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Henel, Christoph: Die itzt abfallende und wandernde Blätter Als Ein Bilde des Lebens und Außganges. Schlichtingsheim, [1692].

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Die itzt abfallende
Jhre vornehme Familien mögen gleiche seyn den geheiligten
Bäumen und Wäldern der Götter/ wie die Poeten davon
fabuliren/ worinnen keine Axt keinen Schlag thun dorffte.
(Ovid. Metam. l. 8. fab. 11.) Und also nun auch bey Jhnen kein
Todes-Fall und Knall zu hören sey/ vielmehr aber Leben und
Seegen/ Wonne und Freude bey Jhnen beständig gespüh-
ret und gefunden werde. Oder so es ja je zum Wandern mit
Jhnen und denen Hochwerthesten Jhrigen kommen solte;
So ist Jhr/ der gantzen Hoch-Adel. Freundschafft/ treu-
ergebener Wuntsch/ daß es von einer Glückseeligkeit und
Freude in- und zu der andern geschehen müsse/ und Sie Al-
lerseits durch stete liebliche Rosen-und Violen-Blüte Jhre
Lebens-Tage hindurch wandeln und also den völligen Ab-
trag ihrer Promessen mehr unter frölichen Myrrten und in
allem florissanten und erfreulichen Zustande/ als unter so
traurigen Cypressen heben und einziehen mögen/ und end-
lich aller ihre Wall- und Wanderschafft in den Himmel seiner
Zeit eingehen/ und sich da seeliglich enden und schliessen möge.

Nun ich trätte und gienge von diesem Trauer-Pla-
tze itzo ab/ wenn mir nicht noch eines letzlich einfiele/ was ich
bald bey den wandernden Blättern vergessen hätte/ was
doch das Vornemste wäre. Es ist bekandter als bekandt/
daß wenn anitzo die Blätter zu der Zeit von denen Bäumen
fallen und wandern; Sie unter allem Fallen und Wandern
nach dem Baume/ der Sie gehalten und getragen/ noch
gleichsamb liebreich blicken und sehen/ gegen demselben an-
nemlich spielen[/ ]sich neigen und beugen; Gleich ob wolten sie
mit solcher Danckspielenden Mine, mit ihrem Blinckern und
Wincken/ Jhn gleichsam gesegneten und von Jhm Valet und

Abschied

Die itzt abfallende
Jhre vornehme Familien moͤgen gleiche ſeyn den geheiligten
Baͤumen und Waͤldern der Goͤtter/ wie die Poëten davon
fabuliren/ worinnen keine Axt keinen Schlag thun dorffte.
(Ovid. Metam. l. 8. fab. 11.) Und alſo nun auch bey Jhnen kein
Todes-Fall und Knall zu hoͤren ſey/ vielmehr abeꝛ Leben und
Seegen/ Wonne und Freude bey Jhnen beſtaͤndig geſpuͤh-
ret und gefunden werde. Oder ſo es ja je zum Wandern mit
Jhnen und denen Hochwertheſten Jhrigen kom̃en ſolte;
So iſt Jhr/ der gantzen Hoch-Adel. Freundſchafft/ treu-
ergebener Wuntſch/ daß es von einer Gluͤckſeeligkeit und
Freude in- und zu der andern geſchehen muͤſſe/ und Sie Al-
lerſeits durch ſtete liebliche Roſen-und Violen-Bluͤte Jhre
Lebens-Tage hindurch wandeln und alſo den voͤlligen Ab-
trag ihrer Promeſſen mehr unter froͤlichen Myrꝛten und in
allem floriſſanten und erfreulichen Zuſtande/ als unter ſo
traurigen Cypreſſen heben und einziehen moͤgen/ und end-
lich aller ihre Wall- und Wanderſchafft in den Him̃el ſeiner
Zeit eingehen/ und ſich da ſeeliglich enden uñ ſchlieſſen moͤge.

Nun ich traͤtte und gienge von dieſem Trauer-Pla-
tze itzo ab/ wenn mir nicht noch eines letzlich einfiele/ was ich
bald bey den wandernden Blaͤttern vergeſſen haͤtte/ was
doch das Vornemſte waͤre. Es iſt bekandter als bekandt/
daß wenn anitzo die Blaͤtter zu der Zeit von denen Baͤumen
fallen und wandern; Sie unter allem Fallen und Wandeꝛn
nach dem Baume/ der Sie gehalten und getragen/ noch
gleichſamb liebreich blicken und ſehen/ gegen demſelben an-
nemlich ſpielen[/ ]ſich neigen und beugen; Gleich ob wolten ſie
mit ſolcher Danckſpielenden Mine, mit ihrem Blinckern und
Wincken/ Jhn gleichſam geſegneten und von Jhm Valet und

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[52/0052] Die itzt abfallende Jhre vornehme Familien moͤgen gleiche ſeyn den geheiligten Baͤumen und Waͤldern der Goͤtter/ wie die Poëten davon fabuliren/ worinnen keine Axt keinen Schlag thun dorffte. (Ovid. Metam. l. 8. fab. 11.) Und alſo nun auch bey Jhnen kein Todes-Fall und Knall zu hoͤren ſey/ vielmehr abeꝛ Leben und Seegen/ Wonne und Freude bey Jhnen beſtaͤndig geſpuͤh- ret und gefunden werde. Oder ſo es ja je zum Wandern mit Jhnen und denen Hochwertheſten Jhrigen kom̃en ſolte; So iſt Jhr/ der gantzen Hoch-Adel. Freundſchafft/ treu- ergebener Wuntſch/ daß es von einer Gluͤckſeeligkeit und Freude in- und zu der andern geſchehen muͤſſe/ und Sie Al- lerſeits durch ſtete liebliche Roſen-und Violen-Bluͤte Jhre Lebens-Tage hindurch wandeln und alſo den voͤlligen Ab- trag ihrer Promeſſen mehr unter froͤlichen Myrꝛten und in allem floriſſanten und erfreulichen Zuſtande/ als unter ſo traurigen Cypreſſen heben und einziehen moͤgen/ und end- lich aller ihre Wall- und Wanderſchafft in den Him̃el ſeiner Zeit eingehen/ und ſich da ſeeliglich enden uñ ſchlieſſen moͤge. Nun ich traͤtte und gienge von dieſem Trauer-Pla- tze itzo ab/ wenn mir nicht noch eines letzlich einfiele/ was ich bald bey den wandernden Blaͤttern vergeſſen haͤtte/ was doch das Vornemſte waͤre. Es iſt bekandter als bekandt/ daß wenn anitzo die Blaͤtter zu der Zeit von denen Baͤumen fallen und wandern; Sie unter allem Fallen und Wandeꝛn nach dem Baume/ der Sie gehalten und getragen/ noch gleichſamb liebreich blicken und ſehen/ gegen demſelben an- nemlich ſpielen/ ſich neigen und beugen; Gleich ob wolten ſie mit ſolcher Danckſpielenden Mine, mit ihrem Blinckern und Wincken/ Jhn gleichſam geſegneten und von Jhm Valet und Abſchied

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Zitationshilfe: Henel, Christoph: Die itzt abfallende und wandernde Blätter Als Ein Bilde des Lebens und Außganges. Schlichtingsheim, [1692], S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/359521/52>, abgerufen am 28.04.2024.