Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].Trauer-Rede. welcher eine ungemeine Hitze nach sich zog/ als einen unfehlbaren Vorbo-then des herannahenden Todes. Nachdencklich war es auch/ was sich bey seinem Siech-Bette zugetragen. Er lag einsmahls eine geraume Zeit stille/ daß es schiene/ als wolten sich die abgematteten Kräffte etwas durch eine angenehme Ruhe erholen. Als er wieder zu sich kam/ und gefraget wur- de/ wie es um ihn stünde; Gab er zur Antwort: Er hätte seine Medita- tiones mit GOtt über die Worte gehalten/ die er zu den Patriarchen Abra- ham Gen. XVII, 1. gesaget: Wandele für mir und sey fromm. Ja frey- lich soll dieser fromme Lehrer nunmehr vor GOTTES Throne wandeln. Denn gleichwie er ihm in diesen Leben fromm und unsträfflich gedienet; so solte er nunmehro in seinem Lichte wandeln/ und vor den Thron des Lam- mes in ewiger Zufriedenheit den himmlischen Vater preisen. Und dieses wurde noch eher an ihm erfüllet/ als der seelige Herr Rector des Todes Bit- terkeit empfunden. Hatte er sich bey dem Heiligen Abendmahle seinem GOtt ergeben/ so kam er auch in die Freyheit der Kinder GOttes/ und schauete den von Angesicht bis zu Angesicht/ welchen er allhie in seinem Glau- ben fest gefasset. Doch Schade! daß ein solcher Mann so bald eingehen soll/ welcher durch seine hohe Meriten Stadt und Land glücklich gemachet. Al- leine wir können der Göttlichen Weißheit keine Gesetze vorschreiben/ als welche verborgene Sachen thut/ die wir Menschen nicht verstehen/ viel- weniger in ein unreiffes Judicium ziehen können. Es hat dieses geliebte Zittau allbereit solche von GOTT zugeschickte Trauer-Fälle verschmertzen müssen. Jch gedencke allein an dem seeligen Herrn M. Melchior Gerla- chen/ Hoch-meritirten Rectorem des hiesigen Gymnasii, als welcher in vielen Sachen unserm seel. Herrn Hoffmann gleich gewesen. Dieser ward nach Budißin in die Evangelische Schule beruffen/ als er noch nicht völlig das
Trauer-Rede. welcher eine ungemeine Hitze nach ſich zog/ als einen unfehlbaren Vorbo-then des herannahenden Todes. Nachdencklich war es auch/ was ſich bey ſeinem Siech-Bette zugetragen. Er lag einsmahls eine geraume Zeit ſtille/ daß es ſchiene/ als wolten ſich die abgematteten Kraͤffte etwas durch eine angenehme Ruhe erholen. Als er wieder zu ſich kam/ und gefraget wur- de/ wie es um ihn ſtuͤnde; Gab er zur Antwort: Er haͤtte ſeine Medita- tiones mit GOtt uͤber die Worte gehalten/ die er zu den Patriarchen Abra- ham Gen. XVII, 1. geſaget: Wandele fuͤr mir und ſey fromm. Ja frey- lich ſoll dieſer fromme Lehrer nunmehr vor GOTTES Throne wandeln. Denn gleichwie er ihm in dieſen Leben fromm und unſtraͤfflich gedienet; ſo ſolte er nunmehro in ſeinem Lichte wandeln/ und vor den Thron des Lam- mes in ewiger Zufriedenheit den himmliſchen Vater preiſen. Und dieſes wurde noch eher an ihm erfuͤllet/ als der ſeelige Herr Rector des Todes Bit- terkeit empfunden. Hatte er ſich bey dem Heiligen Abendmahle ſeinem GOtt ergeben/ ſo kam er auch in die Freyheit der Kinder GOttes/ und ſchauete den von Angeſicht bis zu Angeſicht/ welchen er allhie in ſeinem Glau- ben feſt gefaſſet. Doch Schade! daß ein ſolcher Mann ſo bald eingehen ſoll/ welcher durch ſeine hohe Meriten Stadt und Land gluͤcklich gemachet. Al- leine wir koͤnnen der Goͤttlichen Weißheit keine Geſetze vorſchreiben/ als welche verborgene Sachen thut/ die wir Menſchen nicht verſtehen/ viel- weniger in ein unreiffes Judicium ziehen koͤnnen. Es hat dieſes geliebte Zittau allbereit ſolche von GOTT zugeſchickte Trauer-Faͤlle verſchmertzen muͤſſen. Jch gedencke allein an dem ſeeligen Herrn M. Melchior Gerla- chen/ Hoch-meritirten Rectorem des hieſigen Gymnaſii, als welcher in vielen Sachen unſerm ſeel. Herrn Hoffmann gleich geweſen. Dieſer ward nach Budißin in die Evangeliſche Schule beruffen/ als er noch nicht voͤllig das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div type="fsThanks" n="1"> <p><pb facs="#f0061" n="59"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Trauer-Rede.</hi></fw><lb/> welcher eine ungemeine Hitze nach ſich zog/ als einen unfehlbaren Vorbo-<lb/> then des herannahenden Todes. Nachdencklich war es auch/ was ſich bey<lb/> ſeinem Siech-Bette zugetragen. Er lag einsmahls eine geraume Zeit ſtille/<lb/> daß es ſchiene/ als wolten ſich die abgematteten Kraͤffte etwas durch eine<lb/> angenehme Ruhe erholen. Als er wieder zu ſich kam/ und gefraget wur-<lb/> de/ wie es um ihn ſtuͤnde; Gab er zur Antwort: Er haͤtte ſeine <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Medita-<lb/> tiones</hi></hi> mit GOtt uͤber die Worte gehalten/ die er zu den Patriarchen Abra-<lb/> ham <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gen. XVII,</hi></hi> 1. geſaget: Wandele fuͤr mir und ſey fromm. Ja frey-<lb/> lich ſoll dieſer fromme Lehrer nunmehr vor GOTTES Throne wandeln.