Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Christoph: Glückseliger Reichthumb. Leutschau, 1647.

Bild:
<< vorherige Seite

hätten verderben müssen/ wegen seiner hülffe jhn gesegnet/ und
solcher Segen an jhm wol erfullet worden. Er nennet noch
eine art der verlassenen Personen/ welchen er/ als ein gerechter
Richter beygestanden und geholffen. Das sind nun

4. Die Witwen. Denn er spricht: Jch erfrewete das
Hertz der Witwen.
Witwen Stand ist auch ein trübseliger
Stand/ darin man viel wiederwertigkeit ausstehen muß. Es
haben solche jhres lieben Ehegatten beraubte Turteltäublein
häuffige ursach zu seufftzen und zu girren in jhrer einsamkeit.

Der beste Freund ist gestorben; umb andere/ die jhnen beystehen
solten/ ist es mißlich. Es wird jhnen schwer/ etwas zuerwerben/
oder die Nahrungs-mittel alleine fort zu treiben. Man über-
vortheilet sie hin und wieder/ thut jhnen Gewalt/ lässet an jhnen
die unbilliche gegen jhren Ehemännern gefassete feindschafft
aus/ welche man bey seinen lebzeiten nicht durffen mercken lassen.
Wittiber können sich/ wo es die noth erfodert/ noch wiederumb
anderwerts umbsehen nach einem Ehegatten. Aber das schickt
sich nicht vor Witwen. Die sollen nicht eher dancken/ biß sie ge-
grüsset werden. Solcherley vielfältige trübseligkeiten im Wit-
Greg: Nyss:
de virg: c.
3.
wenstande hat Gregorius Nyssenus. von der Jungfrawschafft
im 3. Capittel
weitläufftig beschrieben. Ja es redet auch Job
selbst hiervon: Man nehme der Witwen Ochsen zu pfande;
Job 24. v.
3. 21.
c. 31. v. 19.
man thue jhr kein guts/ im 24. Capittel/ man lasse die Augen
der Witwen verschmachten/ im 31. Capitel. Hingegen berich-
tet er/ das Er der Witwen Hertz erfrewet habe. Er nennet das
Hertz der Wittiben/ anzuzeigen die grösse jhrer gehabten betrüb-
1. B. Sam:
am 1. v. 13.
15. 16.
nis. Denn gleich wie im 1. Buch Samuels am 1. von Hanna
gemeldet wird: Sie redet in jhrem Hertzen/ allein jhre Lippen
regeten sich/ und jhre Stimme höret man nicht; denn sie war
ein betrübt Weib/ das aus seinem grossen kummer und traw-
rigkeit redete/ und sein Hertz vor dem Herren ausschüttete.

Also will hier Job sagen/ gehet es den armen verlassenen Witti-
ben/ jhr Hertz ist voll trawrens und kummernis/ sie können nicht/

dürffen

haͤtten verderben muͤſſen/ wegen ſeiner huͤlffe jhn geſegnet/ und
ſolcher Segen an jhm wol erfůllet worden. Er nennet noch
eine art der verlaſſenen Perſonen/ welchen er/ als ein gerechter
Richter beygeſtanden und geholffen. Das ſind nun

4. Die Witwen. Denn er ſpricht: Jch erfrewete das
Hertz der Witwen.
Witwen Stand iſt auch ein truͤbſeliger
Stand/ darin man viel wiederwertigkeit ausſtehen muß. Es
haben ſolche jhres lieben Ehegatten beraubte Turteltaͤublein
haͤuffige urſach zu ſeufftzen und zu girren in jhrer einſamkeit.

