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Böttner, Gottfried: Eine in Gott ruhende/ und also gantz ruhige Elisabeth. Zittau, 1686.

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Andanckungs-Rede.
ten. Treue Freunde spareten des Wassers aus dem Her-
tzen nicht und in jedem Winckel wüschte sich jemand die
Augen/ der wegen empfangener Gnade und Wohlthat der
Hochseeligen Jungfer verpflichtet war. Die Treugesinn-
ten Unterthanen verspareten die meisten Thränen biß aufs
Beysetzen/ und wie die nach der Barmhertzigkeit dursti-
gen/ so sich offte aus dieser milden Qvelle vergnügt und
reichlich gelabet/ gewinselt/ habe ich noch nicht erfahren.
Andere die bloß über die verlohrne Tugend stutzig und mit-
leidig worden/ sagten: Jch weiß nicht/ warum ich nicht
wieder zu meinen Gedancken kommen könne. Und wenn
ich alle bey diesem seeligen Abschiede vergossene Thränen
in ein Gefäß zusammen sammlen solte/ wie der grosse
GOtt mit den Thränen der Jüden nach der Rabbinen
meinung bey dem Buxtorffio thun soll/ und die alten bey
jhren Begräbnüssen gethan haben/ wie solches aus dem
Homero Euripide und Apollonio zu schliessen/ auch die-
selben addiren wolte/ so würde mit grunde der Wahrheit
das Facit gemachet werden: Copiosissimis lachrimis
composita est,
wenn die halbwarmen Thränen das be-
bestandene Geblütte in denen Verstorbenen erwärmen kön-
ten/ so würde man Unsere Holgseelig Todte vor diesesmal
nicht begraben dörffen. Denn das Hoch-Adeliche Hauß
von Friedersdorff/ die bitter süsse Wohnung meiner Ge-
genwertigen Glückseligkeit/ biß dahero zuvergleichen gewe-
sen dem Gebürge/ auf welchem Rahel jhre Kinder/ meine
Genädige Frau die Hertzinniglich geliebteste Jungfr. Schwe-
ster/ mein Genädiger Herr/ die verträgliche Jungfr. Schwä-
gerin/ mein anvertrauter Hoch-Adelicher Lehr Schüler/ die
Blüthe gutter und gewiesser Hoffnung/ benebenst Seiner

Hoch-

Andanckungs-Rede.
ten. Treue Freunde ſpareten des Waſſers aus dem Her-
tzen nicht und in jedem Winckel wuͤſchte ſich jemand die
Augen/ der wegen empfangener Gnade und Wohlthat der
Hochſeeligen Jungfer verpflichtet war. Die Treugeſinn-
ten Unterthanen verſpareten die meiſten Thraͤnen biß aufs
Beyſetzen/ und wie die nach der Barmhertzigkeit durſti-
gen/ ſo ſich offte aus dieſer milden Qvelle vergnuͤgt und
reichlich gelabet/ gewinſelt/ habe ich noch nicht erfahren.
Andere die bloß uͤber die verlohrne Tugend ſtutzig und mit-
leidig worden/ ſagten: Jch weiß nicht/ warum ich nicht
wieder zu meinen Gedancken kommen koͤnne. Und wenn
ich alle bey dieſem ſeeligen Abſchiede vergoſſene Thraͤnen
in ein Gefaͤß zuſammen ſammlen ſolte/ wie der groſſe
GOtt mit den Thraͤnen der Juͤden nach der Rabbinen
meinung bey dem Buxtorffio thun ſoll/ und die alten bey
jhren Begraͤbnuͤſſen gethan haben/ wie ſolches aus dem
Homero Euripide und Apollonio zu ſchlieſſen/ auch die-
ſelben addiren wolte/ ſo wuͤrde mit grunde der Wahrheit
das Facit gemachet werden: Copioſiſſimis lachrimis
compoſita eſt,
wenn die halbwarmen Thraͤnen das be-
beſtandene Gebluͤtte in denen Verſtorbenen erwaͤrmen koͤn-
ten/ ſo wuͤrde man Unſere Holgſeelig Todte vor dieſesmal
nicht begraben doͤrffen. Denn das Hoch-Adeliche Hauß
von Friedersdorff/ die bitter ſuͤſſe Wohnung meiner Ge-
genwertigen Gluͤckſeligkeit/ biß dahero zuvergleichen gewe-
ſen dem Gebuͤrge/ auf welchem Rahel jhre Kinder/ meine
Genaͤdige Frau die Hertzinniglich geliebteſte Jungfr. Schwe-
ſter/ mein Genaͤdiger Herr/ die vertraͤgliche Jungfr. Schwaͤ-
gerin/ mein anvertrauter Hoch-Adelicher Lehr Schuͤler/ die
Bluͤthe gutter und gewieſſer Hoffnung/ benebenſt Seiner

Hoch-
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[92[100]/0100] Andanckungs-Rede. ten. Treue Freunde ſpareten des Waſſers aus dem Her- tzen nicht und in jedem Winckel wuͤſchte ſich jemand die Augen/ der wegen empfangener Gnade und Wohlthat der Hochſeeligen Jungfer verpflichtet war. Die Treugeſinn- ten Unterthanen verſpareten die meiſten Thraͤnen biß aufs Beyſetzen/ und wie die nach der Barmhertzigkeit durſti- gen/ ſo ſich offte aus dieſer milden Qvelle vergnuͤgt und reichlich gelabet/ gewinſelt/ habe ich noch nicht erfahren. Andere die bloß uͤber die verlohrne Tugend ſtutzig und mit- leidig worden/ ſagten: Jch weiß nicht/ warum ich nicht wieder zu meinen Gedancken kommen koͤnne. Und wenn ich alle bey dieſem ſeeligen Abſchiede vergoſſene Thraͤnen in ein Gefaͤß zuſammen ſammlen ſolte/ wie der groſſe GOtt mit den Thraͤnen der Juͤden nach der Rabbinen meinung bey dem Buxtorffio thun ſoll/ und die alten bey jhren Begraͤbnuͤſſen gethan haben/ wie ſolches aus dem Homero Euripide und Apollonio zu ſchlieſſen/ auch die- ſelben addiren wolte/ ſo wuͤrde mit grunde der Wahrheit das Facit gemachet werden: Copioſiſſimis lachrimis compoſita eſt, wenn die halbwarmen Thraͤnen das be- beſtandene Gebluͤtte in denen Verſtorbenen erwaͤrmen koͤn- ten/ ſo wuͤrde man Unſere Holgſeelig Todte vor dieſesmal nicht begraben doͤrffen. Denn das Hoch-Adeliche Hauß von Friedersdorff/ die bitter ſuͤſſe Wohnung meiner Ge- genwertigen Gluͤckſeligkeit/ biß dahero zuvergleichen gewe- ſen dem Gebuͤrge/ auf welchem Rahel jhre Kinder/ meine Genaͤdige Frau die Hertzinniglich geliebteſte Jungfr. Schwe- ſter/ mein Genaͤdiger Herr/ die vertraͤgliche Jungfr. Schwaͤ- gerin/ mein anvertrauter Hoch-Adelicher Lehr Schuͤler/ die Bluͤthe gutter und gewieſſer Hoffnung/ benebenſt Seiner Hoch-

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Zitationshilfe: Böttner, Gottfried: Eine in Gott ruhende/ und also gantz ruhige Elisabeth. Zittau, 1686, S. 92[100]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/358833/100>, abgerufen am 27.11.2024.