellen sicher war / als deren Residentz allernechst an der Herrschafft Venedig Landt hat gräntzet / dahin sie sich jederzeit retiriren können: hat besagte Oberkeit jhr Zuflucht nothwendiglich zu der hohen Oberkeit nehmen müssen. Die hat nit ermanglet in mittem Februar. An. 1620. auß jrem Mittel 6. Com̃issarien dahin zuschicken / als H Joachim Montalta gewesenen Landtrichter im grawen Pundt / H. Niclausen Scheny / gewesenen Vicari im Landt Veltlin / H. Hans Baptisten von Salis Doct. beyder Rechtẽ / H. Hauptman Jacoben Ruinelli / H. Salomon Bülen Landtamptman auff Devos im 10. Gerichten pundt / H. Dietegen Hartman Landtshauptman in der Herrschaft Meyenfeld / vnd H. Hans Andres Mingardinen Cantzlern / etc. Von diesen wurden vber die allbereit von Potestat / Hansen von Cappaul zu Tyran / vnd Andres Enderlin / auff der Tell formierte Rechtsproceß / etlich andere vnd newe Proceß gefertiget / in welchen durch etlich gefangene vnd gepeinigte Malefitzpersonen / entdeckt worden / daß von den obbemelten Eynwohnern zu Boaltz beschlossen were worden / nit allein den Predicanten daselbst / sondern auch alle Evangelischen in gemein vmbzubringen: ja auch jhrer ordentlichen eygnen Oberkeit selbsten nicht zu schonen. Es wurden auch vnderschiedliche Personen der Fürnembsten namhafft gemacht / welche dieses mörderischen Tractats erste Stiffter gewesen / vnd darzu alle mügliche Hülff zu leisten / versprochen. Weil aber dieses ein sehr wichtige Sach: ward rahtsam erachtet / daß die ermelten Commissarien sich naher Davos zurück begeben / vñ dem daselbsten selbiger Zeit residirenden Landtgericht / was sie befunden / Relation thun solten: welches sie vm̃ mitten Aprillen gethan haben. Wurden auch von etlich Edelleuten deß Landts Veltlin / vnderthänig gebetten / daß man auff das ehist / als müglich / das gedachte Thal mit einer Pündner Besatzung versehen vnd bewahren wolte in betrachtung / daß man wegen deß obberürten mordlichen Tractats sich eines Generalauff standts zubefahren hette / so man die Thäter dieser Rebellion strafen würde wöllen: auch vnzweiffelich were / ja allbereit von vielen jahren hero entdeckt / daß Spanien selbsten vnder der Decke lege / vnd solches in das Werck zurichten / vnderstünde: alß man sonderlich Anno 1584. vnd hernach / erfahren hat. Diß alles ist zwar in Bedencken genommen / vnd reiflich berathschlagt worden: hat aber vmb allerley vrsachen willen / nicht in das Werck kommen mögen: anderst / dann als man in erfahrung gebracht / daß ein anzahl Spanier sich an die drey Pleven / in des Veltlins Nachbarschafft genähert / die Oberkeiten Veltlins jhre Besatzungen in die Lauffgräben zu Trahona vnd Morbenn / vmb den 11. Julij Anno 1620. zulegen / genötiget wurden / hiemit das Thal von jhren Feinden zuverstchern / welche Besatzungen von den eygnen Eynwohnern deß Landts Veltlin gewesen: haben aber nichts außrichten mögen / als daß die Evangelischen daselbst dermassen eyngethan wurden / daß sie von selbigem Ort nit fliehen können: sintemal / vermög deß albereit beschlossenen / aber vmb acht tag anticipierten Tractats / welches war Sontag der 9. Julij An. 1620. alten Calenders / das grausame Blutbads zu Tyran vñ Tell / auch im Hauptflecken Sonders vnd anderßwo / ins Werck gerichtet worden. Der anfang ward zu Tyran gemacht: allda diesen verzweiffelten Bößwichtẽ die hilffliche Hand etlich Bressaner gebotten: deren fürnembste Redlinsführer waren / Jacob Robustell von Grossot / Marx Antoni Venosta von Groß / Vincentz Venostae Doctor der Artzney zu Mazz / vñ Franciscus Venosta von Tyran / D. beyder Rechten. Diese / mit sampt jren Anhängern / frembden vnd inheimischen / so alless ehrlose Buben waren / gaben vor allen dingen Ordnung / daß man die Päß vnd Strassen / hin vnd wider wol verlegte / damit jr blutiger Anschlag / den Evangelischen im Landt nit alsobald zu Ohren käme / dardurch sie an desselben Execittion verhindert werden möchten. Fielen folgends vmb 6. Vhr gegen der Nacht / in den Flecken Tyran / sich in Doctor Francisti Venosten Behausung sambiende: tharen 4. Büchsenschüß auff dem Plaß bey des Potestaten Pallast / vnd liessen die grosse Glocken zu Tyran leuten. Nicht geschwinder war männiglich in Wehr vnd Waffen / vnd versamlete sich bey der bemelten Behausung. Man schickte die Brucken zu Brüß abzuwerffen: dahin starcke Besatzung gelegt war. Das geschahevortag. Sobald der Tag anbrach / ward widerumb Sturm geleutet / da sich die Henckersbubẽ von allen Orten zusam̃en gethan habẽ. Die Evangelischen / so sich auff die Gassen begeben / zu sehen was es were / wurden stracks niderge- Mordthatenzu Tyran.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Frederike Neuber, Marcus Baumgarten: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Das zweispaltige Layout wurde bei Transkription und Auszeichnung des Textes nicht berücksichtigt.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



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Zitationshilfe: Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/555>, abgerufen am 29.06.2024.