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Mahler, Georg Ernst: Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Christen-Menschen. Freyberg, 1675.

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Leichen-Predigt.

Worvon ist denn dieses Liebes Seil GOttes zugerichtet und geflochten?
Eine dreyfache Schnure reißt nicht leicht entzwey/ Eccl. 4./12. hier eine dreyfache/
die in Ewigkeit nicht zerrissen wird.

Die eine ist die Liebe GOttes/ die im Texte heist rytkh [fremdsprachliches Material - 1 Zeichen fehlt]kh
[fremdsprachliches Material - 1 Zeichen fehlt]lv` eine liebende Liebe in Ewigkeit. Er liebet uns liebend/ hertzlich und in-
brünstig/ und zwar von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wie er hat geliebet die seinen/ die
in der Welt waren/ also liebet er sie biß ans Ende/ Joh. 13/1. Seine Gnade und
Warheit waltet über uns in Ewigkeit/ Ps. 117. Er ziehet uns zu sich nicht aus
Noth/ ob er unser bedürffte/ oder ohne uns nicht seyn könte/ sintemahl er ist El
Schaddai, sibi soli sufficiens,
der an sich selbsten gnug und übergnug hat/ Gen.
17/1. Sondern aus lauter Liebe. Hier ruffe/ wer da ruffen kan: Wie hat doch
GOtt die Leute so lieb! Deut. 33/3. GOtt Vater der starcke Held hat uns auff
ewig vor der Welt in seinen Sohn geliebet. Der Sohn des ewigen Vaters hat
uns geliebet/ und sich selbst dargegeben vor uns/ zur Gabe und Opffer GOtt zu
einen süssen Geruch/ Ephes. 5/2. CHristus hat uns geliebet und gewaschen mit
seinen Blut/ Apoc. 1/5. Zumahl niemand grössere Liebe hat/ denn der sein Leben
läst für seine Freunde/ Joh. 15/13. Der heilige Geist die süsse Liebe ist ausgegossen
in unsere Hertzen/ Rom. 5/5. Jst eine Schnur an dem Liebes-Seile: Die
Liebe GOttes.

Die andere ist seine Allmacht/ unter den Worte gezogen/ angemerckt.
Krafft/ welcher die Rechte des HErrn alles ändern kan/ Ps. 77/11. Seine Hand
nicht verkürtzt ist uns aus der Tioffe heraus zu holen/ Num. 11/23. Nicht zu kurtz
worden/ daß sie nicht erlösen könte/ Es. 50/2. Cap. 59/1. Er ziehet uns/ da uns alle
Welt verlohren giebt. Da niemand Hand anlegen will/ weil alle Mensch-
liche Hülffe vergebens; Wenn die Jsraeliten noch so hart von der Egypter
Hand betränget wurden/ daß es scheinet aus mit ihnen zu seyn/ ziehet er sie von
dannen in ein Land/ da die Milch und Honig floß/ Exod. 3/8. Und was allhier
GOtt der HERR gesagt: Jch habe dich gezogen/ redet er bey den Propheten
Hosea also nachdencklich aus: In funiculis Adam traham eos, in funiculis cha-
ritatis.
Jch will sie in Menschen Seilen ziehen und in Seilen der Liebe/ welches
der Chaldaeische Dolmetscher auff solche weise erkläret. Sicut moris est trahere
filios dilectos, traxi eos fortitudine charitatis,
wie es der Gebrauch ist/ daß man
liebe Kinder ziehet/ habe ich sie durch die Stärcke und Macht der Liebe zu mir ge-
zogen. Denn Magnes amoris est amor, die Liebe ist gleichsam der Liebes-Mag-
net/ der auch wohl eiserne Hertzen an sich ziehen kan.

Die dritte Schnur ist GOttes Güte und Barmhertzigkeit. rsh zeiget
eigentlich an ein solches wohl geneigtes Gemüth/ das einer gegen den andern trägt

und
B 2
Leichen-Predigt.

