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Mahler, Georg Ernst: Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Christen-Menschen. Freyberg, 1675.

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Abdanckungs-Rede.
wohl aber ist bey unsers Grossen in Jsrael Tode in gewisser masse
was besonders. Es machte ihn derselbe groß/ weil er im hohen Alter
verschieden. Denn/ wie nach der Hebraeer Sprichwort/ ein alter
Mann ein gutes Zeichen in einem Hause ist/ also ist er auch im Tode
für einen dißfalls gesegneten des Herrn zuhalten. Und obgleich ie-
ner Comicus sagt: Quem Dii diligunt, adolescens moritur: So
wissen wir Christen doch besser/ daß das hohe Alter von GOtt mit son-
derbaren privilegien und Ehren begnadiget worden. Und haben ja
die Römer/ und sonderlich die Spartaner alten Leuten die gröste Ehre
und höchste Stelle iederzeit gegönnet. Groß ferner/ weil er nicht
langweilig sondern eilig gestorben. Es ist dieser Fürst und Grosse in
Jsrael gefallen. Nicht aber wie Abner/ sondern natürlich. Nicht
wie die Römer das Wort Cecidit gebrauchet von junger Leuten To-
de/ die mitten in ihrem Lebens-Lauff gleichsam angestossen und gefallen.
Denn da muß man vielmehr auff sein Epitaphium schreiben VIXIT,
so wohl boni ominis und euphemias caussa, als auch weil er numehro
aus gelebet und seinen Lebens-Lauff gantz vollendet: Sondern/ er
ist gefallen/ weil er sich nicht lange im Tode qvälen dörffen. Er ist
gleichsam als eine gantz verblühete Himmels-Blume durch die Hand
GOttes (denn also wird auch seine letzte Todes-Kranckheit genennet)
gerühret/ und gar sanffte hinweg genommen worden. Ein schneller
Tod ist nicht zu beklagen/ aber/ für einen bösen schnellen Tod behüt uns
lieber HErre GOtt! Unser sel. Herr Inspector ist in seinem Tode
Groß auch weil er wohl- und selig verschieden. Denn da können wir
ihm auch/ wie Hieronymus der sel. Paulae nachruffen: Fides & o-
pera tua Christo te sociant!
Und demnach Un bel morire, wie der
Jtaliäner spricht/ tutta la uita honora; O so last uns doch stets ge-
dencken an diesen unsern Grossen in Jsrael/ zumahln er ja unser Leh-
rer gewesen/ der uns das Wort GOttes gesaget hat/ last uns sein Ende
anschauen und seinem Glauben nachfolgen!

Und das ist auch die letzte motive, warumb wir unsern sel. Herrn
Inspectorem billig einen Grossen Kirchen-Fürsten nennen/ nehm-

lich

Abdanckungs-Rede.
wohl aber iſt bey unſers Groſſen in Jſrael Tode in gewiſſer maſſe
was beſonders. Es machte ihn derſelbe groß/ weil er im hohen Alter
verſchieden. Denn/ wie nach der Hebræer Sprichwort/ ein alter
Mann ein gutes Zeichen in einem Hauſe iſt/ alſo iſt er auch im Tode
fuͤr einen dißfalls geſegneten des Herrn zuhalten. Und obgleich ie-
ner Comicus ſagt: Quem Dii diligunt, adoleſcens moritur: So
wiſſen wir Chriſten doch beſſer/ daß das hohe Alter von GOtt mit ſon-
derbaren privilegien und Ehren begnadiget worden. Und haben ja
die Roͤmer/ und ſonderlich die Spartaner alten Leuten die groͤſte Ehre
und hoͤchſte Stelle iederzeit gegoͤnnet. Groß ferner/ weil er nicht
langweilig ſondern eilig geſtorben. Es iſt dieſer Fuͤrſt und Groſſe in
Jſrael gefallen. Nicht aber wie Abner/ ſondern natürlich. Nicht
wie die Roͤmer das Wort Cecidit gebrauchet von junger Leuten To-
de/ die mitten in ihrem Lebens-Lauff gleichſam angeſtoſſen und gefallen.
Denn da muß man vielmehr auff ſein Epitaphium ſchreiben VIXIT,
ſo wohl boni ominis und ἐυφημίας causſa, als auch weil er numehro
aus gelebet und ſeinen Lebens-Lauff gantz vollendet: Sondern/ er
iſt gefallen/ weil er ſich nicht lange im Tode qvaͤlen doͤrffen. Er iſt
gleichſam als eine gantz verbluͤhete Himmels-Blume durch die Hand
GOttes (denn alſo wird auch ſeine letzte Todes-Kranckheit genennet)
geruͤhret/ und gar ſanffte hinweg genommen worden. Ein ſchneller
Tod iſt nicht zu beklagen/ aber/ fuͤr einen boͤſen ſchnellen Tod behuͤt uns
lieber HErre GOtt! Unſer ſel. Herr Inſpector iſt in ſeinem Tode
Groß auch weil er wohl- und ſelig verſchieden. Denn da koͤnnen wir
ihm auch/ wie Hieronymus der ſel. Paulæ nachruffen: Fides & o-
pera tua Chriſto te ſociant!
Und demnach Un bel morire, wie der
Jtaliaͤner ſpricht/ tutta la uita honora; O ſo laſt uns doch ſtets ge-
dencken an dieſen unſern Groſſen in Jſrael/ zumahln er ja unſer Leh-
rer geweſen/ der uns das Wort GOttes geſaget hat/ laſt uns ſein Ende
anſchauen und ſeinem Glauben nachfolgen!