Der beſte Freund iſt geſtorben; umb andere/ die jhnen beyſtehen
ſolten/ iſt es mißlich. Es wird jhnen ſchwer/ etwas zuerwerben/
oder die Nahrungs-mittel alleine fort zu treiben. Man uͤber-
vortheilet ſie hin und wieder/ thut jhnen Gewalt/ laͤſſet an jhnen
die unbilliche gegen jhren Ehemaͤnnern gefaſſete feindſchafft
aus/ welche man bey ſeinen lebzeiten nicht durffen mercken laſſen.
Wittiber koͤnnen ſich/ wo es die noth erfodert/ noch wiederumb
anderwerts umbſehen nach einem Ehegatten. Aber das ſchickt
ſich nicht vor Witwen. Die ſollen nicht eher dancken/ biß ſie ge-
gruͤſſet werden. Solcherley vielfaͤltige truͤbſeligkeiten im Wit-
Greg: Nyſs:
de virg: c.
3.
wenſtande hat Gregorius Nyſſenus. von der Jungfrawſchafft
im 3. Capittel
weitlaͤufftig beſchrieben. Ja es redet auch Job
ſelbſt hiervon: Man nehme der Witwen Ochſen zu pfande;
Job 24. v.
3. 21.
c. 31. v. 19.
man thue jhr kein guts/ im 24. Capittel/ man laſſe die Augen
der Witwen verſchmachten/ im 31. Capitel. Hingegen berich-
tet er/ das Er der Witwen Hertz erfrewet habe. Er nennet das
Hertz der Wittiben/ anzuzeigen die groͤſſe jhrer gehabten betruͤb-
1. B. Sam:
am 1. v. 13.
15. 16.
nis. Denn gleich wie im 1. Buch Samuels am 1. von Hanna
gemeldet wird: Sie redet in jhrem Hertzen/ allein jhre Lippen
regeten ſich/ und jhre Stimme hoͤret man nicht; denn ſie war
ein betruͤbt Weib/ das aus ſeinem groſſen kummer und traw-
rigkeit redete/ und ſein Hertz vor dem Herren ausſchuͤttete.

Alſo will hier Job ſagen/ gehet es den armen verlaſſenen Witti-
ben/ jhr Hertz iſt voll trawrens und kummernis/ ſie koͤnnen nicht/