Worvon iſt denn dieſes Liebes Seil GOttes zugerichtet und geflochten?
Eine dreyfache Schnure reißt nicht leicht entzwey/ Eccl. 4./12. hier eine dreyfache/
die in Ewigkeit nicht zerriſſen wird.

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bruͤnſtig/ und zwar von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wie er hat geliebet die ſeinen/ die
in der Welt waren/ alſo liebet er ſie biß ans Ende/ Joh. 13/1. Seine Gnade und
Warheit waltet uͤber uns in Ewigkeit/ Pſ. 117. Er ziehet uns zu ſich nicht aus
Noth/ ob er unſer beduͤrffte/ oder ohne uns nicht ſeyn koͤnte/ ſintemahl er iſt El
Schaddai, ſibi ſoli ſufficiens,
der an ſich ſelbſten gnug und uͤbergnug hat/ Gen.
17/1. Sondern aus lauter Liebe. Hier ruffe/ wer da ruffen kan: Wie hat doch
GOtt die Leute ſo lieb! Deut. 33/3. GOtt Vater der ſtarcke Held hat uns auff
ewig vor der Welt in ſeinen Sohn geliebet. Der Sohn des ewigen Vaters hat
uns geliebet/ und ſich ſelbſt dargegeben vor uns/ zur Gabe und Opffer GOtt zu
einen ſuͤſſen Geruch/ Epheſ. 5/2. CHriſtus hat uns geliebet und gewaſchen mit
ſeinen Blut/ Apoc. 1/5. Zumahl niemand groͤſſere Liebe hat/ denn der ſein Leben
laͤſt fuͤr ſeine Freunde/ Joh. 15/13. Der heilige Geiſt die ſuͤſſe Liebe iſt ausgegoſſen
in unſere Hertzen/ Rom. 5/5. Jſt eine Schnur an dem Liebes-Seile: Die
Liebe GOttes.

Die andere iſt ſeine Allmacht/ unter den Worte gezogen/ angemerckt.
Krafft/ welcher die Rechte des HErrn alles aͤndern kan/ Pſ. 77/11. Seine Hand
nicht verkuͤrtzt iſt uns aus der Tioffe heraus zu holen/ Num. 11/23. Nicht zu kurtz
worden/ daß ſie nicht erloͤſen koͤnte/ Eſ. 50/2. Cap. 59/1. Er ziehet uns/ da uns alle
Welt verlohren giebt. Da niemand Hand anlegen will/ weil alle Menſch-
liche Huͤlffe vergebens; Wenn die Jſraeliten noch ſo hart von der Egypter
Hand betraͤnget wurden/ daß es ſcheinet aus mit ihnen zu ſeyn/ ziehet er ſie von
dannen in ein Land/ da die Milch und Honig floß/ Exod. 3/8. Und was allhier
GOtt der HERR geſagt: Jch habe dich gezogen/ redet er bey den Propheten
Hoſea alſo nachdencklich aus: In funiculis Adam traham eos, in funiculis cha-
ritatis.
Jch will ſie in Menſchen Seilen ziehen und in Seilen der Liebe/ welches
der Chaldæiſche Dolmetſcher auff ſolche weiſe erklaͤret. Sicut moris eſt trahere
filios dilectos, traxi eos fortitudine charitatis,
wie es der Gebrauch iſt/ daß man
liebe Kinder ziehet/ habe ich ſie durch die Staͤrcke und Macht der Liebe zu mir ge-
zogen. Denn Magnes amoris eſt amor, die Liebe iſt gleichſam der Liebes-Mag-
net/ der auch wohl eiſerne Hertzen an ſich ziehen kan.

Die dritte Schnur iſt GOttes Guͤte und Barmhertzigkeit. רסה zeiget
eigentlich an ein ſolches wohl geneigtes Gemuͤth/ das einer gegen den andern traͤgt

und
B 2
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Zitationshilfe: Mahler, Georg Ernst: Entwurff oder Merckbild Eines Gottergebenen Christen-Menschen. Freyberg, 1675, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/508321/11>, abgerufen am 22.11.2024.