Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693.Abdanckungs-Rede. schlägt viel Bücher auf/ und der Tod machet sie ihm zu.Der Andere wil als ein hurtig Pferd in die Frembde ge- hen/ und der Tod spannet ihn selbst auß/ und nimbt ihn mit in ein Land/ da er noch nicht hin wolte. Der will in der Kirchen GOtt dienen/ und muß auf den Kirchhoff. Der andere will dehnen Menschen/ die Richtschnur der Ge- setze weisen/ und der Tod schneidet ihm den Lebens-Faden ab. Der will durch kräfftige Artzneyen den Tod verja- gen/ und lauffet ihm selber ins Garn. Jenes regiersüchti- gem Geiste und Heldenmuthe/ wil die gantze Welt zu enge werden/ und ehe er sichs versieht/ so ist ein enger Raum der Erden groß genug vor ihn. Nicht allein aber trifft solches nur das Männliche Jn Erwegung dieser Dinge mögen wir wohl sagen: Lasset uns doch auch die jenigen auffführen/ welche Media
Abdanckungs-Rede. ſchlaͤgt viel Buͤcher auf/ und der Tod machet ſie ihm zu.Der Andere wil als ein hurtig Pferd in die Frembde ge- hen/ und der Tod ſpannet ihn ſelbſt auß/ und nimbt ihn mit in ein Land/ da er noch nicht hin wolte. Der will in der Kirchen GOtt dienen/ und muß auf den Kirchhoff. Der andere will dehnen Menſchen/ die Richtſchnur der Ge- ſetze weiſen/ und der Tod ſchneidet ihm den Lebens-Faden ab. Der will durch kraͤfftige Artzneyen den Tod verja- gen/ und lauffet ihm ſelber ins Garn. Jenes regierſuͤchti- gem Geiſte und Heldenmuthe/ wil die gantze Welt zu enge werden/ und ehe er ſichs verſieht/ ſo iſt ein enger Raum der Erden groß genug vor ihn. Nicht allein aber trifft ſolches nur das Maͤnnliche Jn Erwegung dieſer Dinge moͤgen wir wohl ſagen: Laſſet uns doch auch die jenigen aufffuͤhren/ welche Media
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Abdanckungs-Rede.
ſchlaͤgt viel Buͤcher auf/ und der Tod machet ſie ihm zu.
Der Andere wil als ein hurtig Pferd in die Frembde ge-
hen/ und der Tod ſpannet ihn ſelbſt auß/ und nimbt ihn
mit in ein Land/ da er noch nicht hin wolte. Der will in
der Kirchen GOtt dienen/ und muß auf den Kirchhoff.
Der andere will dehnen Menſchen/ die Richtſchnur der Ge-
ſetze weiſen/ und der Tod ſchneidet ihm den Lebens-Faden
ab. Der will durch kraͤfftige Artzneyen den Tod verja-
gen/ und lauffet ihm ſelber ins Garn. Jenes regierſuͤchti-
gem Geiſte und Heldenmuthe/ wil die gantze Welt zu enge
werden/ und ehe er ſichs verſieht/ ſo iſt ein enger Raum
der Erden groß genug vor ihn.
Nicht allein aber trifft ſolches nur das Maͤnnliche
Geſchlecht/ ſondern auch das Weibliche; Wenn ſie in ihrer
ſchoͤnen Jugend/ an ſtatt des Braut-Bettes in den Sarg
ſich legen/ ſtatt des Hochzeit Kleides einen Sterbekittel
anziehen/ ſtatt eines ſchoͤnen Hauſes ihre Heimfuͤhrung
ins Grab und Himmel halten.
Jn Erwegung dieſer Dinge moͤgen wir wohl ſagen:
Unſere Tage ſind einer Hand breit; Ach wie gar nichts
ſind alle Menſchen! E thalamo in tumulum! Da man
Roſen ſtreuen wolte/ muß man traurige Cypreſſen holen.
Laſſet uns doch auch die jenigen aufffuͤhren/ welche
in den allerbeſten Jahren ihres vergaͤnglichen Lebens wan-
deln/ von ihnen zu vernehmen/ ob bey ihnen ein Vorzug
fuͤr allen andern zu finden/ daß ſie ſtets leben in ihrem Le-
ben/ keines wegs aber nicht den Tod im Leben verſpuͤhre-
ten. Jſt mir aber recht/ ſo hoͤre ich ein gantzes Chor ſol-
cher Leute/ die da einſtimmig nachfolgendes Klage-Lied an-
ſtimmen:
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