duͤrffen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0024" n="[24]"/>
ha&#x0364;tten verderben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ wegen &#x017F;einer hu&#x0364;lffe jhn ge&#x017F;egnet/ und<lb/>
&#x017F;olcher Segen an jhm wol erf&#x016F;llet worden. Er nennet noch<lb/>
eine art der verla&#x017F;&#x017F;enen Per&#x017F;onen/ welchen er/ als ein gerechter<lb/>
Richter beyge&#x017F;tanden und geholffen. Das &#x017F;ind nun</p><lb/>
              <p>4. <hi rendition="#fr">Die Witwen.</hi> Denn er &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Jch erfrewete das<lb/>
Hertz der Witwen.</hi> Witwen Stand i&#x017F;t auch ein tru&#x0364;b&#x017F;eliger<lb/>
Stand/ darin man viel wiederwertigkeit aus&#x017F;tehen muß. Es<lb/>
haben &#x017F;olche jhres lieben Ehegatten beraubte Turtelta&#x0364;ublein<lb/>
ha&#x0364;uffige ur&#x017F;ach zu &#x017F;eufftzen und zu girren in jhrer ein&#x017F;amkeit.</p><lb/>
              <p>Der be&#x017F;te Freund i&#x017F;t ge&#x017F;torben; umb andere/ die jhnen bey&#x017F;tehen<lb/>
&#x017F;olten/ i&#x017F;t es mißlich. Es wird jhnen &#x017F;chwer/ etwas zuerwerben/<lb/>
oder die Nahrungs-mittel alleine fort zu treiben. Man u&#x0364;ber-<lb/>
vortheilet &#x017F;ie hin und wieder/ thut jhnen Gewalt/ la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et an jhnen<lb/>
die unbilliche gegen jhren Ehema&#x0364;nnern gefa&#x017F;&#x017F;ete feind&#x017F;chafft<lb/>
aus/ welche man bey &#x017F;einen lebzeiten nicht durffen mercken la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Wittiber ko&#x0364;nnen &#x017F;ich/ wo es die noth erfodert/ noch wiederumb<lb/>
anderwerts umb&#x017F;ehen nach einem Ehegatten. Aber das &#x017F;chickt<lb/>
&#x017F;ich nicht vor Witwen. Die &#x017F;ollen nicht eher dancken/ biß &#x017F;ie ge-<lb/>
gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;et werden. Solcherley vielfa&#x0364;ltige tru&#x0364;b&#x017F;eligkeiten im Wit-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Greg: Ny&#x017F;s:<lb/>
de virg: c.</hi> 3.</note>wen&#x017F;tande hat <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gregorius Ny&#x017F;&#x017F;enus.</hi></hi> <hi rendition="#fr">von der Jungfraw&#x017F;chafft<lb/>
im 3. Capittel</hi> weitla&#x0364;ufftig be&#x017F;chrieben. Ja es redet auch <hi rendition="#fr">Job</hi><lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t hiervon: Man nehme der Witwen Och&#x017F;en zu pfande;<lb/><note place="left">Job 24. v.<lb/>
3. 21.<lb/>
c. 31. v. 19.</note>man thue jhr kein guts/ im 24. Capittel/ man la&#x017F;&#x017F;e die Augen<lb/>
der Witwen ver&#x017F;chmachten/ im 31. Capitel. Hingegen berich-<lb/>
tet er/ <hi rendition="#fr">das Er der Witwen Hertz erfrewet</hi> habe. Er nennet das<lb/><hi rendition="#fr">Hertz</hi> der Wittiben/ anzuzeigen die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e jhrer gehabten betru&#x0364;b-<lb/><note place="left">1. B. Sam:<lb/>
am 1. v. 13.<lb/>
15. 16.</note>nis. Denn gleich wie im 1. Buch Samuels am 1. von Hanna<lb/>
gemeldet wird: <hi rendition="#fr">Sie redet</hi> in jhrem Hertzen/ <hi rendition="#fr">allein jhre Lippen<lb/>
regeten &#x017F;ich/ und jhre Stimme ho&#x0364;ret man nicht; denn &#x017F;ie war<lb/>
ein betru&#x0364;bt Weib/ das aus &#x017F;einem gro&#x017F;&#x017F;en kummer und traw-<lb/>
rigkeit redete/ und &#x017F;ein Hertz vor dem <hi rendition="#k">He</hi>rren aus&#x017F;chu&#x0364;ttete.</hi></p><lb/>
              <p>Al&#x017F;o will hier Job &#x017F;agen/ gehet es den armen verla&#x017F;&#x017F;enen Witti-<lb/>
ben/ jhr <hi rendition="#fr">Hertz</hi> i&#x017F;t voll trawrens und kummernis/ &#x017F;ie ko&#x0364;nnen nicht/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">du&#x0364;rffen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[24]/0024] haͤtten verderben muͤſſen/ wegen ſeiner huͤlffe jhn geſegnet/ und ſolcher Segen an jhm wol erfůllet worden. Er nennet noch eine art der verlaſſenen Perſonen/ welchen er/ als ein gerechter Richter beygeſtanden und geholffen. Das ſind nun 4. Die Witwen. Denn er ſpricht: Jch erfrewete das Hertz der Witwen. Witwen Stand iſt auch ein truͤbſeliger Stand/ darin man viel wiederwertigkeit ausſtehen muß. Es haben ſolche jhres lieben Ehegatten beraubte Turteltaͤublein haͤuffige urſach zu ſeufftzen und zu girren in jhrer einſamkeit. Der beſte Freund iſt geſtorben; umb andere/ die jhnen beyſtehen ſolten/ iſt es mißlich. Es wird jhnen ſchwer/ etwas zuerwerben/ oder die Nahrungs-mittel alleine fort zu treiben. Man uͤber- vortheilet ſie hin und wieder/ thut jhnen Gewalt/ laͤſſet an jhnen die unbilliche gegen jhren Ehemaͤnnern gefaſſete feindſchafft aus/ welche man bey ſeinen lebzeiten nicht durffen mercken laſſen. Wittiber koͤnnen ſich/ wo es die noth erfodert/ noch wiederumb anderwerts umbſehen nach einem Ehegatten. Aber das ſchickt ſich nicht vor Witwen. Die ſollen nicht eher dancken/ biß ſie ge- gruͤſſet werden. Solcherley vielfaͤltige truͤbſeligkeiten im Wit- wenſtande hat Gregorius Nyſſenus. von der Jungfrawſchafft im 3. Capittel weitlaͤufftig beſchrieben. Ja es redet auch Job ſelbſt hiervon: Man nehme der Witwen Ochſen zu pfande; man thue jhr kein guts/ im 24. Capittel/ man laſſe die Augen der Witwen verſchmachten/ im 31. Capitel. Hingegen berich- tet er/ das Er der Witwen Hertz erfrewet habe. Er nennet das Hertz der Wittiben/ anzuzeigen die groͤſſe jhrer gehabten betruͤb- nis. Denn gleich wie im 1. Buch Samuels am 1. von Hanna gemeldet wird: Sie redet in jhrem Hertzen/ allein jhre Lippen regeten ſich/ und jhre Stimme hoͤret man nicht; denn ſie war ein betruͤbt Weib/ das aus ſeinem groſſen kummer und traw- rigkeit redete/ und ſein Hertz vor dem Herren ausſchuͤttete. Greg: Nyſs: de virg: c. 3. Job 24. v. 3. 21. c. 31. v. 19. 1. B. Sam: am 1. v. 13. 15. 16. Alſo will hier Job ſagen/ gehet es den armen verlaſſenen Witti- ben/ jhr Hertz iſt voll trawrens und kummernis/ ſie koͤnnen nicht/ duͤrffen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/537788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/537788/24
Zitationshilfe: Schlegel, Christoph: Glückseliger Reichthumb. Leutschau, 1647, S. [24]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/537788/24>, abgerufen am 25.11.2024.