Lange, Samuel: Die nach den Rettungs-Bergen erhabenen Augen. Görlitz, [1696].Die nach den Rettungs-Bergen öffnet/ wenn er nachmahls spricht: Da ich des Mor-gens frühe zum Volck redete/ starb mir mein Weib/ v. 18. Weil die GOTT selbst/ dessen Augen allerdings genau und unfehlbar schauen/ des Propheten Augen-Lust nen- net: hat man nicht zu zweiffeln/ daß sie solche auch gewe- sen. Denn GOTT siehet nicht/ wie ein Mensch sichet: sondern schauet das Hertze an. 1. Sam. 16. v. 7. So sahe Er auch das/ das der Prophete hatte: und wuste/ was an selbtem hinge/ und sothane Lust brachte/ daß es auch die Augen darnach richtete. Ach aber diese Augen-Lust soll unverhofft vergehen/ und doch dero Verlust den Au- gen keine Unlust machen. Du solt nicht klagen/ etc. Contraria se mutuo pellunt. Wiederwärtige Dinge treiben ordentlicher Weise einander aus/ dermassen: daß/ was das andere verjaget/ an dessen Stelle kömmt; wie Licht und Finsterniß/ Finsterniß und Licht. Hie aber soll/ auf das Abseyn angenehmer Augen-Lust/ keine Un- lust folgen. Heimlich magst du seuffzen; (womit Er den Propheten nicht schlechthin der Menschligkeit entklei- det: sondern ihme die gemeine Hertzens-Traurigkeit zu- lässet): aber keine Todten-Klage solt du führen: sondern du solt deinen Schmuck anlegen/ und deine Schuh an- ziehen. Du solt deinen Mund nicht verhüllen/ und nicht das Trauer-Brodt essen. Wann das Hertze trau- rig ist/ hilfft keine äusserliche Freude: so redet Salomo Prov.
Die nach den Rettungs-Bergen oͤffnet/ wenn er nachmahls ſpricht: Da ich des Mor-gens fruͤhe zum Volck redete/ ſtarb mir mein Weib/ v. 18. Weil die GOTT ſelbſt/ deſſen Augen allerdings genau und unfehlbar ſchauen/ des Propheten Augen-Luſt nen- net: hat man nicht zu zweiffeln/ daß ſie ſolche auch gewe- ſen. Denn GOTT ſiehet nicht/ wie ein Menſch ſichet: ſondern ſchauet das Hertze an. 1. Sam. 16. v. 7. So ſahe Er auch das/ das der Prophete hatte: und wuſte/ was an ſelbtem hinge/ und ſothane Luſt brachte/ daß es auch die Augen darnach richtete. Ach aber dieſe Augen-Luſt ſoll unverhofft vergehen/ und doch dero Verluſt den Au- gen keine Unluſt machen. Du ſolt nicht klagen/ ꝛc. Contraria ſe mutuò pellunt. Wiederwaͤrtige Dinge treiben ordentlicher Weiſe einander aus/ dermaſſen: daß/ was das andere verjaget/ an deſſen Stelle koͤmmt; wie Licht und Finſterniß/ Finſterniß und Licht. Hie aber ſoll/ auf das Abſeyn angenehmer Augen-Luſt/ keine Un- luſt folgen. Heimlich magſt du ſeuffzen; (womit Er den Propheten nicht ſchlechthin der Menſchligkeit entklei- det: ſondern ihme die gemeine Hertzens-Traurigkeit zu- laͤſſet): aber keine Todten-Klage ſolt du fuͤhren: ſondern du ſolt deinen Schmuck anlegen/ und deine Schuh an- ziehen. Du ſolt deinen Mund nicht verhuͤllen/ und nicht das Trauer-Brodt eſſen. Wann das Hertze trau- rig iſt/ hilfft keine aͤuſſerliche Freude: ſo redet Salomo Prov.
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Die nach den Rettungs-Bergen
oͤffnet/ wenn er nachmahls ſpricht: Da ich des Mor-
gens fruͤhe zum Volck redete/ ſtarb mir mein Weib/ v. 18.
Weil die GOTT ſelbſt/ deſſen Augen allerdings genau
und unfehlbar ſchauen/ des Propheten Augen-Luſt nen-
net: hat man nicht zu zweiffeln/ daß ſie ſolche auch gewe-
ſen. Denn GOTT ſiehet nicht/ wie ein Menſch ſichet:
ſondern ſchauet das Hertze an. 1. Sam. 16. v. 7. So ſahe
Er auch das/ das der Prophete hatte: und wuſte/ was
an ſelbtem hinge/ und ſothane Luſt brachte/ daß es auch
die Augen darnach richtete. Ach aber dieſe Augen-Luſt
ſoll unverhofft vergehen/ und doch dero Verluſt den Au-
gen keine Unluſt machen. Du ſolt nicht klagen/ ꝛc.
Contraria ſe mutuò pellunt. Wiederwaͤrtige Dinge
treiben ordentlicher Weiſe einander aus/ dermaſſen:
daß/ was das andere verjaget/ an deſſen Stelle koͤmmt;
wie Licht und Finſterniß/ Finſterniß und Licht. Hie aber
ſoll/ auf das Abſeyn angenehmer Augen-Luſt/ keine Un-
luſt folgen. Heimlich magſt du ſeuffzen; (womit Er den
Propheten nicht ſchlechthin der Menſchligkeit entklei-
det: ſondern ihme die gemeine Hertzens-Traurigkeit zu-
laͤſſet): aber keine Todten-Klage ſolt du fuͤhren: ſondern
du ſolt deinen Schmuck anlegen/ und deine Schuh an-
ziehen. Du ſolt deinen Mund nicht verhuͤllen/ und
nicht das Trauer-Brodt eſſen. Wann das Hertze trau-
rig iſt/ hilfft keine aͤuſſerliche Freude: ſo redet Salomo
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Zitationshilfe: | Lange, Samuel: Die nach den Rettungs-Bergen erhabenen Augen. Görlitz, [1696], S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/509978/4>, abgerufen am 16.02.2025. |