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Inſpectorem billig einen Groſſen Kirchen-Fuͤrſten nennen/ nehm-

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[0044] Abdanckungs-Rede. wohl aber iſt bey unſers Groſſen in Jſrael Tode in gewiſſer maſſe was beſonders. Es machte ihn derſelbe groß/ weil er im hohen Alter verſchieden. Denn/ wie nach der Hebræer Sprichwort/ ein alter Mann ein gutes Zeichen in einem Hauſe iſt/ alſo iſt er auch im Tode fuͤr einen dißfalls geſegneten des Herrn zuhalten. Und obgleich ie- ner Comicus ſagt: Quem Dii diligunt, adoleſcens moritur: So wiſſen wir Chriſten doch beſſer/ daß das hohe Alter von GOtt mit ſon- derbaren privilegien und Ehren begnadiget worden. Und haben ja die Roͤmer/ und ſonderlich die Spartaner alten Leuten die groͤſte Ehre und hoͤchſte Stelle iederzeit gegoͤnnet. Groß ferner/ weil er nicht langweilig ſondern eilig geſtorben. Es iſt dieſer Fuͤrſt und Groſſe in Jſrael gefallen. Nicht aber wie Abner/ ſondern natürlich. Nicht wie die Roͤmer das Wort Cecidit gebrauchet von junger Leuten To- de/ die mitten in ihrem Lebens-Lauff gleichſam angeſtoſſen und gefallen. Denn da muß man vielmehr auff ſein Epitaphium ſchreiben VIXIT, ſo wohl boni ominis und ἐυφημίας causſa, als auch weil er numehro aus gelebet und ſeinen Lebens-Lauff gantz vollendet: Sondern/ er iſt gefallen/ weil er ſich nicht lange im Tode qvaͤlen doͤrffen. Er iſt gleichſam als eine gantz verbluͤhete Himmels-Blume durch die Hand GOttes (denn alſo wird auch ſeine letzte Todes-Kranckheit genennet) geruͤhret/ und gar ſanffte hinweg genommen worden. Ein ſchneller Tod iſt nicht zu beklagen/ aber/ fuͤr einen boͤſen ſchnellen Tod behuͤt uns lieber HErre GOtt! Unſer ſel. Herr Inſpector iſt in ſeinem Tode Groß auch weil er wohl- und ſelig verſchieden. Denn da koͤnnen wir ihm auch/ wie Hieronymus der ſel. Paulæ nachruffen: Fides & o- pera tua Chriſto te ſociant! Und demnach Un bel morire, wie der Jtaliaͤner ſpricht/ tutta la uita honora; O ſo laſt uns doch ſtets ge- dencken an dieſen unſern Groſſen in Jſrael/ zumahln er ja unſer Leh- rer geweſen/ der uns das Wort GOttes geſaget hat/ laſt uns ſein Ende anſchauen und ſeinem Glauben nachfolgen! Und das iſt auch die letzte motive, warumb wir unſern ſel. Herrn Inſpectorem billig einen Groſſen Kirchen-Fuͤrſten nennen/ nehm- lich

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Zitationshilfe: Mahler, Georg Ernst: Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Christen-Menschen. Freyberg, 1675, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508321/44>, abgerufen am 25.04.2024.