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Böttner, Kaspar Damian: Spititualis nobilitatis insigna. Zittau, 1673.

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Christliche
Gal. 2, 20.der Epistel an die Galater c. 2. Der Sohn GOttes hat Mich
geliebet und sich für Mich dargegeben.

So führet demnach dieses duppelte Hertz ein Geiftlicher
Rittersmann in selnem Geistlichen Schilde/ daß Er sich ver-
läst und traut auf GOttes Barmhertzigkeit.

Es thut zwar Weltlichen Ritters Leuten weh/ wenn sie
eines andern Gnade leben und jemanden umb Barmhertzigkeit
anflehen sollen: Es ist jhnen am liebsten/ wenn sie jhnen selbst
helffen können. Aber Geistlichen Ritters Leuten thuts wol/
und sie finden sonst keine Vergnügung/ als wenn sie der Gna-
de und Barmhertzigkeit GOttes versichert sind.

S. Paulus hatte keine rechte Ergetzung/ da er noch in sei-
nen grossen Sünden stackte/ da er/ wie es Chrysostomus ausge-
leget hat: Justitiam ex Lege praeferebat Justitiae ex gra-
tia datae,
die Gerechtigkeit aus dem Gesetz der Gerechtigkeit
aus Gnaden gegeben vorzog/ dessentwegen er sich selbst den
grösten Sünder nennete: Aber da er barmhertzigkeit erlanget
Phil. 3.hatte/ freuete er sich derselben über alle masse/ daß er alle seine
Werck/ nach dem Gesetz gethan/ für Koth achtete Phil. 3. So
kan die Barmhertzigkeit GOttes und die Gerechtigkeit des
Glaubens die rechte erquickung geben.

Und dieses Hertz hat auch unser Seeliger Lehns-Herr
in seinem Geistlichen Wapen geführet. Er hat mit gläubi-
gem Hertzen GOttes Barmhertzige Vater Hertz ergriffen/
und sich fest dran gehalten: Mir ist Barmhertzigkeit wieder-
fahren. Er wüste/ ja gab sich gerne/ auch wol mit Thränen
schuldig/ daß er als ein gebrechlicher Mensch und schwaches Ge-
fässe der Barmhertzigkeit GOttes von nöthen hatte/ wit er
sich denn mitte unter die vornehmsten Sünder rechnete. Er
wuste wol/ daß er auf kein Werck vor seinem GOTT zu

trotzen

Chriſtliche
Gal. 2, 20.der Epiſtel an die Galater c. 2. Der Sohn GOttes hat Mich
geliebet und ſich fuͤr Mich dargegeben.

So fuͤhret demnach dieſes duppelte Hertz ein Geiftlicher
Rittersmann in ſelnem Geiſtlichen Schilde/ daß Er ſich ver-
laͤſt und traut auf GOttes Barmhertzigkeit.

Es thut zwar Weltlichen Ritters Leuten weh/ wenn ſie
eines andern Gnade leben und jemanden umb Barmhertzigkeit
anflehen ſollen: Es iſt jhnen am liebſten/ wenn ſie jhnen ſelbſt
helffen koͤnnen. Aber Geiſtlichen Ritters Leuten thuts wol/
und ſie finden ſonſt keine Vergnuͤgung/ als wenn ſie der Gna-
de und Barmhertzigkeit GOttes verſichert ſind.

S. Paulus hatte keine rechte Ergetzung/ da er noch in ſei-
nen groſſen Suͤnden ſtackte/ da er/ wie es Chryſoſtomus ausge-
leget hat: Juſtitiam ex Lege præferebat Juſtitiæ ex gra-
tia datæ,
die Gerechtigkeit aus dem Geſetz der Gerechtigkeit
aus Gnaden gegeben vorzog/ deſſentwegen er ſich ſelbſt den
groͤſten Suͤnder nennete: Aber da er barmhertzigkeit erlanget
Phil. 3.hatte/ freuete er ſich derſelben uͤber alle maſſe/ daß er alle ſeine
Werck/ nach dem Geſetz gethan/ fuͤr Koth achtete Phil. 3. So
kan die Barmhertzigkeit GOttes und die Gerechtigkeit des
Glaubens die rechte erquickung geben.

Und dieſes Hertz hat auch unſer Seeliger Lehns-Herr
in ſeinem Geiſtlichen Wapen gefuͤhret. Er hat mit glaͤubi-
gem Hertzen GOttes Barmhertzige Vater Hertz ergriffen/
und ſich feſt dran gehalten: Mir iſt Barmhertzigkeit wieder-
fahren. Er wuͤſte/ ja gab ſich gerne/ auch wol mit Thraͤnen
ſchuldig/ daß er als ein gebrechlicher Menſch und ſchwaches Ge-
faͤſſe der Barmhertzigkeit GOttes von noͤthen hatte/ wit er
ſich denn mitte unter die vornehmſten Suͤnder rechnete. Er
wuſte wol/ daß er auf kein Werck vor ſeinem GOTT zu

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[54/0026] Chriſtliche der Epiſtel an die Galater c. 2. Der Sohn GOttes hat Mich geliebet und ſich fuͤr Mich dargegeben. Gal. 2, 20. So fuͤhret demnach dieſes duppelte Hertz ein Geiftlicher Rittersmann in ſelnem Geiſtlichen Schilde/ daß Er ſich ver- laͤſt und traut auf GOttes Barmhertzigkeit. Es thut zwar Weltlichen Ritters Leuten weh/ wenn ſie eines andern Gnade leben und jemanden umb Barmhertzigkeit anflehen ſollen: Es iſt jhnen am liebſten/ wenn ſie jhnen ſelbſt helffen koͤnnen. Aber Geiſtlichen Ritters Leuten thuts wol/ und ſie finden ſonſt keine Vergnuͤgung/ als wenn ſie der Gna- de und Barmhertzigkeit GOttes verſichert ſind. S. Paulus hatte keine rechte Ergetzung/ da er noch in ſei- nen groſſen Suͤnden ſtackte/ da er/ wie es Chryſoſtomus ausge- leget hat: Juſtitiam ex Lege præferebat Juſtitiæ ex gra- tia datæ, die Gerechtigkeit aus dem Geſetz der Gerechtigkeit aus Gnaden gegeben vorzog/ deſſentwegen er ſich ſelbſt den groͤſten Suͤnder nennete: Aber da er barmhertzigkeit erlanget hatte/ freuete er ſich derſelben uͤber alle maſſe/ daß er alle ſeine Werck/ nach dem Geſetz gethan/ fuͤr Koth achtete Phil. 3. So kan die Barmhertzigkeit GOttes und die Gerechtigkeit des Glaubens die rechte erquickung geben. Phil. 3. Und dieſes Hertz hat auch unſer Seeliger Lehns-Herr in ſeinem Geiſtlichen Wapen gefuͤhret. Er hat mit glaͤubi- gem Hertzen GOttes Barmhertzige Vater Hertz ergriffen/ und ſich feſt dran gehalten: Mir iſt Barmhertzigkeit wieder- fahren. Er wuͤſte/ ja gab ſich gerne/ auch wol mit Thraͤnen ſchuldig/ daß er als ein gebrechlicher Menſch und ſchwaches Ge- faͤſſe der Barmhertzigkeit GOttes von noͤthen hatte/ wit er ſich denn mitte unter die vornehmſten Suͤnder rechnete. Er wuſte wol/ daß er auf kein Werck vor ſeinem GOTT zu trotzen

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Zitationshilfe: Böttner, Kaspar Damian: Spititualis nobilitatis insigna. Zittau, 1673, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354492a/26>, abgerufen am 26.04.2024.