Rußland, wo er im vorigen Winter eine Reise that, fror ihm einmal, bei einer außerordent- lichen Kälte, sein Schatten dergestalt am Boden fest, daß er ihn nicht wieder los bekommen konnte."
"Der falsche Schlagschatten, den ich ihm malen könnte," erwiederte der Professor, "würde doch nur ein solcher sein, den er bei der leise- sten Bewegung wieder verlieren müßte, -- zumal wer an dem eignen angebornen Schatten so we- nig fest hing, als aus Ihrer Erzählung selbst sich abnehmen läßt; wer keinen Schatten hat, gehe nicht in die Sonne, das ist das Vernünftigste und Sicherste." Er stand auf und entfernte sich, indem er auf mich einen durchbohrenden Blick warf, den der meine nicht ertragen konnte. Ich sank in meinen Sessel zurück, und verhüllte mein Gesicht in meine Hände.
So fand mich noch Bendel, als er herein trat. Er sah den Schmerz seines Herrn, und wollte sich still, ehrerbietig zurückziehen. -- Ich blickte auf -- ich erlag unter der Last meines Kummers, ich mußte ihn mittheilen. "Ben-
Rußland, wo er im vorigen Winter eine Reiſe that, fror ihm einmal, bei einer außerordent- lichen Kälte, ſein Schatten dergeſtalt am Boden feſt, daß er ihn nicht wieder los bekommen konnte.»
«Der falſche Schlagſchatten, den ich ihm malen könnte,» erwiederte der Profeſſor, «würde doch nur ein ſolcher ſein, den er bei der leiſe- ſten Bewegung wieder verlieren müßte, — zumal wer an dem eignen angebornen Schatten ſo we- nig feſt hing, als aus Ihrer Erzählung ſelbſt ſich abnehmen läßt; wer keinen Schatten hat, gehe nicht in die Sonne, das iſt das Vernünftigſte und Sicherſte.» Er ſtand auf und entfernte ſich, indem er auf mich einen durchbohrenden Blick warf, den der meine nicht ertragen konnte. Ich ſank in meinen Seſſel zurück, und verhüllte mein Geſicht in meine Hände.
So fand mich noch Bendel, als er herein trat. Er ſah den Schmerz ſeines Herrn, und wollte ſich ſtill, ehrerbietig zurückziehen. — Ich blickte auf — ich erlag unter der Laſt meines Kummers, ich mußte ihn mittheilen. «Ben-
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Rußland, wo er im vorigen Winter eine Reiſe
that, fror ihm einmal, bei einer außerordent-
lichen Kälte, ſein Schatten dergeſtalt am Boden
feſt, daß er ihn nicht wieder los bekommen
konnte.»
«Der falſche Schlagſchatten, den ich ihm
malen könnte,» erwiederte der Profeſſor, «würde
doch nur ein ſolcher ſein, den er bei der leiſe-
ſten Bewegung wieder verlieren müßte, — zumal
wer an dem eignen angebornen Schatten ſo we-
nig feſt hing, als aus Ihrer Erzählung ſelbſt ſich
abnehmen läßt; wer keinen Schatten hat, gehe
nicht in die Sonne, das iſt das Vernünftigſte
und Sicherſte.» Er ſtand auf und entfernte ſich,
indem er auf mich einen durchbohrenden Blick
warf, den der meine nicht ertragen konnte. Ich
ſank in meinen Seſſel zurück, und verhüllte mein
Geſicht in meine Hände.
So fand mich noch Bendel, als er herein
trat. Er ſah den Schmerz ſeines Herrn, und
wollte ſich ſtill, ehrerbietig zurückziehen. — Ich
blickte auf — ich erlag unter der Laſt meines
Kummers, ich mußte ihn mittheilen. «Ben-
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/54>, abgerufen am 27.07.2024.
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