<lb/> Denn gleichwie er ihm in dieſen Leben fromm und unſtraͤfflich gedienet; ſo<lb/> ſolte er nunmehro in ſeinem Lichte wandeln/ und vor den Thron des Lam-<lb/> mes in ewiger Zufriedenheit den himmliſchen Vater preiſen. Und dieſes<lb/> wurde noch eher an ihm erfuͤllet/ als der ſeelige Herr <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rector</hi></hi> des Todes Bit-<lb/> terkeit empfunden. Hatte er ſich bey dem Heiligen Abendmahle ſeinem<lb/> GOtt ergeben/ ſo kam er auch in die Freyheit der Kinder GOttes/ und<lb/> ſchauete den von Angeſicht bis zu Angeſicht/ welchen er allhie in ſeinem Glau-<lb/> ben feſt gefaſſet. Doch Schade<hi rendition="#i">!</hi> daß ein ſolcher Mann ſo bald eingehen ſoll/<lb/> welcher durch ſeine hohe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Merit</hi></hi>en Stadt und Land gluͤcklich gemachet. Al-<lb/> leine wir koͤnnen der Goͤttlichen Weißheit keine Geſetze vorſchreiben/ als<lb/> welche verborgene Sachen thut/ die wir Menſchen nicht verſtehen/ viel-<lb/> weniger in ein unreiffes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Judicium</hi></hi> ziehen koͤnnen. Es hat dieſes geliebte<lb/> Zittau allbereit ſolche von GOTT zugeſchickte Trauer-Faͤlle verſchmertzen<lb/> muͤſſen. Jch gedencke allein an dem ſeeligen Herrn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">M.</hi></hi> Melchior Gerla-<lb/> chen/ Hoch-<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">meritir</hi></hi>ten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rectorem</hi></hi> des hieſigen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gymnaſii,</hi></hi> als welcher in<lb/> vielen Sachen unſerm ſeel. Herrn Hoffmann gleich geweſen. Dieſer ward<lb/> nach Budißin in die Evangeliſche Schule beruffen/ als er noch nicht voͤllig<lb/> <fw type="catch" place="bottom">das</fw><lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [59/0061]
Trauer-Rede.
welcher eine ungemeine Hitze nach ſich zog/ als einen unfehlbaren Vorbo-
then des herannahenden Todes. Nachdencklich war es auch/ was ſich bey
ſeinem Siech-Bette zugetragen. Er lag einsmahls eine geraume Zeit ſtille/
daß es ſchiene/ als wolten ſich die abgematteten Kraͤffte etwas durch eine
angenehme Ruhe erholen. Als er wieder zu ſich kam/ und gefraget wur-
de/ wie es um ihn ſtuͤnde; Gab er zur Antwort: Er haͤtte ſeine Medita-
tiones mit GOtt uͤber die Worte gehalten/ die er zu den Patriarchen Abra-
ham Gen. XVII, 1. geſaget: Wandele fuͤr mir und ſey fromm. Ja frey-
lich ſoll dieſer fromme Lehrer nunmehr vor GOTTES Throne wandeln.
Denn gleichwie er ihm in dieſen Leben fromm und unſtraͤfflich gedienet; ſo
ſolte er nunmehro in ſeinem Lichte wandeln/ und vor den Thron des Lam-
mes in ewiger Zufriedenheit den himmliſchen Vater preiſen. Und dieſes
wurde noch eher an ihm erfuͤllet/ als der ſeelige Herr Rector des Todes Bit-
terkeit empfunden. Hatte er ſich bey dem Heiligen Abendmahle ſeinem
GOtt ergeben/ ſo kam er auch in die Freyheit der Kinder GOttes/ und
ſchauete den von Angeſicht bis zu Angeſicht/ welchen er allhie in ſeinem Glau-
ben feſt gefaſſet. Doch Schade! daß ein ſolcher Mann ſo bald eingehen ſoll/
welcher durch ſeine hohe Meriten Stadt und Land gluͤcklich gemachet. Al-
leine wir koͤnnen der Goͤttlichen Weißheit keine Geſetze vorſchreiben/ als
welche verborgene Sachen thut/ die wir Menſchen nicht verſtehen/ viel-
weniger in ein unreiffes Judicium ziehen koͤnnen. Es hat dieſes geliebte
Zittau allbereit ſolche von GOTT zugeſchickte Trauer-Faͤlle verſchmertzen
muͤſſen. Jch gedencke allein an dem ſeeligen Herrn M. Melchior Gerla-
chen/ Hoch-meritirten Rectorem des hieſigen Gymnaſii, als welcher in
vielen Sachen unſerm ſeel. Herrn Hoffmann gleich geweſen. Dieſer ward
nach Budißin in die Evangeliſche Schule beruffen/ als er noch nicht voͤllig
das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/360149 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/360149/61 |
Zitationshilfe: | Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712]. , S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360149/61>, abgerufen am 16.02.2025. |